Kerken: Karl-Leisner-Straße im Ortsteil Nieukerk

Kerken Karl-Leisner-StraßeEine der ältesten Straßen, die nach Karl Leisner benannt wurden, liegt in Nieukerk. Am 2. März 1962 beschloss der Rat der damals noch selbständigen Gemeinde Nieukerk[1] einstimmig folgende Straßennamen für die im Bebauungsplan Ost gekennzeichneten Straßen: Karl-Leisner-Straße, Friedrich-Ebert-Straße und Eichendorffstraße.

[1] Im Rahmen der kommunalen Neugliederung wurden am 1. Juli 1969 die Gemeinden Aldekerk, Stenden, Nieukerk und Eyll zur neuen Gemeinde Kerken zusammengeschlossen.

 

Vorausgegangen waren in der Ratssitzung vom 19. Januar 1962 unterschiedliche Namensvorschläge von Ratsmitgliedern, z. B. „aus der Vogelwelt, aus dem Kreise der Dichter und Komponisten Namen zu wählen“[1] oder folgende Namen aus bereits genannten Vorschlägen: Karl Leisner, Pestalozzi, Nikolaus Groß, von Eichendorff, von Ketteler, Karl Arnold und Friedrich Ebert.

[1] Niederschrift der Ratssitzung vom 19.1.1962

Am 22. Januar 1962 schrieb die Rheinische Post dazu: „Für die Benennung von Straßen im Bebauungsgebiet Ost waren von der Bevölkerung keine Vorschläge eingegangen. […] Ratsmitglied Ticheloven meinte, der Rat solle zu einem Entschluß kommen. Er hielt die Straßennamen Karl-Leisner-Straße, Pestalozzistraße, Nikolaus-Groß-Straße und von-Eichendorff-Straße für die besten. Den ersten und den dritten Vorschlag begründete er damit, daß die Namen der Opfer des Naziregimes im Bewußtsein der Bevölkerung festgehalten werden müßten.“

Im Frühjahr 2011 setzten zwei Anwohner der Karl-Leisner-Straße eine lang gehegte Idee in die Tat um: Heini Martens und Hermann Verhoeven wollten auf den Namensgeber ihrer Straße hinweisen. Sie spendeten eine Gedenktafel mit dem sogenannten Pulloverbild[1] von Karl Leisner und der Aufschrift „Karl – Leisner 1915-1945 leidenschaftlicher, mutiger Seelsorger vom Niederrhein“. Hermann Verhoeven erklärte sich sofort bereit, für die Tafel die Wand seines Hauses Nr. 7 zur Verfügung zu stellen. Darüber wurde ein zusätzliches Schild mit dem Straßennamen angebracht.

[1] Am 15.12.1944, zwei Tage vor der Priesterweihe Karl Leisners, wurden im Priesterblock des KZ Dachau durch Pater Sales Heß OSB heimlich Fotos von Karl Leisner gemacht. Es existiert nicht nur ein Bild von Karl Leisner im roten Meß­gewand, in dem er am Fest des ersten Martyrers Ste­phanus seine erste und einzige heilige Messe feierte, sondern auch ein Foto, das ihn in einem Pullover zeigt. Sein Mithäftling Pfarrer Josef Albinger aus Fulda zog sich im SS-Magazin insge­heim mehrere Pullover übereinander und verteilte sie dann an schwerkranke KZ-Insassen. Einen davon gab er dem an Lungen-Tbc leidenden Diakon Karl Leisner mit den Worten: „Weil Du immer so frierst.“ Die Pullover hatte man den als Kriegsge­fange­ne ins KZ Dachau gebrachten italienischen Soldaten abgenom­men.

Kerken Karl-Leisner-Straße 2Kerken Karl-Leisner-Straße 3

Aktueller Anlass für die Anschaffung der Marmortafel war das bevorstehende 50jährige Jubiläum der Karl-Leisner-Straße.

Kerken Karl-Leisner-Straße 7

Das Mitteilungsblatt des Heimatvereins Nieukerk „Wir in Nieukerk“ vom Juni 2011 hat dazu ein Interview von Peter Völker mit Heinrich Martens sowie den Lebenslauf von Karl Leisner veröffentlicht.

 

Link zu Aktuelles vom 16. Juli 2011

 

 

 

Auf seinen Fahrten wird Karl Leisner öfter mal durch Nieukerk und auch Aldekerk gekommen sein, er erwähnt die Orte in seinen Aufzeichnungen allerdings kaum.

Im September 1929 fährt Karl Leisner mit dem Fahrrad nach Süchteln, wo sein Bruder Willi wegen einer Rückgradverkrümmung in der Kinderheilanstalt stationär behandelt wird. Er übernachtet bei Verwandten in Neuß und fährt von dort wieder nach Kleve.

Neuß, Montag, 2. September 1929
Ich fuhr nun über Osterath- Fischeln durch Krefeld nach Hüls. Von dort über Rahm – Aldekerk – Nieu­kerk – Geldern nach Ke­velaer. […] Um 20.00 Uhr war ich zu Hause, wo ich noch alles von Willi erzählte und allen aus Süchteln, Neuß und Goch Grüße bestellte.

1931 macht Vater Wilhelm Leisner mit seinen Söhnen Karl und Willi eine Pfingstfahrt, die sie von Süchteln zu den Verwandten nach Schaephuysen führt. Auf dem Rückweg kommen sie auch durch Aldekerk.

Schaephuysen, Mittwoch, 27. Mai 1931
Dann in schöner Hitze über Aldekerk nach Geldern (wo wir von 17.00 bis 19.00 Uhr bei Brai­denbroich rasten). Papa fährt mit dem Zug nach Hause. Er ist schach­matt (Sonnenstich!!!). – Wir zwei [Karl und Willi] landen nach kurzer Rast in Goch [bei den Tanten Maria und Julchen], um 21.30 Uhr daheim.

Zum Jahreswechsel 1935/1936 finden in Paesmühle in Straelen Exerzitien für Jungen aus Duisburg und wohl auch aus Nieukerk statt, die Karl Leisner mit begleitete.
Hier lernt er unter anderen Heinrich Kils[1] kennen, der in Nieukerk Kaplan war.

[1] Heinrich Kils (* 14.4.1903 in Kleve, † 6.6.1987) – Priesterweihe 22.12.1928 in Münster – Kaplan in Nieukerk 15.1.1934 bis 1940

Paesmühle, Dienstag, 31. Dezember 1935, Heiliger Silvester
Dienstag heute! Wir jungen Führer sind eigentlich zu schlapp mit den Jun­gen. – Aber ein frohes Herze leuchtet über allem. […] Abends 17.00 bis 18.00 Uhr eine nicht ausgefüllte Stunde nach dem Ende der Exerzitien. Ein großer Fehler! Zumal, wo’s noch regnet draußen. Sie fallen über einen von den Nieukerker Jungens, die ganz aus der Gemeinschaft herausfallen. (Ich hätte mich der stillen [.?.] Jungens mehr annehmen sollen! Wie ich Kaplan [Heinrich] Kils versprochen hatte!) – Der Heimabend miß­glückt. Als nachher auch noch Direktor [Max] Hild mit der „erschüttern­den“ Botschaft der abgedrehten Krippenköpfe kommt (die Jun­gens haben vor lauter Mutwillen an eher nix Böses dabei gedacht). … Der lustige Abend bringt so etwas die Stimmung wieder. Die Stunde zur Mitter­nacht draußen wird ganz fein. Nur noch mehr Zucht. Ein Knallen und Toben zur Mitternacht. (Der Krach muß bei den Jungen immer toll und fest „orga­ni­­siert“ sein!)
Sie machen Spöks [Unsinn] bei meinen kurzen Neujahrsworten, die aus dem Stegreif (zu laut manchmal, etwas zu wenig inneren Schwung) gesprochen wurden. Sie sollen mir Richtstern im Jahr sein:
Freude, Frische, Wagen – Das Licht der Natur unserer jungen Art. Christus allen bringen im Licht! Hellhörig und aufgeschlossen, fromm und gut!
0.30 Uhr pennen die Jungen nach der feinen Feier der Jahreswende in der Kapelle. Christus – versinnbildet durch die auf dem Altar brennende große Kerze – spendet jeden Monat (versinnbildet durch einen kerzentragenden Jungen) das Licht. Das packte, auch was Kaplan Kils uns dazu sagte. Chri­stus Licht. Wir Kinder des Lichts [Eph 5,8] in Treue, Glauben und Liebe zu Ihm, unserm Herrn.

Impressionen zur Karl-Leisner-Straße

Kerken Karl-Leisner-Straße 4Kerken Karl-Leisner-Straße 5

Text und Fotos Christa Bockholt und IKLK-Archiv

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