Karl Leisner und seine Sehnsucht (4)

 

Heiliger Geist

Veni, Sancte Spiritus! – Geistesfreude, Heiliger Geist Gottes weht in uns, es bricht auf aus totem Schlaf zu morgenfrischem Le­ben! (20.5.1934)

Quelle des Fotos: Wikimedia Commons / Urheber: Dnalor 01 / CC BY-SA 3.0 at (abgerufen 17.01.2018)

 

 

Dülmen-Visbeck, Montag, 21. Mai 1934, Pfingstmontag
Tag der Pfingstfahrt:
[…]
Dort stellen wir unsere Räder in die Büsche und stellen dann fest, daß das Pontifikalassistenz-Hochamt erst um 10.00 Uhr beginnt. Also schwärmen wir etwas in der Gegend herum und kaufen uns an der Pforte Karten und dergl. schöne Sachen. – Schon um 9.40 Uhr setzen wir uns in die vorder­sten Bänke, um gleich alles fein sehen und miterleben zu können. – Die Glocken rufen jubelnd ins Land zum hohen Amt. Es schlägt 10.00 Uhr. – In rauschen­dem, brausendem Jubelton bricht die Orgel los, Pfingststurm ergreift uns. – In kostbaren Gewändern schrei­ten die Lektoren und der Prie­ster mit Leviten zum mit roten Pfingstrosen ge­schmück­ten Altar. Etwas später zieht der Abt [Raphael Molitor] mit der Schar der Mönche, der Brüder und Patres, in feierli­chem Zuge auf. Der ganze Chor ist erfüllt von farbenprächtigen Trachten.[1] – Die heilige Messe beginnt. Die vier Lek­toren oder Vorsänger stimmen ju­belnd und klar das Eingangslied an:
„Ci­bavit eos ex adipe frumenti, alleluja, et de petra melle saturavit eos, alle­luja, alleluja. – Exsultate Deo, adjutori no­stro: jubilate Deo Jacob. – Gloria Patri.
[Mit dem Mark des Weizens speist er sie, alleluja, sättigt sie mit Honig aus dem Felsen, alleluja, alleluja. Gott, unsrem Helfer, jauchzet zu, dem Gotte Jakobs jubelt. Ehre sei dem Vater.[2]]
Der ganze Chor [stimmt] jubelnd ein. – Dann folgen die feinen, tiefen Ge­sänge voll verhal­tener und heiliger Oster­freude der I. Messe „Lux et origo“[3]. – Die Zeremo­nien sind besonders fei­erlich beim Evangelium, nach­­­dem die sehn­suchtsstarke Pfingstsequenz gerade verklungen war.

[1] vermutlich die Gewänder der verschiedenen liturgischen Dienste
[2] Introitus von Pfingstmontag (Psalm 80/81,17.2); so lautete damals auch der Intro­itus an Fronleichnam.
[3] Choralmesse für die Osterzeit. Sie enthält die feststehenden Teile des Ordina­riums der Liturgie.