Kleve: Karl Leisner auf der Glocke „Groote Bomm“ in der Stiftskirche

Digital StillCameraAm 23. Oktober 2007 wurde die – ausschließlich durch Spenden finanzierte – reich geschmückte neue Glocke „Groote Bomm“ unter reger Anteilnahme der Bevölkerung in einem feierlichen Festzug durch die Straßen der Stadt Kleve zur Stiftskirche geleitet. Der Guss der Glocke hatte in Anwesenheit zahlreicher Gemeindemitglieder am 7. September 1997 in der Benediktinerabtei Maria Laach durch Bruder Michael Reuter stattgefunden.

Am 3. November 2007 weihte der damalige Bischof des Bistums Münster, Dr. Reinhard Lettmann, im Rahmen eines Pontifikalamtes in der Stiftskirche die neue Glocke „Groote Bomm“. Er segnete sie mit Weihwasser und Weihrauch, salbte sie mit Chrisam und sprach das Segensgebet: „Segne diese Glocke, die dein Lob kündet. Sie soll deine Gemeinde zum Gottesdienst rufen, die Säumigen mahnen, die Mutlosen aufrichten, die Trauernden trösten, die Glücklichen erfreuen und die Verstorbenen auf ihrem letzten Weg begleiten“. Danach ließ er die Glocke mit drei Schlägen erklingen. In seiner Predigt sagte der Bischof: „Die Glocke kündet vom Sinn menschlichen Lebens.“

Kleve Stiftskirche Gedenkstätte 8Erstmalig erklingen konnte die neue Glocke am 18. November 2007 zu einem Pontifikalamt mit Weihbischof Heinrich Janssen anlässlich des 50jährigen Jubiläums der Wiedereinweihung der Stiftskirche[1].

[1] Im 12. Jhdt. wird eine kleine, im romanischen Stil aus weißem Tuffstein erbaute, dem Evangelisten Johannes geweihte Kirche erwähnt. Grundsteinlegung der Kirche St. Mariä Himmelfahrt durch Graf Dietrich IX. von Kleve war am 12.8.1341. Die Namensgebung Stiftskirche erfolgte aufgrund der Verlegung des Stiftes vom Monterberg nach Kleve. Neben den Bezeichnungen Stiftskirche und St. Mariä Himmelfahrt wird die Kirche Propsteikirche, Oberstadtkirche/Oberkirche und im Volksmund auch de Boverkerk genannt.

Ermöglicht wurde der Kauf der Glocke durch den im September 2004 gegründeten „Förderkreis zur Wiederherstellung des historischen Geläutes der Stifts- und Propsteikirche St. Mariä Himmelfahrt in Kleve“, dem es gelang, 70.000,00 € an Spenden für die Herstellung der Glocke zusammenzutragen. Sein Ziel war die Wiederherstellung des fünfstimmigen Geläutes in seinem ursprünglichen Klang, das über fünf Jahrhunderte bis 1942 bestanden hatte.

Die erste „Groote Bomm“ wurde 1428 als größte von fünf Glocken von Johann van Hinthem hergestellt. 1909 besuchte Kaiser Wilhelm II. Kleve. Aus diesem Anlass wurde ein aus fünf Glocken bestehendes neues Geläute von der Firma Petit & Edelbrock aus Gescher gegossen, das im Ersten Weltkrieg wegen seines hohen Wertes nicht eingezogen wurde. Mit Ausnahme der kleineren Johannes-Glocke (Ton G‘) wurden 1942 die Glocken beschlagnahmt und eingeschmolzen, um daraus Waffen herzustellen. 1961 wurde ein neues Geläute, abgestimmt auf die Töne c1, es1, f1 und g1 von der Firma Monasterium in Münster gegossen, die alte Johannes-Glocke wurde dafür eingeschmolzen. Die noch fehlende „Groote Bomm“ kam erst 2007 hinzu. Darüber hinaus gibt es zwei kleine Glocken aus dem Jahr 1404 vom Dachreiter der Stiftskirche. Sie sind reparaturbedürftig und derzeit eingelagert.

Digital StillCameraDie „Groote Bomm“ ist aus Bronze und auf den Ton b° abgestimmt. Sie hat ein Gewicht von ca. 3,8 t und einen Durchmesser von 1,78 m.

Die Inschriften lehnen sich an die früheren Glocken von 1428 und 1909 an, nehmen aber auch die Gegenwart, z. B. durch das Gedenken an den Seligen Karl Leisner, in den Blick.

 

+SALVATOR MARIA VOCOR PETRUS PAULUS JOHANNES CLEMENS FESTA PERTANGO TENBRAS FUGO FUNER PLANGO [Ich werde gerufen Erlöser, Maria, Petrus, Paulus Johannes, Celmens. Feste kündige ich an, Dunkelheiten zerstreue ich, Tote beklage ich.]

ZUR EINTRACHT, ZU HERZINNIGEM VEREINE; VERSAMMLE ICH DIE LIEBENDE GEMEINDE [nach der Ballade „Das Lied von der Glocke“ von Friedrich von Schiller]

IM JAHRE DES HERRN 2007, ALS BENEDIKT XVI DER KIRCHE GOTTES, BISCHOF DR REINHARD LETTMANN DER MÜNSTERISCHEN DIÖZESE UND PROPST THEODOR MICHELBRINK DER PFARRE ST. MARIÄ HIMMELFAHRT IN KLEVE VORSTAND, HAT MICH IM GEDENKEN AN DIE KLEVER MÄRTYRER, U. A. DEN SELIGEN KARL LEISNER, DANK DER MITGLIEDER DES FÖRDERKRIESES „GROOTE BOMM“ UND ALLER SPENDER BR. MICHAEL REUTER, MÖNCH VON MARIA LAACH, GEGOSSEN.

Im Jahre des Herrn 2007, als Benedikt XVI. der Kirche Gottes, Bischof Dr. Reinhard Lettmann der münsterischen Diözese und Propst Theodor Michelbrink der Pfarre St. Mariä Himmelfahrt in Kleve vorstand, hat mich im Gedenken an die Klever Märtyrer, vor allem den Seligen Karl Leisner, dank der Mitglieder des Förderkreises „Groote Bomm“ und aller Spender Bruder Michael Reuter, Mönch von Maria Laach, gegossen.

Zwei Abbildungen, die Petrus im Hof des Hohenpriesters und die Bekehrung des Paulus darstellen, weisen auf die Namenspatrone der Glocke hin.

Karl Leisners Tagebuchaufzeichnungen und Briefe spiegeln wider, welche Bedeutung Kirchenglocken für ihn hatten.

Kleve, Samstag, 2. Juni 1928
Mit Papa zur Niers gefahren. […] In Pfalzdorf Glockenweihe gesehn.

Kleve, Samstag, 30. Oktober 1937
8.00 Uhr vom [St.-]Antonius-Hospital: Beerdigung der lieben Mutter [Hendrina, gestorben am 27.10.,] unseres Thej [Theo] Köster. Acht Kinder stehen am Sarg! Wer versteht die Wege unseres Gottes? […] Ehern und dumpf klingt die Totenglocke vom Turm der Christus-König-Kirche – Sinnbild des harten Geschicks!

Karl Leisner aus Münster am Mittwoch, 5. Januar 1938, an Elisabeth Ruby in Freiburg/Br.:
Ja, was war das fein an Weihnachten daheim. […] Und als dann die Glocken zur Christmette ins Land hallten, als es dann in der Mette Wandlung und Kommunion wurde und als die ins Gemüt greifenden Lieder in der Heimatgemeinde [Kleve, St. Mariä Himmelfahrt] aufklangen, da war wirklich der Heiland geboren wie einst im Stall zu Bethlehem.

Münster, Freitag, 10. Februar 1939
Heute morgen gegen 5.30 Uhr starb unser Heiliger Vater Pius XI. in Rom. […] Schwer und wuchtig kündeten um die Mittagsstunde die Toten­glocken des katholischen Erdkreises sein Sterben.

Gefängnis in Freiburg/Br., Samstag, 18. November 1939
Die Samstagabendglocken läuten mir die Heimat ins Gemüt. O, liebe liebe Heimat, wann sehen wir uns wieder!

Karl Leisner aus dem KZ Dachau am Sonntag, 9. März 1941, an seine Familie in Kleve:
Meine Lieben!
Es ist Frühling. Ein echter Sonntagmorgen. Dachaus Glocken [der Pfarr­kirche St. Jakob] klingen zu uns herüber nach unserm Hochamt [in der Lagerkapelle].

Da die Tagebücher Karl Leisners zu einem großen Teil in seiner Heimatstadt Kleve geschrieben wurden bzw. sich darauf beziehen, wird an dieser Stelle auf die unter der nachstehenden Internetadresse veröffentlichten Aufzeichnungen verwiesen.

Link zu den Tagebüchern

Die Beiträge zu den verschiedenen Erinnerungsstätten Karl Leisners in Kleve werden nach und nach veröffentlicht.

Siehe bereits folgende Links:

Link 1 – Kleve: Karl Leisner im Fenster der Stiftskirche St. Mariä Himmelfahrt

Link 2 – Kleve: Karl Leisner in der Kapelle des St. Antonius-Hospitals

Link 3 – Kleve: Karl-Leisner-Straße

Link 4 – Kleve: Karl-Leisner-Begegnungsstätte in der Flandrischen Straße 11

Link 5 – Kleve: Karl-Leisner-Schule

Link 6 – Kleve: Karl Leisner in der Märtyrer-Gedenkstätte der Stiftskirche

Text und Fotos Christa Bockholt und IKLK-Archiv