In der Kapelle des Schönstattzentrums Bethanien[1] in Karlsruhe-Durlach befindet sich ein kleines Bronzerelief (15 x 25 cm) mit der Darstellung Karl Leisners.
Gefertigt wurde das Relief von dem inzwischen verstorbenen Künstler Quinting. Wer es beauftragt hat und wann es gefertigt wurde, konnte bisher nicht in Erfahrung gebracht werden.
Foto Willi Leisner vom 15.3.1998
[1] Das Schönstattzentrum Bethanien besteht aus einem kleinen Haus aus den 1930er Jahren und einem großen Gebäude von 1966, welches die „Frauen von Schönstatt“ als Regio-Zentrum errichteten. Die Schönstatt-Kapelle wurde 1972 eingeweiht und löste einen einfachen Anbau an das kleine Haus ab. Das größere Gebäude wird seit 2008 von einer ökumenischen Gemeinschaft genutzt.
Die vor Ort lebende „Frau von Schönstatt“ Maria Fischer schreibt dazu: „Es [das Relief …] steht in unserem Heiligtum am rechten Seitenschränkchen neben dem Krug für das Gnadenkapital.“[1]
Foto Georg Gerber
[1] E-Mail vom 16.8.2016
In dem Krug sind auf Zetteln notierte Wünsche, Anliegen und Opfer. Pater Josef Kentenich SAC, der Begründer der Schönstattbewegung, bezeichnete diese Geschenke an Gott bzw. von Gott als Gnadenkapital. Als Heiligtum werden die einheitlich gestalteten Schönstatt-Kapellen bezeichnet.
Auf einem Besinnungstag der Schönstatt-Männerliga, Regio Karlsruhe, am 15. März 1998, hielt Willi Leisner in dem Schönstattzentrum Bethanien einen Vortrag über das Leben und Wirken seines Bruders Karl.
Maria Fischer aus Karlsruhe am 6. Oktober 2016 an Christa Bockholt:
Jetzt ist mir auch verständlich, warum der Bruder von Karl hier bei uns im Haus war. Und – wenn ich es recht von Frau Dörr aufgenommen habe – gab es auch eine Veranstaltung in der hiesigen Pfarrei, im sogenannten „Anna-Leimbach-Haus“. Da gab es einen großen Gemeinderaum. Ob da „nur“ die Schönstattfamilie (weil bei uns vielleicht zu klein) oder auch die ganze Pfarrei eingeladen war, kann ich aber nicht zuverlässig sagen. Jedenfalls hatten die Unseren damals auch Kontakte in die Pfarrei.
Eine solche Plastik befindet sich auch einem unbekannten Haus.
Mit Karlsruhe hat Karl Leisner besonders seine Tante Helene Längin und deren Familie[1] verbunden. Auf seinen Fahrten in die Schweiz 1932 sowie in das Allgäu 1936 und 1938 machten die Jungen dort Station.
[1] Längin, Familie
1. Generation: Eheleute Wilhelm Längin (* ?, † Januar 1978) u. Helene Längin, geb. Schmitz (* 22.7.1874 in Kleve, † 25.3.1940 in Karlsruhe) – Schwester der 2. Mutter von Mutter Amalia Leisner Maria Christine Dorothea Schmitz – Karlsruhe-Mühlburg, Kaiserallee 74 – Kolonialwarengeschäft
2. Generation: Ursula Längin (* ?, † ?), Jörg Längin (* ?, † ?), Wilhelm Längin (* ?, † ?)
Worms, Mittwoch, 17. August 1932, 4. Tag
Über gute Straßen, Äppel- und Pflaumenchausseen geht’s durch’s badische Land. Gegen 20.00 Uhr bin ich da [in Karlsruhe-Mühlburg]. Die andern liegen weit zurück. Willi kommt zuerst und meldet: Manes [Hermann Mies] Panne! Er fährt schon zu Tante Leni [Längin, Kaiserallee 74], die heute nicht da ist, aber durch Onkel Wilhelm [Längin] vertreten ist. – Bald kommen denn auch die andern. – Es ist allerdings schon fast dunkel. Nach einer gründlichen Waschung nehmen wir eine gute Atzung zu uns, halten noch ein Plauderstündchen mit Onkel Wilhelm und verschwinden gegen 22.00 Uhr in der Falle.
Karlsruhe-Mühlburg, Donnerstag, 18. August 1932, 5. Tag
Den Morgen über besehen wir uns die badische Residenzstadt [Karlsruhe] – natürlich auf dem Stahlroß, mit dem wir mit der Zeit so verwachsen sind wie die Hunnen mit ihren Pferdchen. Zunächst zum Schloßplatz, der ist die Spitze der Stadtanlage und die Hauptsache. An den badischen Ministerien vorbei kommen wir hin. Willi kann natürlich das Knipsen nicht lassen. Ein Maler steht auf dem lindenumstandenen Platz und malt eine Kindergruppe. Das Schloß[1] zeigt den alten Reichtum der badischen Großherzöge. Sie haben sich eine „Pfundsresidenz“ angelegt – nach Plan; daher auch die großen breiten Straßen und Alleen. Dann geht’s zum Pyramidenplatz [Marktplatz] – rings umstanden von Gebäuden im klassizistischen Stil: Landestheater[2] und sonstige Sachen der Art. – Gegen Mittag haben wir unsere „Gondelfahrt“ durch die Stadt beendet – müde und voll von allem Sehen.
Kurz bevor’s weitergeht, schauen wir uns noch die Pfarrkirche [St. Peter und Paul in Karlsruhe-Mühlburg][3] von Tante Leni [Längin] an – sie war mittlerweile wiedergekommen und hatte uns [ein] köstliches Mahl bereitet. Eine liebe gute Tante – so recht Fahrtenbrüdermutter. Na und – nach herzlichem Abschied geht’s dann gegen 15.00 Uhr wieder in die Sättel. Die Sonne meint’s natürlich wieder ganz gut mit uns. – Tempo! Bald ist die Stadt verlassen.
[1] Schloss in Karlsruhe
Errichtung als Residenz des Markgrafen Karl Wilhelm von Baden-Durlach (1679–1738) 1715 – Wohn- und Regierungssitz der Markgrafen sowie der Kurfürsten u. Großherzöge von Baden bis 1918 – Sitz des Badischen Landesmuseums 1921 – Zerstörung September 1944 – Wiederaufbau mit neuem Grundriss
[2] Das Badische Landestheater stand am Schlossplatz. 1944 wurde es zerstört und später an anderer Stelle wieder aufgebaut. Am ursprünglichen Platz steht heute das Bundesverfassungsgericht.
[3] St. Peter und Paul in Karlsruhe-Mühlburg
Grundsteinlegung 29.6.1884 – Weihe 9.5.1889 – Zerstörung von Kirche u. Pfarrhaus 4.12.1944 – Weihe der neuen Kirche 28.11.1955
Niederweier, Samstag, 27. August 1932, 14. Tag
Früh weg. Start nach Karlsruhe. Heißer Trampeltag – Abends dort. Herzlicher Empfang bei Tante Leni [Längin]. [Sohn] Wilhelm Längin ist auch da. Nach dem Essen und Gespräch, besonders über Willis Sturz, geht’s in die Heija. Morgen ist Sonntag. Er soll wieder Feines bringen.
Karlsruhe-Mühlburg, Sonntag, 28. August 1932, 15. Tag
6.00 Uhr heilige Messe [in St. Peter und Paul in Karlsruhe-Mühlburg]. […] Wir nehmen dankbar Abschied und gondeln nach Bruchsal.
Über die Fahrt ins Allgäu im August 1936 mit sechs weiteren Jugendlichen sind im Nachlass von Karl Leisner keine Aufzeichnungen vorhanden. Wilhelm Elshoff berichtet dazu in seinem Fahrtenbuch:
Mainz, Mittwoch, 5. August 1936, 5. Tag
Die schadhafte Pedale konnte nicht mehr benutzt werden; darum zog Karl den Gerd [Paanakker] bis Karlsruhe[-Mühlburg], welches wir um 20.30 Uhr erreichten. Verwandte [Helene und Wilhelm Längin] von Leisners nahmen uns hier freudig auf. Es wurde aufgetischt, was die Küche hergeben konnte. Durch ein Radio erfuhren wir die neuesten Olympia-Ergebnisse. Dann suchten wir nach einer Schlafgelegenheit. Der Fußboden einer Schreinerwerkstätte wurde dazu auserkoren. Wir erhielten zu unseren Decken und Zeltbahnen noch einige Kopfkissen, auf denen wir sauber pennten.
Karlsruhe, Donnerstag, 6. August 1936, 6. Tag
Um 6.30 Uhr hieß es aufstehen, damit wir um 7.00 Uhr zur Messe [in St. Peter und Paul] kamen. Karl und Urban [Peiffer] waren nach Pforzheim abgefahren, um Verwandte zu besuchen. […] Punkt 12.00 Uhr stand das Mittagessen bereit. Einige Minuten später kamen Karl und Urban von ihrem Abstecher zurück. Nach dem Essen wurde zur Abfahrt gerüstet. Um 15.00 Uhr lag Karlsruhe hinter uns.
Auch über Karl Leisners Allgäufahrt mit Willi Väth, Karl-Heinz Eyink und Urban Peiffer im Sommer 1938 sind im Nachlass außer einem Brief und zwei Postkarten keine Aufzeichnungen von Karl Leisner vorhanden.
Donnerstag, 28. Juli 1938
Die Jungen übernachteten in Karlsruhe-Mühlburg bei Familie Wilhelm Längin.
Ansichtskarte von der St.-Peter-und-Pauls-Kirche in Karlsruhe-Mühlburg an Familie Wilhelm Leisner in Kleve:
Karlsruhe, den 28.7.1938
Liebe Eltern und Geschwister!
Bevor’s mit bestelltem Wagen nach Pforzheim weitergeht, herzliche Fahrtengrüße von hier. Auch von Lückerath [Familie Poensgen] herzliche Grüße!
Euer Karl
Willi [Väth]
Frohen Gruß, Urban Peiffer
Herzlichen Gruß Tante Leni [Längin]
Aufgrund einer unbedachten Äußerung zum Attentat auf Hitler am 8. November 1939 gegenüber einem vertrauten Mitpatienten wurde Karl Leisner verhaftet und kam über die Gefängnisse Freiburg und Mannheim in das KZ Sachsenhausen und am 14. Dezember 1940 in das KZ Dachau. Die Fahrt von Freiburg nach Mannheim führte ihn noch einmal durch Karlsruhe.
Karl Leisner aus dem Gefängnis in Mannheim am 18. Februar 1940 an seine Familie in Kleve:
4.50 Uhr MEZ startete unser BP[-Zug in Freiburg]. Zu acht Mann kamen wir in ein Kabinett [Abteil]. Zu Anfang war es recht nett, später wurde es etwas arg schwere Luft – und so kam ich [über Offenburg – Rastatt – Karlsruhe – Bruchsal – Heidelberg] abends ziemlich „schachmatt“ gegen 18.00 Uhr hier an. – Nach dem üblichen Empfangszeremoniell steckte man mich dann in eine frische Einheitsmontur der Krankenabteilung. Kurze Begrüßung, zackiger Bettenbau, noch eine kleine Stärkung (unterwegs bekamen wir zu unserem Kommiß[brot] mit Wurst in Karlsruhe Hauptbahnhof eine gute Suppe), und dann hab ich „gepennt“ wie nach einem ganz schweren Tag früher auf Fahrt oder im RAD, wenn wir im Moor einen Tag „gekuhlt“ hatten.
Karl Leisner aus dem KZ Sachsenhausen am 13. Mai 1940 an Willi Leisner in Berlin und seine Familie in Kleve:
Der plötzliche Tod unsrer guten Tante Leni [Längin am 25.3.1940 in Karlsruhe] hat uns alle wohl überrascht.
Am 3. Juni 1944 sprach Vater Wilhelm Leisner bei der Leitstelle der Gestapo in Karlsruhe wegen der Freilassung seines Sohnes vor.
Karl Leisner aus dem KZ Dachau am 22. Juli 1944 an seine Familie in Kleve:
Ob [die Leitstelle der Gestapo in] Karlsruhe noch was von sich hören läßt? Es wäre Zeit für mich, wenn es mit einer Genesung noch was werden soll. In hiesigem Klima geht’s einfach nicht. Und die fünf Jahre seit 1939 sind auch nicht in den Kleidern hängen geblieben. Ich habe großes Vertrauen, daß es klappt.
Text Christa Bockholt, nicht ausgewiesene Fotos IKLK-Archiv