Kleve: Karl Leisner in der Märtyrer-Gedenkstätte der Stiftskirche

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Am 7. November 2013 fand die Neugestaltung der Märtyrer-Gedenkstätte in der Nordkapelle der Stiftskirche[1] ihren Abschluss. In dem schlicht gestalteten Raum mit einem Taufstein aus der Nachkriegszeit wurden drei Mahnmale aufgestellt. Darüber sind fünf Fotos, die Leni Valk, Titus Brandsma, Karl Leisner, Johannes Maria Verweyen und Wilhelm Frede zeigen.

[1] Im 12. Jhdt. wird eine kleine, im romanischen Stil aus weißem Tuffstein erbaute, dem Evangelisten Johannes geweihte Kirche erwähnt. Grundsteinlegung der Kirche St. Mariä Himmelfahrt durch Graf Dietrich IX. von Kleve war am 12.8.1341. Die Namensgebung Stiftskirche erfolgte aufgrund der Verlegung des Stiftes vom Monterberg nach Kleve. Neben den Bezeichnungen Stiftskirche und St. Mariä Himmelfahrt wird die Kirche Propsteikirche, Oberstadtkirche/Oberkirche und im Volksmund auch de Boverkerk genannt.

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Das linke Mahnmal ist ein schwarzer Stein mit hebräischen Schriftzügen und dem Hinweis, dass 1932 noch 200 Juden in Kleve lebten und 1945 keine mehr.

 

 

 

 

 

IMG_3619Auf der rechten Steinplatte steht:
Stadt Kleve 1939-1945 Gefallene 879 + Ziviltote 647 – Propst Jak. Küppers † 7.10.44[1] – Wilh. Frede † 13.3.42 KZ Sachsenhausen – J. M. Verweyen † 21.3.45 KZ Bergen-Belsen.

[1] Jakob Küppers (* 22.7.1873 in Goch, † beim Luftangriff auf Kleve 7.10.1944) – Priesterweihe 18.3.1899 in Münster – Kaplan in Kleve St. Mariä Himmelfahrt 1899–1909 – Pfarrer in Kleve 25.9.1918 – Definitor 1922 – Dechant 21.12.1926 – Propst h. c. 1943 – Jakob Küppers gehörte zu den wichtigen Priestern im Leben von Karl Leisner, er schrieb ihm mehrmals aus dem KZ Dachau.

NordkapellealtDen Mittelpunkt der Gedenkstätte bildet der Grabstein vom Grab des Seligen Karl Leisner. Nach dem Tod Karl Leisners im Waldsanatorium Planegg am 12. August 1945 wurde sein Leichnam nach Kleve gebracht und dort am 20. August 1945 im Priesterrondell auf dem neuen Friedhof an der Merowingerstraße beigesetzt. Zunächst wurde ein Birkenkreuz auf das Grab gestellt, das 1956 durch einen vom Bildhauer Josef Kleinschmidt[1] geschaffenen Grabstein ersetzt wurde. Als Karl Leisners Gebeine 1966 exhumiert und in der Krypta des Xantener Domes beigesetzt wurden, versah man die Grabstelle im Priesterrondell mit einer Gedenkplatte. Der Grabstein kam zunächst auf das Grab der Familie Leisner, bis er im Rahmen der Gestaltung einer Märtyrer-Gedenkstätte in der Stiftskirche dort aufgestellt wurde. Zu Beginn einer Karl-Leisner-Gedächtniswoche wurde am 13. Juli 1974 die Gedenkstätte eingeweiht.

[1] Josef Kleinschmidt (* 12.4.1890, † 9.9.1983) lebte von 1955 bis 1975 im Elternhaus Karl Leisners an der Flandrischen Straße 11 in Kleve.

siehe Link zur „Wanderschaft eines Grabsteins“

Kleve Stiftskirche Gedenkstätte 4Auf dem Grabstein ist das Motiv eines der drei Primizbilder zu sehen, die Karl Leisner im KZ Dachau von Mitgefangenen zur Primiz bekam. Es zeigt in Ketten gefesselte Hände, die einen Kelch emporhalten und wurde von dem Niederländer Br. Raphael Tijhuis OCarm gemalt.

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Über dem Grabstein ist das sogenannte Pulloverbild von Karl Leisner zu sehen, das zwei Tage vor seiner heimlichen Priesterweihe am 15. Dezember 1944 durch Pater Sales Heß OSB neben Fotos von ihm im Priestergewand gemacht wurde.

 

 

Zum Leben Karl Leisners steht dort u. a., dass er in Kleve als Gemeindemitglied der Stiftspfarre aufwuchs und sich in der Katholischen Jugendbewegung engagierte. „Während seines 1934 begonnenen Theologie­studiums und als Diözesanleiter der Jungschar geriet er in den Blick der Gestapo. Eine Lungenkrankheit zwang ihn kurz nach der Diakonenweihe zu einem Sanatoriumsaufenthalt, von wo er wegen einer hitlerfeindlichen Äußerung zunächst ins KZ Sachsenhausen und 1940 in KZ Dachau gebracht wurde. Hier wurde er am 3. Advent (Gaudete) 1944 heimlich zum Priester geweiht. Er starb kurz nach Ende des Krieges an den Folgen seiner Lagerhaft. Papst Johannes Paul II. sprach ihn 1996 selig.“

Auf den kleinen Schrifttafeln unter den Bildern finden sich kurze Abrisse der Lebensstationen der Dargestellten.

Valk

 

 

Links außen hängt das Kinderportrait von Leni Valk (* 28.9.1933 in Goch, † 21.5.1943 im NS-Vernichtungslager Sobibor) stellvertretend für die jüdischen Opfer der Gewaltherrschaft. 1942 wurde sie in das niederländische Durchgangslager Westerbork deportiert und von dort am 21.5.1943 in das Vernichtungslager Sobibor gebracht, wo sie am gleichen Tag vergast wurde.

 

 

 

 

Brandsma

Titus Brandsma (* 23.2.1881 in Oegeklooster bei Bolsward/NL, † 26.7.1942 im KZ Dachau) war Karmeliter, Priester sowie Professor für Philosophie und Geschichte an der katholischen Universität in Nijmegen. Wegen seines aktiven Widerstandes gegen die Nationalsozialisten wurde er verhaftet und vier Wochen im Klever Gefängnis inhaftiert bevor er am 19.6.1942 in das KZ Dachau eingeliefert wurde. Sein Gesundheitszustand verschlechterte sich rapide. Am 26.7.1942 wurde er auf der Krankenstation des KZ ermordet. Am 3.11.1985 sprach Papst Johannes Paul II. ihn selig.

 

 

 

 

VereyenRechts von Karl Leisner ist ein Bild von Johannes Maria Verweyen (* 11.5.1883 in Till, † an Flecktyphus 21.3.1945 im KZ Bergen-Belsen). Er war Professor für Philosophie an der Universität Bonn. Nach seinem Austritt aus der katholischen Kirche am 21.3.1921 war er zeitweilig Anhänger der Freimaurerei, des Monismus und Mitglied der Theosophischen Gesellschaft Adyar. Wegen seiner offenen Kritik am Nationalsozialismus wurde ihm 1934 die Lehrbefugnis entzogen. Am 2.2.1936 trat er wieder in die katholische Kirche ein. Verhaftung auf einer Vortragsreise. Über das Gestapo-Gefängnis Alex in Berlin kam er in das KZ Sachsenhausen und am 7.2.1945 in das KZ Bergen-Belsen, wo er am 21.3.1945 an Fleckfieber verstarb.

 

 

 

 

Fredeb

 

 

Wilhelm Frede (* 29.6.1875 in Duisburg-Meiderich, † ermordet 13.3.1942 im KZ Sachsenhausen) zog 1897 nach Kleve und war Diplomat. Er heiratete am 21.4.1903 Maria Frede, geb. Brohl. Während seiner Tätigkeit am niederländischen Konsulat in Kleve wurde er am 3.11.1941 verhaftet und kam am 7.2.1942 ins KZ Sachsenhausen, wo er am 13.3.1942 ermordet wurde.

 

 

 

 

Kleve Stiftskirche Gedenkstätte 8Karl Leisner fühlte sich mit der Stiftskirche, seiner Heimatpfarrei, tief verbunden. Er empfing dort am 29.4.1925 die Erstkommunion und am 20.7.1927 das Sakrament der Firmung[1]. Zu den Priestern der Pfarrei pflegte er einen intensiven Kontakt und die Fahrten der Jungen begannen häufig mit einer heiligen Messe in St. Mariä Himmelfahrt. Besonders nach der Aufnahme seines Theologie-Studiums in Münster im Mai 1934 waren ihm schon der Anblick der Schwanenburg und der Stiftskirche Symbole der Heimat. Als Subdiakon durfte er in der Stiftskirche assistieren und während seiner Gefangenschaft dachte er immer wieder an seine Pfarrkirche.

[1] Es war Karl Leisners eigener Wunsch, mit seinem Bruder Willi in seiner Pfarrkirche gefirmt zu werden. Vorgesehen war die Firmung mit der Schulklasse in der Unterstadtkirche. Siehe Link zu Firmung Karl Leisners

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Die nebenstehende Tafel wird demnächst installiert.

 

 

 

 

 

 

Kleve, Dienstag, 14. August 1934
Unser großes Jungenlager in Groesbeek
Dann auf zur heili­gen Messe um 7.10 Uhr!
So beginnen wir unser Jungenlager mit frohem Gotteslob in unserer Pfarrkirche Mariä Him­melfahrt [Stiftskirche] am Vigiltag des Patronatsfestes.
Die alten weiten Hallen unserer Stiftskirche schallen, hallen und tönen wider vom jubelnden Singen und Beten der Jungen. In Kluft – alles gepackt – so knien und stehen wir da. – So froh und voll Begeisterung dankten, baten und beteten wir selten zu Gott.

Kleve, Montag, 6. Januar 1936, Erscheinung des Herrn
Letzter Tag der Ferien! […] Der Zug fährt. Ich schaue auf meine schöne Heimatstadt, die im Glanz der winterli­chen Abendstimmung daliegt. … Immer wieder bin ich tief ergriffen und leise schmerzlich berührt, wenn ich von ihr Abschied nehme, der alten Herzogstadt mit der stolzen [Schwanen-]Burg und Stiftskirche auf hohem Hügel.

Während seiner Zeit im Reichsarbeitsdienst denkt Karl Leisner an seine Heimatpfarrei.

Georgsdorf, Samstag, 14. August 1937
Morgen ist Mariä Himmelfahrt. Für die Heimatgemeinde [Stiftskirche St. Mariä Himmelfahrt in Kleve] das Tagewerk opfern.

Kleve, Montag, 1. November 1937, Allerheiligen
Todmüde. Allerheiligen! Heilige Messe um 8.00 Uhr in der Stiftskirche. – Daheim [in der Pfarrkirche]!

Kleve, Montag, 20. März 1939
9.00 Uhr in der Stiftskirche [als] Subdiakon [assistiert]. Feierliches Josefs­amt und Absolution ad tumbam [Lossprechung an der Tumba] für Frau Constanze Dreis. – Kaplan [Albert] Heistrüvers zelebriert, Kaplan [Franz] Demers als Diakon dirigiert mich gut.[1]

[1] Es war ein Levitenamt und vermutlich Karl Leisners erster Dienst als Subdiakon.

Aus dem KZ Dachau schreibt Karl Leisner an den Apotheker Wilhelm Hendriksen[1], der ihn mit Medikamenten versorgt.

[1] Wilhelm Hendriksen (* 7.7.1878 in Kleve, † beim Luftan­griff auf Kleve 7.10.1944) – Kleve, Hagsche Str. 31, Löwen-Apotheke – Apotheker – Er spendete Medikamente für Karl Leisner während dessen Haft im KZ Dachau.

Freitag, 18. Juni 1943
Sehr verehrter, lieber Herr Hendriksen!
Gerade in der schönen öster­lichen Zeit war ich oft in Gedanken daheim in unse­rer schönen Heimat, von der ich nun schon vier Jahre fern bin. Besonders an die stillen und feierlichen Stunden in unserer herrlichen Stiftskirche denke ich in froher Erinnerung zurück. Wie gern möchte ich an Fronleichnam in unserer Stadt sein.

Da die Tagebücher Karl Leisners zu einem großen Teil in seiner Heimatstadt Kleve geschrieben wurden bzw. sich darauf beziehen, wird an dieser Stelle auf die unter der nachstehenden Internetadresse veröffentlichten Aufzeichnungen verwiesen.

Link zu den Tagebüchern

Die Beiträge zu den verschiedenen Erinnerungsstätten Karl Leisners in Kleve werden nach und nach veröffentlicht.

siehe bereits folgende Links

Link 1

Link 2

Link 3

Link 4

Link 5

Text und Fotos Christa Bockholt und IKLK-Archiv