Während seiner Außensemester 1936/1937 in Freiburg verbrachte Karl Leisner Heiligabend unter anderem bei Familie Ruby.[1]
[1] Eheleute Dr. rer. pol. Joseph Ruby (* 1885, † 1960) (Versicherungskaufmann) u. Ruby, Elisabeth geb. Poensgen (* 25.12.1884, † 16.6.1953) – Heirat 2.2.1912 in Berlin – 12 Kinder: 8 Jungen u. 4 Mädchen – 6 der Jungen studierten Theologie.
Familie Ruby war Karl Leisners zweite Gastfamilie in Freiburg/Br. Sie kannte Familie Köbele, seine erste Gastfamilie, aus Begegnungen in der Gemeinde Maria Hilf und vom gemeinsamen Anliegen her, vorwiegend Theologiestudenten eine Heimat zu geben. Karl Leisner verliebte sich im Januar 1937 in die älteste Tochter seiner Gastfamilie, Elisabeth Ruby (* 24.3.1914, † 25.12.1993).
Karl Leisner am 5. Februar 1937 an Walter Vinnenberg[1]:
Weihnachten war ich zu Gast dort [bei Familie Ruby]. Am Heiligabend war’s sehr fein. Die Buben sangen aus dem Dezember-„Scheidewege“[2] die Weihnachtsfrohbotschaft, zwischenhinein Lieder und Musik nach unserer Art. Ich hab’ nie so tief Weihnachten als Familienfest erlebt – objektiv gesehen. (Subjektiv kann’s natürlich nirgends schöner sein als daheim.) – Nachher ging’s dann in die Mitternachtsmesse in St. Carolus, wo das erste heilige Opfer im Umbau gefeiert wurde (eine Kapelle eines Caritaskindergartens hier in der Waldseesiedlung).[3]
[1] Prälat Dr. phil. Walter Vinnenberg (* 8.6.1901 in Lippstadt, † 1.12.1984 in Bocholt) – Priesterweihe 27.2.1926 in Münster – Kaplan in Kleve St. Mariä Himmelfahrt u. Religionslehrer am Gymnasium in Kleve in allen Klassen 1.4.1926 bis Pfingsten 1929 – Außerdem unterrichtete er Hebräisch und Sport und leitete eine religionsphilosophische Arbeitsgemeinschaft. Später unterrichtete er auch Französisch. Er gewann Karl Leisner für die Jugendarbeit und gab den Anstoß zur Gruppenbildung. Mit den Jungen unternahm er zahlreiche Fahrten auch noch nach seiner Tätigkeit in Kleve.
[2] Am Scheidewege Dezember 1936: 9–13: Der Chorbuben heimlicher Advent; 17: Auf auf, ihr Buben!
[3] Waldsee, ein nach seinem gleichnamigen Naherholungsgebiet benannter Stadtteil von Freiburg/Br., im Osten der Stadt
Gründung der Gemeinde St. Carolus unter Beteiligung des Caritasdirektors Prälat Dr. theol. h. c. Alois Eckert in der durch Pfarrer Karl Hausch der Gemeinde Maria Hilf in Freiburg/Br. 1926 erworbenen Villa eines Schokoladenfabrikanten – Errichtung eines Kindergartens – Die Altargemeinde St. Carolus bestand von 1926–1954 und ging in der neuen Pfarrei Heilige Dreifaltigkeit auf.
Auch meine Schwester Maria war da, und nachher sind wir zwei auf meine Bude [bei Familie Köbele] (Hansjakobstraße [43]) gestiegen, wo „s’ Christkindle“ aus den Paketen von daheim und sonst noch einen feinen Gabentisch hergerichtet hatte.[1] Ein „Krippchen“ hatten wir auch (in Form einer ausgesägten Holz-Silhouette „Maria mit Kind“). Davor war ein Zweig und sieben Kerzen (für jeden der Familie eins) brannten drauf. Eine kleine Feier. Lesung, Lieder zur Klampfe. Dann erzählten wir uns von daheim. Und dann ging’s ans Bestaunen all der feinen Sachen, die Christkind uns geschenkt hatte. Maria entsiegelte meine Pakete. Ich hatte nur ihre Sachen ausgepackt und aufgebaut. Wir haben uns gefreut wie die Kinder und hatten gar kein Heimweh.
[1] Maria Leisner (* 23.11.1917, † 19.6.1999) war auf Vermittlung ihres Bruders Karl vom 1.5.1936 bis Ende 1936 bei Familie Schaal in Freiburg/Br., Schwarzwaldstr. 111III als Haustochter tätig
Freiburg/Br., Samstag, 26. Dezember 1936, Heiliger Stephanus
Muß mal wieder stille werden und in mich hineinhorchen und -rufen. Nach diesem wunderfeinen Advent diese feine, feine Freiburger Weihnacht mit der lieben Maria und bei der prächtigen Familie Ruby. Ich bin noch ganz voll von all dem Singen und Freuen mit diesen rassigen Buben, in dieser katholischen Familie – ich wollt’ eigentlich sagen „von jeglichen katholischen Minderwertigkeitskomplexen freien“ Familie. So ein Leben! Die ganze tiefe Freude von Kinderglück und Familiengemeinschaft ging mir auf wie nie.
Fotos: Gabriele Latzel und IKLK-Archiv