Fotos © Bernhard Kitzinger
Unter der Überschrift „Antiquariate setzen auf neue Geschäftsmodelle – Hochwertige Bücher aus früheren Jahrhunderten erzielen hohe Preise / Immer mehr Betriebe wandern ins Internet“ beschreibt die F.A.Z. vom 29. Dezember 2016 die heutige Situation der Antiquariate.
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Nicht alle Bücher, die Karl Leisner in seinen Tagebüchern und Briefen erwähnt, sind auch in seinem Nachlaß vorhanden. Dr. Hans Harro Bühler[1] lektorierte die Lebens-Chronik zu Karl Leisner bis zum Jahrgang 1938. Die in den einzelnen Jahrgängen erwähnten Bücher erwarb er, soweit sie antiquarisch aufzufinden waren, und schenkte sie dem IKLK. Das steckte Hans-Karl Seeger an, alle von Karl Leisner erwähnten Bücher zu erwerben. Intensives und nicht selten langwieriges Suchen in Antiquariaten führten zum Erfolg.
[1] Dr. rer. pol. Hans Harro Bühler (* 10.6.1931 in Waldshut, † 18.4.2009 in Freiburg/Br.) – Stadtdirektor in Borken 1965–1969 – Leiter des Referats Statistik beim Deutschen Caritasverband in Freiburg/Br. 1970–1994 – Als langjähriges Mitglied des IKLK war ihm Karl Leisner sehr vertraut. Er setzte sich sehr dafür ein, ihn bekannt zu machen und begleitete die Veröffentlichung der Lebens-Chronik mit sehr hilfreichen Recherchen.
Hans-Karl Seeger:
Während meiner Außensemester 1960/1961 in München wohnte ich über dem Antiquariat Kitzinger in der Schellingstraße 25 und erwarb dort so manches Buch für mein Studium. Ab Ende der 1990er Jahre machte ich mich bei meinen Urlauben in München auf die Suche nach Büchern aus „Karl Leisners Bibliothek“. An erster Stelle stand auf meiner Liste folgendes Buch:
Hürlimann, Martin: Europa: Bilder seiner Landschaft und Kultur, Zürich 1943[1]
Karl Leisner hatte es, bevor er am 12. August 1945 starb, auf dem Sterbebett gelesen.
Natürlich begann ich mit der Suche im Antiquariat Kitzinger, wo ich aber leider nicht fündig wurde. Da ich mich im Münchener Universitätsviertel mit seinen vielen Antiquariaten gut auskannte, versuchte ich es dort und hatte Erfolg, so daß ich schließlich mit dem gesuchten Buch zufrieden aus dem Urlaub nach Hause zurückkehrte.
[1] Martin Hürlimann (* 12.11.1897 in Zürich/CH, † 4.3.1984 ebd.) – Verleger u. Gründer des Atlantis-Verlages
Tagebucheinträge:
Planegg, Samstag, 16. Juni 1945
Zwischendurch schaue ich herrliche Bilder aus Dr. Cormans[1] „Europa“-Buch des Atlantisverlages – Zürich. Ich bin auf Fahrt und staune, und freue mich. Nur eins: Du armes Europa, zurück zu Deinem Herrn Jesus Christus! (Dort ist Deine Quelle für das Schönste, was Du trägst.) Zurück zu den frischen Quellen an göttlich wahrer Kraft!! Heiland, laß mich ein wenig Dir dabei Instrumentum sein, o ich flehe Dich an!
[1] Dr. med. Wilhelm Corman (* 13.12.1910 in Aachen, † 2.6.1982) – Facharzt für Lungenkrankheiten u. Stationsarzt im Waldsanatorium Planegg ab November 1944 – Er sorgte freundschaftlich für Karl Leisner. Im Seligsprechungsprozeß hat er 1981 als Zeuge ausgesagt.
Planegg, Montag, 18. Juni 1945
Schaue aus dem Europabuch England (was für ein herrliches Land!!), Irland (still und grün und arm), Schottland. Nachmittags Schweden (einzig!), Dänemark, Norwegen, Finnland und Holland.[1] Das Herz geht mir auf vor heller Freude. So, jetzt Schluß, hab’ mich zu sehr angestrengt heut’ nachmittag!![2] Denke immer an Professor Dr. Höfers[3] Rat: „Leben Sie wie eine Pflanze!“ – – –
[1] Die Bilder der genannten Länder befinden sich im mittleren Teil des Buches (Hürlimann 1943: 108–182). Vermutlich hat Karl Leisner sich an den beiden vorherigen Tagen vorwiegend im vorderen Teil des Buches (Hürlimann 1943: 1–107) die Bilder aus Griechenland, Italien, Spanien und Frankreich angeschaut. Im letzten Teil des Bildbandes (Hürlimann 1943: 183–283) befinden sich vor allem Fotos aus Osteuropa, aber auch aus Deutschland, Österreich und der Schweiz.
[2] vermutlich nicht nur wegen des Betrachtens der Bilder, sondern auch aufgrund der Größe (23 × 31 × 2,5 cm) und des Gewichtes (1.500 gr) des 262seitigen Buches
[3] Prof. Dr. theol. habil. Josef Rudolf Höfer (* 15.11.1896 in Weidenau, † 7.4.1976 im Kloster Grafschaft/Schmallenberg) – Priesterweihe 13.1.1924 in Paderborn – Präfekt im Collegium Leoninum in Paderborn 15.9.1934 – Anstellung als Vertretung der Professur für Pastoraltheologie an der Westfälischen Wilhelms-Universität Münster 4.11.1936
Hans-Karl Seeger:
Die Suche nach weiteren Büchern erleichterte sich sehr, als ich schließlich Zugang zum Internet hatte. Außerdem fragte ich ältere Priester nach theologischen Werken aus ihrer Studienzeit.
Auf die Idee, einen Rundbrief über „Karl Leisners Bibliothek“ zu erstellen,[1] brachte mich folgender Artikel von Ulrich Sieg in der F.A.Z. vom 7. Mai 2009: „Kaum Schöngeistiges, Bücher als Nahrung für den Wahnsinn: Timothy W. Ryback hat sich in Hitlers Bibliothek umgesehen“.[2] An Hand der Bücher aus Adolf Hitlers Bibliothek zeichnet der Autor ein sehr zutreffendes Bild des Diktators.
[1] s. LINK zum IKLK-Rundbrief-Nr. 56 / Februar 2010 Karl Leisners Bibliothek
[2] Online-Version des Artikels unter FAZ.NET vom 9. Mai 2009
Der Bischof von Aachen Dr. Heinrich Mussinghoff erzählte mir, Joseph Kardinal Ratzinger habe eine andere Meinung von Erzbischof Óscar Arnulfo Romero y Galdámez (1917–1980) von El Salvador bekommen, nachdem er dessen Bibliothek kennengelernt habe. Vorher habe er die Meinung mancher Menschen geteilt, Romero stehe auf Seiten der kommunistisch denkenden Revolutionäre.
Siehe Aktuelles vom 7. März 2015 – Karl Leisners Bibliothek und die Bibliothek von Erzbischof Óscar Arnulfo Romero.
Inzwischen befinden sich bis auf wenige Ausnahmen alle Bücher, die Karl Leisner erwähnt, an einem Ort.
Einblick in „Karl Leisners Bibliothek
Eines Tages finden sie ihren endgültigen Platz im Karl Leisner-Archiv im StiftsMuseum in Xanten.
Siehe Link zum Artikel „Xanten: Karl Leisner-Archiv im StiftsMuseum Xanten“.
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Bei seinem ersten Aufenthalt in Münster machte Karl Leisner einen Besuch im Antiquariat Stenderhoff.
Stenderhoff in Münster
Antiquariat – Gründung 1912 – häufiger Standortwechsel – 1933 Salzstr. – später Ludgeristr. 144 – Ende der 1970er Jahre Alter Fischmarkt – Oktober 1996 Bergstr. 70 – heute Antiquariat Ulrich Hobbeling, Robert-Blum-Straße 24
Freitag, 4. August 1933
Um 6.00 Uhr raus. Teekochen! etc. Um 7.30 Uhr ab nach Münster! […] Stenderhoff (Antiquariat!) […] Zu Walter [Vinnenberg[1]]. Von dort nach Zurücklassung von zwei Büchern (Land und Leute in Italien[2] / Deutsches Wörterbuch[3])[4] zum Kotten.
[1] Karl Leisners ehemaliger Religionslehrer und Mentor Prälat Dr. phil. Walter Vinnenberg (* 8.6.1901 in Lippstadt, † 1.12.1984 in Bocholt) lebte von 1931–1934 zum Studium in Münster, machte Aushilfe in Heilig Kreuz und war Referendar am Gymnasium Paulinum in Münster.
[2] Sacerdote, Gustavo: Land und Leute in Italien. Langenscheidts Handbücher für Auslandkunde, Berlin 31925
[3] Loewe, Richard: Deutsches Wörterbuch, Berlin/Leipzig 1919
[4] Vermutlich hatte Karl Leisner diese im Nachlaß befindlichen Bücher bei Stenderhoff erworben.
Gleich zu Beginn seines Studiums in Münster hielt Karl Leisner in Antiquariaten Ausschau nach preiswerter Literatur.
Schöningh in Münster
Antiquariat Schöningh auf der Salzstr. – modernes Antiquariat des Verlages Schöningh in Paderborn – Übernahme der Buchhandlung F. Ferdinand Schöningh am Bült 7 durch den heutigen Inhaber Rainer Neugebauer 1995 – Das Geschäft befindet sich nach Umzug 2006 heute am Bült 13 und hat nach wie vor modernes Antiquariat, Schulbücher und vieles mehr im Angebot.
Freitag, 11. Mai 1934
Ins Antiquariat Stenderhoff geschneit. – Dort Imitatio Christi[1] von 0,50 [Reichsmark] geschnappt.
[1] De Imitatione Christi – Nachfolge Christi von Thomas von Kempen. Dieses Buch sollte schon in Karl Leisners „Ausrüstung“ für Münster sein.
Montag, 14. Mai 1934
Nachher noch ein paar billige Bücher im Antiquariatswagen erstanden. (Für 0,20 RM ein dickes französisches Gebet- und Andachtsbuch.[1])
[1] im Nachlaß nicht vorhanden
Freitag, 15. Juni 1934
Mit Theo van Aaken[1], Perau[2] und Wem van Gemmeren[3] suche ich im Antiquariat Schöningh rum und bummele dann mit Wem v. G. wieder zum lieben „Kasten“ [Collegium Borromaeum] zurück.
[1] Theodor (Theo) van Aaken (* 13.8.1913 in Uedem, † 21.7.1973) – Eintritt ins Collegium Borromaeum in Münster 1.5.1932 – Priesterweihe 18.12.1937 in Münster – Kaplan in Liesborn 1938 bis zum Militärdienst 1940 – Pfarrer in Asperden 1959–1973 – Sein plötzlicher Tod war der konkrete Auslöser für die Gründung eines „Freundeskreises Karl Leisner“ am 6.11.1973, aus dem am 3.10.1975 der IKLK hervorging
[2] Josef Perau (* 8.11.1910 in Wissel, † 29.7.2004) – Abitur am Collegium Augustinianum Gaesdonck – vier Semester Theologie in Salzburg/A – Eintritt ins Collegium Borromaeum in Münster mit Karl Leisner 1.5.1934 – dort verzeichnet ab 1.5.1932 – Priesterweihe 18.7.1937 in Münster – Primiz 25.7.1937 – Schloßgeistlicher in Moritzburg, Pfarrei Dresden-Radebeul 1937 – Präses der Gaesdonck 1954–1959 – Pfarrer in Goch-Hülm 1959–2004 – Er gab einen entscheidenden Anstoß zur Seligsprechung Karl Leisners und hat im Seligsprechungsprozeß 1981 als Zeuge ausgesagt.
[3] Willi (Wem) van Gemmeren (* 1.2.1912 in Kalkar, † ?) – Abitur am Collegium Augustinianum Gaesdonck – Medizinstudium 1933–1934 – Eintritt ins Collegium Borromaeum in Münster 1.5.1934 – Er wurde kein Priester. 1935 wohnte er in Kehrum. 1952 besaß er eine Postagentur in Wissel im Haus von Familie Perau und hatte dort ein Geschäft und eine Wirtschaft. Vorher war er Bauer in Kalkar.
Münster, Mittwoch, 4. Juli 1934
Im Antiquariat Clemens Brentanos „Gedichte“ (Volksvereinsverlag)[1] für 0,45 RM!
[1] Schellberg, Wilhelm (Hg.): Gedichte von Clemens Brentano, München-Gladbach: Volksvereinsverlag 1923
Siehe auch Aktuelles vom 12. Oktober 2014 – Karl Leisner stöberte gern in Buchhandlungen.
Vermutlich fehlte ihm dazu in ’s-Hertogenbosch/NL die Zeit.
Quelle der nicht ausgewiesenen Fotos: Gabriele Latzel und Karl Leisner-Archiv