Am 10. März 1988 beschloss der Rat der Gemeinde Kranenburg, im Ortsteil Nütterden für eine Straße in einem Neubaugebiet den Namen „Leisnerweg“. Die katholische Kirchengemeinde St. Antonius in Nütterden hatte den Vorschlag eingebracht, eine Straße nach Karl Leisner zu benennen. Am Leisnerweg wurden Einfamilienhäuser errichtet. Der Weg verbindet die Von-Galen-Straße mit dem Binnenfeld.
Nütterden grenzt westlich an Kleve und ist mit etwa 3.000 Einwohnern nach Kranenburg[1] der größte Ortsteil der Gemeinde. Die 1853 im neogotischen Stil erbaute St. Antonius-Kirche liegt unweit des Leisnerweges.
[1] Kranenburg liegt unmittelbar an der niederländischen Grenze. Die Gemeinde umfasst ca. 10.500 Einwohner. Der Name des mittelalterlichen Städtchens geht auf die vom Klever Grafen Dietrich VI. kurz nach 1225 errichtete Kranichenburg zurück. Heute ist Kranenburg u. a. ein wiederbelebter Wallfahrtsort zum Heiligen Kreuz. Große Teile des Gemeindegebietes sind unbesiedelte Naturlandschaft, im Süden der Reichswald und im Norden die Rheinniederung „Düffel“.
Karl Leisner wird mit Nütterden seinen Konabiturienten Gerd Siebers[1], der ein Jahr später als er in das Collegium Borromaeum in Münster eintrat, verbunden haben, aber auch die zahlreichen Erlebnisse, wenn die Jungen „auf Fahrt“ waren.
[1] Gerhard (Gerd) Siebers (* 7.11.1913 in Nütterden, † 17.6.1982) – Priesterweihe 19.3.1941 in Münster – Er wurde Priester, weil ihm seine Tante Christina Siebers außer dem Theologiestudium kein anderes finanziert hätte. Im Seligsprechungsprozeß für Karl Leisner hat er 1981 als Zeuge ausgesagt.
Kleve, Dienstag, 20. Juni 1933
7.50 bis 7.55 Uhr Latein vorbereitet (in der Schule weiter!) – 2. Stunde: Deutsch bei der Geit [Dr. Wilhelm Verleger]: Hand hoch! [zum Hitlergruß] Fast keiner! Ha, ha! Die alte Geit wird wütend. Sagt: Auf! und läßt uns strammstehen! Hm – Ha, ha! Gert Siebers macht – wie schon seit einigen Tagen – witzige Bemerkungen und wird von der Geit wütend angefaucht: „S., wenn Sie jetzt ihre d. B. [dummen Bemerkungen] nicht lassen, fliegen sie raus und brauchen sich bei mir nicht mehr im Unterricht sehn zu lassen“.
Abiturfoto der Abiturientia 1934 mit Oberstudiendirektor Dr. Karl Hofacker, der zum damaligen Zeitpunkt als Direktor abgesetzt war. Aber die gesamte Klasse hatte ihn zu diesem Foto gebeten.
obere Reihe v. l.: 1. Johann van Aken, 2. Josef Gerlings, 3. Hermann Mies,
mittlere Reihe v. l.: 4. Emil de Vries, 5. Hermann Ringsdorff, 6. Gerhard Tosses, 7. Karl Leisner, 8. Gerhard Siebers, 9. Johann van Lier, 10. Otto Andrae,
untere Reihe v. l.: 11. Lambert Michels, 12. Wilhelm Homrighausen, 13. Dr. Karl Hofacker, 14. Studienrat Dr. Josef Müller, 15. Paul Brückner, 16. Edmund van Fonderen
Kleve, Donnerstag, 2. August 1934
Gegen 8.00 Uhr aufs Rad (Papas feine Fitz, hm!); im „besten Staat“ [Feiertagskleidung] nach Nütterden zur Beerdigung von Gerd Siebers’ Vater (Michael S.). – Bei Jan van Lier zu Hause [heute Lindenstr. 3] stelle ich die Fitz unter und dann geht’s zum Trauerhaus [heute Provinzialstr. 4]. Ich kondoliere Gerd und den andern Verwandten. Gerd ist erfreut, daß wenigstens einer von seinen Klassenkameraden da ist. (Im November [1932] haben wir gemeinsam seine liebe Mutter beerdigt.) – Gerd bittet mich, bei der Beerdigung den „Pressephotographen“ zu spielen. Ich nehme dankend an und knipse. (Die Bilder sind gut geworden, wie ich festgestellt habe, nachträglich.) – Nachher feierliches Requiem. (Pfarrer [Johann] Jenster – ein Ia feiner Pastor! – hält es: Seine Stimme ist allerdings durch Krankheit martialisch.)
Anschließend unterhalten wir (Gerd, August Berson aus Frasselt und ich) uns. August ist jetzt am Bürgermeisteramt in Hau. Er weiß allerlei Interessantes in puncto ind. cathae [indices catholicae – Anzeigen gegen Katholiken] zu berichten. Diese „Schweinebande“! (Man verzeihe den Ausdruck!)
Aber il duce [den Führer Adolf Hitler] hält August für ehrlich. – Na, jeder muß es selbst wissen. Je ne sais rien, totalement rien! Et croire? Rien! Je crois à Dieu! [Ich weiß nichts, überhaupt nichts! Und glauben? Nichts! Ich glaube an Gott!] – Dann gibt’s Leichenschmaus.
Kleve, Dienstag, 14. August 1934
Unser großes Jungenlager in Groesbeek
So beginnen wir unser Jungenlager mit frohem Gotteslob in unserer Pfarrkirche Mariä Himmelfahrt [Stiftskirche] am Vigiltag des Patronatsfestes. […] Wir bitten dann zum Schluß im kirchlichen Reisegebet um gute Fahrt und gutes Gelingen. Mit Gott! Jubelnd schallt’s dann aus 50 Jungenkehlen Gott zur Ehre: „Lobt froh den Herrn, ihr jugendlichen Chöre!“ […] Heijo, uns hält nichts mehr. Gruft runter – Tiergarten – Donsbrüggen – Nütterden: Hochstimmung. Vor Wyler gleich „över de Pöhl“ [über die Grenze] auf nach Groesbeek!
Im KZ Dachau erfährt Karl Leisner von der Priesterweihe seines Konabiturienten Gerd Siebers am 19. März 1941 in Münster.
Karl Leisner aus Dachau am 21. März 1941 an seine Familie in Kleve:
Am Sonntag feiern unsere Neugeweihten [u. a. Gerd Siebers aus Nütterden und Josef Schürig aus Bottrop] Primiz.
Karl Leisner aus Dachau am 6. April 1941 an seine Familie in Kleve:
Auch an Gerd [Siebers] in Nütterden noch besonderen Wunsch und Gruß [zur Priesterweihe und Primiz].
Karl Leisner aus Dachau am 19. März 1942 an seine Familie in Kleve:
Herzliche Osterwünsche und -grüße allen Verwandten und Bekannten – besonders allen lieben Mitbrüdern daheim und Gerd Siebers! Aus allzeit bereitem, frohen Herzen! Euer Karl
Impressionen zum Leisnerweg
Der aus Nütterden stammende Künstler Dieter von Levetzow hat durch seine Bronzeplastiken und Reliefs mit der Darstellung der Priesterweihe Karl Leisner im In- und Ausland bekannt gemacht.
Link zu Dieter von Levetzow
Text und Fotos Christa Bockholt und IKLK-Archiv