Poertgen in Münster
Buchhandlung – Gründung durch Heinrich Johann Poertgen auf der Salzstraße 57 1.1.1892 – Schwerpunkt: Das katholische und religiöse Buch – Verkauf der Buchhandlung durch den Sohn Heinrich Poertgen an den Verlag Herder in Freiburg/Br. u. Namensänderung in „Heinrich Poertgen – Herdersche Buchhandlung“ 1.6.1930 –– Kriegsarbeitsgemeinschaft der Buchhandlungen Regensberg u. Poertgen im zerstörten Münster mit Sitz in Wolbeck u. einer „Bestellannahme“ in Münster April 1943 bis Juli 1945 – nach Auflösung der Kriegsarbeitsgemeinschaft Fortführung der Buchhandlung in den Privaträumen des damaligen Geschäftsführers bis zum Bezug wieder regulärer Geschäftsräume in der Salzstraße 55 1949 –Verkürzung des Firmennamens auf „Poertgen-Herder“ – Erwerb durch die Buchhandelsgruppe Phönix- Montanus unter Beibehaltung des Namens Poertgen-Herder 1996 –Im Juli 2016 übernahm ein Eigentümerkonsortium unter Führung der traditionsreichen Freiburger Verlegerfamilie Herder mehrheitlich Deutschlands größte Buchhandelskette, insofern ist Poertgen-Herder in gewisser Weise wieder „in den Schoß der Familie zurückgekehrt“.
Die Buchhandlung Poertgen feiert ihr 125-jähriges Jubiläum.
Link zur Münsterschen Zeitung vom 28. Januar 2017
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Karl Leisner und die Buchhandlung Poertgen
Donnerstag, 4. April 1935
In Münster erlebte Karl Leisner am Donnerstag, dem 4. April 1935, einen Passionsabend des Katholischen Jungmännerverbandes Bezirk Münster. Die Buchhandlung Poertgen legte dabei das Buch „Die Marter unseres Herrn. Erzählt von seinen Henkern, von Menschen und Engeln, Freiburg/Br. 1935“ von Franz Johannes Weinrich aus. Der Autor las aus dem Buch und signierte seine Bücher. Vermutlich erwarb Karl Leisner bei dieser Gelegenheit das Buch. Am 11. April 1935 erwähnt er es in seinem Tagebuch:
Zu stillen Stunden kommt man selten. Vorige Woche [am 4.4.1935]: Weinrichs Passionsabend. Weinrichs tiefdeutendes Buch „Die Marter unseres Herrn“ ist gut und tief.
Programmblatt:
KATHOLISCHER JUNGMÄNNERVERBAND BEZIRK MÜNSTER
P A S S I O N S A B E N D am 4. April 1935
DER ABEND:
Dichter Franz Johannes Weinrich liest aus seinem neuen Buch „Die Marter unseres Herrn“.
Es singt der Gregorius‑Chor unter Leitung des Hochw. Herrn Domvikar Leiwering.
Folge:
Es singt der Chor:
1. „Tenebrae factae sunt“
4 stimm. gem. Chor M. Ingegneri († 1592)
Es liest der Dichter.
Es singt der Chor:
2. „O vos omnes“
4 stimm. gem. Chor Jac. de Berchem (um 1550)
3. „O Haupt voll Blut und Wunden“
4 stimm. gem. Chor Joh. Seb. Bach (1685–1750)
Es liest der Dichter.
Es singt der Chor:
4. „Popule meus“
4 stimm. gem. Chor L. da Vittoria (1540–1613)
Das Hungertuch wurde uns von dem Künstler Baur zur Verfügung gestellt.
Den Buchstand hat die Herdersche Verlagsbuchhandlung Poertgen, Salzstrasse.
Zum Schluss des Abends zeichnet der Dichter die gekauften Bücher mit seinem Namen.
Weinrich Bücher in der Buchhandlung Poertgen und in den anderen katholischen Buchhandlungen Münsters!
Liedertexte umseitig:
1. Tenebrae factae sunt dum crucifixissent Jesum Judaei. Et circa horam nonam exclamavit Jesus voce magna: Deus meus, utquid me dereliquisti? Exclamans Jesus voce magna ait: In manus tuas, Domine, commendo spiritum meum. Et inclinato capite emisit spiritum.
Finsternis ward, als die Juden Jesum kreuzigten. Etwa um die neunte Stunde rief Jesus mit lauter Stimme: „Mein Gott, warum hast du mich verlassen?“ Und mit lauter Stimme rief Jesus: „In deine Hände, Herr, befehle ich meinen Geist.“ Und er neigte sein Haupt und gab den Geist auf.
2. O vos omnes qui transitis per viam, attendite et videte, si est dolor similis dolori meo.
O ihr alle, die ihr vorübergeht des Weges, merket auf und schauet, ob ein Schmerz gleich sei meinem Schmerze.
3. O Haupt voll Blut und Wunden.
4. Popule meus, quid feci tibi? Aut in quo contristavi te? Responde mihi. Agios o Theos. Sanctus Deus. Agios Ischyros. Sanctus fortis. Agios Athanatos eleison imas. Sanctus immortalis, miserere nobis.
Mein Volk, was habe ich dir getan? Womit betrübt’ ich dich? Antworte mir! Heiliger Gott! Heiliger starker Gott! Heiliger unsterblicher Gott, erbarme dich unser.
Am Samstag, dem 1. Juni 1935, hat Karl Leisner das Buch von Franz Johannes Weinrich zu Ende gelesen:
Bücher der Woche:
Zu Ende bekommen!: […] Weinrich: „Die Marter unseres Herrn“ […]
* * * * *
Heinrich Roth, Diözesanpräses des Katholischen Jungmännerverbandes Deutschland (KJMVD), schenkte Karl Leisner für dessen unermüdlichen Einsatz in der Jugendarbeit ein langersehntes Buch aus der Buchhandlung Poertgen.
Heinrich Roth aus Münster am 3. November 1936 an Karl Leisner in Kleve:
Lieber Karl!
Entschuldige bitte, daß ich erst heute dazu komme, Deine Schriebe zu beantworten. Gern hätte ich Dich am vergangenen Sonntag […] besucht; doch die Zeit reichte nicht. […] Sobald es mir möglich ist, werde ich Dich in Kleve besuchen.
Und dann empfange zu Deinem morgigen Namenstag[, am Fest des hl. Karl Borromäus,] meine herzlichsten Glück- und Segenswünsche, verbunden mit dem Dank für alles, was Du unserer Diözesanarbeit Gutes getan hast. Du hast zu einem guten Teil den Wahlspruch Deines heiligen Namenspatrons wahr gemacht: Deo gloria, proximo utilitas, mihi labor! [Gott der Ruhm, dem Nächsten die Nützlichkeit, mir die Arbeit!][1]
Als ein kleines Zeichen unseres Dankes lasse ich Dir heute durch die Buchhandlung Poertgen Scheebens Mysterium des Christentums[2] zugehen; möge Dir das Buch ein liebes wohlverdientes Andenken sein.
Grüsse Deine lieben Angehörigen und sei vor allem selbst herzlich gegrüsst von Deinem
H. Roth, Diözesanpräses
[1] Vom hl. Bernhard stammt der Satz: Omnis honor Deo, omnis utilitas proximo, omnis labor mihi. = Aller Ruhm Gott, alle Nützlichkeit dem Nächsten, alle Arbeit mir!
[2] Scheeben, Matthias Joseph: Die Mysterien des Christentums, Freiburg/Br. 1865, 1931
Selbst im KZ Sachsenhausen erinnert sich Karl Leisner an seine Verpflichtung gegenüber der Buchhandlung Poertgen.
Karl Leisner aus Sachsenhausen am Sonntag, 26. Mai 1940, an seine Familie in Kleve:
Eine Angelegenheit noch: Für das Herder’sche Nachschlagewerk bezahlt bitte bei Poertgen (Herdersche Buchhandlung in Münster, Salzstr.) etwas ein.[1]
[1] Vermutlich für Herders Bibelkommentar, von dem etliche Bände im Nachlaß von Karl Leisner vorhanden sind und zum Teil von seiner Schwester Maria mit „Leisner Kleve“ gekennzeichnet wurden.
Impressionen aus der Buchhandlung Poertgen
Aus der Vergangenheit in die Zukunft
Blick ins Archiv der Buchhandlung Poertgen-Herder
Poertgen 1 (1)
Poertgen 2 (1)
Poertgen 3 (1)
Quelle der Fotos: Gabriele Latzel