Wie die anderen Schönstattgruppen im KZ Dachau – insgesamt sind die Medaillen von sieben Gruppen bekannt –, so hat gegen Ende der KZ-Zeit 1945 auch die Gruppe „Victor in vinculis (Mariae)“ eine Medaille entworfen. Solche Medaillen aus Silber wurden von zwei polnischen Graveuren durch die Vermittlung des polnischen Priesters Boleslaw Burian[1] angefertigt.
[1] Boleslaw Burian (* 26.9.1906 in Wreschen/Września/ PL, † 16.2.1958) – Priesterweihe 16.6.1929 in Gnesen/Gniezno/PL – Er kam am 16.8.1940 ins KZ Buchenwald, am 8.12.1940 ins KZ Dachau und wurde am 29.4.1945 befreit.
Die Silbermedaille der Gruppe „Victor in vinculis (Mariae)“ im KZ Dachau zeigt mit Ketten gefesselte Hände, die sich nach oben strecken. Darüber erhebt sich eine Krone, darunter erscheinen die Buchstaben MTA, wobei das T zugleich ein Schwert und ein Kreuz darstellt. Die andere Seite zeigt ein Kreuz und die Daten: 12.9.1943 (Beginn des Gruppennoviziates) und 8.12.1944 (Gruppenweihe in der Lagerkapelle des KZ Dachau).
Dasselbe Motiv findet sich auch auf dem dritten Primizbild von Karl Leisner. Seine Schönstattgruppe „Victor in vinculis“ hat in sieben Exemplaren[1] ein Andenken an seine Priesterweihe und Primiz angefertigt.
[1] Hermann Richarz aus Altenrath am 11.1.1946 an Heinrich Tenhumberg in Freckenhorst:
[da er unserem Gruppenideal zustimmte,] hat er auch mit Freuden die Primizbildchen, die wir gemacht hatten, und die unser Ideal im Bilde zeigten – es waren insgesamt sieben Stück – selbst unterschrieben.
Kopien der Primizbildchen für Heinz Dresbach und Hermann Dümig befinden sich im IKLK-Archiv. Die Originale und eine Kopie des Primizbildchens für Hermann Richarz, das Original befindet sich bei dessen Verwandten, hat Hermann Gebert.
Weitere Primizbildchen müßten an Robert Pruszkowski und Hans Rindermann gegangen sein, eines vermutlich auch an P. Joseph Kentenich SAC.
Hermann Gebert am 24. März 1996 an Hans-Karl Seeger:
Im Nachlaß von Heinz [Dresbach] fand ich dieses Gedicht über „Victor in vinculis Mariae“. Ich habe es heute zum erstenmal gelesen, obwohl ich es schon oft in Händen hatte. Mein Eindruck ist, daß dieses Gedicht von Pater Kentenich stammt. Leider hat Heinz weder Datum noch sonstige Bemerkungen dazugeschrieben. Es muß im Lager entstanden sein. Denn nachher hatte P. Kentenich nicht mehr die Zeit zum dichten. Es bezieht sich auf die symbolische Darstellung des Gruppenideals, wie sie auf den 7 Primizbildern der Gruppe und später auf der Medaille zu finden ist.
Deutung des Symbols der Gruppe Victor in vinculis Mariae
Victor in vinculis Mariae
1. Was wir in Worten jetzt vernommen,
symbolisch hat im Bild Gestalt bekommen.
Das Bild wir graben ein in unser Herz,
daß es uns Anporn werd’ in Freud und Schmerz.
2. An unsern Hanaen wir die Banden tragen,
in die der böse Feind uns möchte schlagen.
In ihnen gingen elend wir zu Grund,
wenn nicht uns Hilfe käm’ zur rechten Stund’.
3. Zur Mta, daß sie sich zu uns wende,
wir heben darum flehend unsere Hände,
nicht müde, kraftlos, sondern kampfbereit,
hingebend, opfermutig, jederzeit.
4. Wir wagen nicht den Kampf allein zu flihren,
des Herren Beistand unsern Mut muß schüren.
Vertrauensvoll schaun wir zur Mutter auf,
daß sie ergreifen mög des Schwertes Knauf.
5. Als Instrumente soll sie uns benutzen,
die ganze Welt vor Satan zu beschützen,
sie soll das Schwert uns geben in die Hand,
und mit uns kämpfen stets in Stadt und Land.
6. Wenn Christus und Maria mit uns kämpfen,
dann können wir die stärksten Feinde dämpfen.
Dreifach der Kampf und dreifach (auch) der Sieg,
den wir durch sie erringen sicherlich.
7. Nun brauchen wir nicht mutlos mehr zu zagen,
ob wir den heißen Kampf auch könnten wagen,
der dreifach Kampf wird jetzt zu dritt geführt,
im Knauf ist drum das „3x“[1] eingraviert.
8. Die Fesseln warn bisher nur Satansketten,
nun soll’n sie dienen uns die Welt zu retten.
Maria schlägt sie mit dem Schwert entzwei,
daß wir mit ihr verbänden uns ganz frei.
9. Im Bilde ist die Kett’ noch nicht zerschlagen.
Das sagt: Noch ist der Kampf nicht ausgetragen.
Noch wüten Satans Mächte in der Welt,
sie abzuwehren stark sind wir bestellt.
10. Die Hände, die sich heben schlicht nah oben,
dem Heiland und Maria fest geloben:
„Ich möchte gern als willig Instrument
mich geben ganz und stets in eure Händ’.“
11. Hoch über uns schwebt Christi Siegeskrone,
die jedem tapfren Kämpfer wird zum Lohne.
So spricht ja Gott: „Sei bis zum Tod getreu,
und ich die Kron’ des Lebens dir verleih.“
12. Mit Jesus und Maria Victor werden,
ist unser Ziel im Lebensweg auf Erden,
In Fesseln hier Inscriptioweg’ wir gehn,
daß (siegreich) einst an Gottes Thron wir stehn.
[1] Dreimal Wunderbare Mutter
Heinz Dresbach[2]:
Die Gruppe, zu der Karl Leisner gehörte, wurde von Pfr. Richarz[3] geführt, die hatte in der Zwischenzeit auch ihr Gruppenideal gefunden: Victor in vinculis. Das paßte ja sehr schön für die Dachauer Situation. Und Karl Leisner hat dann auch das Symbol der Gruppe, das sie sich später auch haben auf Medaillen machen lassen, auf sein Primizbildchen genommen. Ein paar Priester haben ihm einige Primizbildchen gezeichnet mit diesem Symbol und er hat auf der Rückseite handgeschrieben eine Widmung darauf …….. denn drucken lassen konnten wir die Bildchen nicht im Lager, wenn man auch sonst allerhand organisieren konnte. Und es war für uns auch viel wertvoller, von Karl, denn man wußte, er wurde nicht mehr gesund, wenn nicht ein Wunder geschieht.[4]
[2] Schönstattpriester Prälat Heinrich (Heinz) Maria Dresbach (* 25.11.1911 in Köln, † 5.7.1993 in Simmern/Ww.) – Priesterweihe 23.2.1939 – Er kam wegen Äußerungen gegen Heinrich Himmler und die SS am 29.8.1941 ins KZ Dachau. Dort war er enger Mitarbeiter von P. Joseph Kentenich SAC. Außerdem war er der erste Gruppenführer der KZ-Schönstattgruppe „Victor in vinculis (Mariae)“. Am 5.4.1945 wurde er aus dem KZ Dachau entlassen. Im Seligsprechungsprozeß für Karl Leisner hat er 1981 als Zeuge ausgesagt.
[3] Schönstattpriester Hermann Richarz (* 30.1.1907 in Köln, † 15.7.1985) – Priesterweihe 24.2.1933 in Köln – Er kam wegen Sabotage der NS-Jugenderziehung am 28.12.1942 ins KZ Dachau und wurde am 29.3.1945 entlassen. Im KZ schloß er sich der Schönstattgruppe von Heinz Dresbach an. Er war der letzte Gruppenführer der Schönstattgruppe „Victor in vinculis (Mariae)“ im KZ Dachau. Im Seligsprechungsprozeß für Karl Leisner hat er 1981 als Zeuge ausgesagt.
[4] Dresbach, Heinrich: Unsere Dachauzeit. Tonbandaufnahme von Vorträgen vor Theologiestudenten 1954, (Typoskript): 36f.
Der Gruppenführer Hermann Richarz sandte die Medaille der Gruppe „Victor in vinculis (Mariae)“ als Pfarrektor in Altenrath über Lohmar bei Siegburg am 30. September 1945 an Familie Wilhelm Leisner in Kleve am Niederrhein. Der Brief mit der Medaille samt abgegriffenem Umschlag wurde 1967 im Nachlaß des KZ-Priesters Josef Helmus[1] gefunden und an Prälat Josef Schmitz[2] in der Marienau[3] in Schönstatt übergeben. Prälat Schmitz sandte diese Nachlaßsache mit Schreiben vom 23. Juni 1967 an Weihbischof Heinrich Tenhumberg und bemerkte: „Vermutlich sollte er [Pastor Josef Helmus] seinerzeit den Brief mit der Medaille an die Eltern weitergeben.“ Weihbischof Tenhumberg sandte Brief und Medaille mit Schreiben vom 3. Juli 1967 an Frau Amalia Leisner in Kleve.
[1] Josef Helmus (* 19.4.1886 in Wetten, † 11.11.1966) – Priesterweihe 10.11.1911 in Münster – Er kam wegen Sabotage des Arbeitsprozesses am 18.12.1942 ins KZ Dachau und wurde am 5.4. 1945 entlassen.
[2] Schönstattpriester Prälat Josef Schmitz (* 15.2.1900 in Duisburg, † 12.5.1986) – Priesterweihe 27.2.1926 in Münster – Religionslehrer in Goch 1928–1932 – Bundespräses der Schönstattpriester 1952 – Leiter des Exerzitienwerkes des Bistums Münster 1963
[3] Ende 1950 erwarben die Schönstattpriester aller drei Gemeinschaften (Verband, Bund, Liga) in Schönstatt Haus Marienau von den Steyler Anbetungsschwestern, die zuvor jahrelang Besitzer waren. 1951 zog Rudolf Klein-Arkenau in die Marienau um. Joseph Schmitz kam 1952 aus Münster dazu. Heute gehört die Marienau dem Priesterbund.
Hermann Richarz aus Düsseldorf am 30. September 1945 an Familie Wilhelm Leisner in Kleve:
Sehr geehrte Familie Leisner!
Wie mir berichtet wurde, hat der Herr Ihren lieben Sohn und Bruder Karl zu sich in sein Reich des Friedens hinübergeholt. Mit Ihnen empfinde ich den Schmerz, der Sie nun bedrückt, weiß ich doch, wie die Eltern sich danach gesehnt haben, ihren Sohn nach so langen Jahren und so vielen furchtbaren Leiden wieder unter sich zu haben. Für Sie aber muß es doppelt hart gewesen sein. Denn Sie haben in den wunderbaren Gnadenstunden Ihres Sohnes nicht dabei sein können, haben ihn nie am Altare stehen sehen. Doch danken wir Gott, daß er Ihnen wenigstens noch den Primizsegen hat geben dürfen. Ich halte Karl stets in gutem Gedächtnis. Ich habe ihn erst in Dachau kennengelernt und zwar, als er schon schwer krank war. Bewundert habe ich Karl, weil er trotz seines doppelten Leides doch immer noch so froh und heiter war und ein so felsenfestes Gottvertrauen hatte. […]
Karl gehörte in Dachau zu einer Schönstattgruppe, die sich zum Ideal gesetzt hat: „Victor in vinculis Mariae“. Wir haben in Dachau eine Medaille anfertigen lassen, die unser Ideal symbolhaft ausdrückt. Die Medaille ist erst fertig geworden, nachdem ich und die anderen Mitglieder der Gruppe bereits entlassen waren, ist dann von den Amerikanern beschlagnahmt worden, nachdem sie einem Zivilangestellten [Michael Siegert[1]] das Leben gerettet hatte. Eine dieser Medaillen gehört Karl. Ich sende sie Ihnen hiermit zu, Sie werden sie sicher als heiliges Andenken aufbewahren. Für uns aber bedeutet die Zusendung, daß Karl auch in der Ewigkeit einer der Unsrigen ist und uns nicht vergißt, sondern ein starker Fürbitter am Gnadenthron Gottes sein wird. Er ist ja der erste aus uns, der schon Sieger im wahrsten Sinn des Wortes geworden ist, der also schon die Siegeskrone des Weltenheilandes erlangt hat. Wir müssen noch im irdischen Leben kämpfen, um die Fesseln des Satans zu durchschlagen, wir bedürfen noch der starken Hilfe der Mta, d. i. [das ist] die Dreimal Wunderbare Mutter von Schönstatt, wir müssen noch ringend und opfernd und betend unsere Hände zum Himmel erheben. Karl aber steht über allem. Darum laßt uns nicht traurig sein, wenn er von uns ging, sondern vielmehr uns freuen; denn es ging ein Heiliger von uns. Nehmen Sie daher die Medaille als Symbol unserer Liebe zu Karl und Karls Treue zu uns. Der Herr hat ihm vergolten, was er auf Erden gelitten und geschafft hat.
Es grüßt Sie, auch im Auftrag der „Viktorgruppe von Schönstatt“
Hermann Richarz, Pfarrektor in Altenrath über Lohmar bei Siegburg
[1] Michael Siegert (* ?, katholisch getauft, † ?) – als SS-Angestellter Verwalter in der Plantage im KZ Dachau – wohnhaft in Hebertshausen bei Dachau – Er stand ganz und gar zu den Häftlingen; u. a. besorgte er Schwarzpost, was ihm bei der Befreiung des KZ durch die Amerikaner das Leben gerettet hat.
Der letzte Abschnitt des Briefes ist offensichtlich eine Erklärung des auf der Medaille dargestellten Symbols.
MSGR. JOSEPH SCHMITZ – VALLENDAR, 23.6.1967, MARIENAU
Lieber Heinrich!
Staune nicht über den abgegriffenen Umschlag des beiliegenden Briefes. Es handelt sich um folgendes: Einer unserer Mitbrüder brachte mir diesen Brief, der sich gefunden hat im Nachlaß von Pastor Helmus, der vor kurzem in Gladbeck gestorben ist. Vermutlich sollte er seinerzeit den Brief mit der Medaille an die Eltern weitergeben. Es handelt sich um die in Dachau geprägte kleine Medaille der Victor in vinculis-Gruppe. Die Zusammenhänge gehen aus dem beiliegenden Brief hervor. Es ist sicher ein wertvolles Gedenkstück. Die Frage ist jetzt: wo soll dieses Stück bleiben, soll es der Mutter zugestellt werden, an die ja der Brief gerichtet ist, oder will Euere Gruppe sie als Andenken aufbewahren?
„Einen einzigen haben wir retten können, es war der Kommandoführer von der Plantage, der immer anständig gegen die Häftlinge war.“ (Stimmen von Dachau Nr. 9, September 1947: 31)
Heinrich Tenhumberg sandte Juli 1967 Brief und Medaille an Mutter Leisner in Kleve.
Liebe Mutter Leisner!
Am vergangenen Samstag bekam ich von Prälat Joseph Schmitz hier in Münster die in der Anlage beigefügte Medaille mit einem Begleitbrief von Pfarrer Richarz, der mit Karl seinerzeit in Dachau war. Dieser Pfarrer Richarz hat, wie aus dem Brief hervorgeht, die Medaille nach Kleve besorgen sollen und sie deshalb einem Pfarrer Helmus, der inzwischen verstorben ist, mitgegeben. Dieser muß aber den Brief und die Medaille wohl ganz übersehen oder verloren haben. Jedenfalls wurde sie erst in dessen Nachlaß (und zwar vor wenigen Wochen) wiedergefunden und dann Msgr. Joseph Schmitz übergeben. So kommen Brief und Medaille zwar sehr spät erst in Ihre Hände, aber es wird Ihnen doch eine Freude sein, dieses Zeichen von Karl nun in Händen zu haben.
Hoffentlich wird Karls Grab in Xanten jetzt oft nicht nur von neugierigen Touristen, sondern vor allen Dingen auch von Betern besucht. Jedenfalls freue ich mich, daß er nun in der Krypta des schönsten niederrheinischen Domes ruht.
Der Brief der Familie Leisner vom 14. Juli 1967 an Heinrich Tenhumberg zeigt die Freude über die wiederentdeckte Silbermedaille.
Maria Leisner:
Ja, Deine Arbeit erfordert viel Kraft in jeder Weise. Desto mehr staunen wir, daß Du dann trotzdem so Dinge, wie jetzt den Brief mit der Medaille, besorgst. Mutter und wir alle haben uns sehr darüber gefreut, und wir danken Dir herzlich dafür.
Mutter Amalia Leisner:
Über die Medaille haben wir uns sehr gefreut, und sie ist uns eine Erinnerung an Karl’s Dachauer Zeit.
Paula Leisner:
Ganz herzlichen Dank für Deinen lieben Brief und die Zusendung der Medaille. Unsere kleine Nichte Maria[1] (13 Jahre) erbat sie sich schon gleich und wunderte sich fast, daß Oma [Amalie Leisner] ihr sie nicht schenken wollte. Dann hat sie als „Souvenir“ wenigstens den vergilbten Briefumschlag bekommen und zog glücklich damit ab.
[1] Tochter von Wilhelm und Elisabeth Haas, geborene Leisner. Maria Haas ist am 7.5.1954 geboren.
Die Rettung des Zivilangestellten Michael Siegert bezieht sich vermutlich auf folgende Begebenheit aus der „Dachau-Chronik“ von P. Josef Fischer SAC[1]:
8. Mai 1945.
Am Abend kommt ein polnischer Priester ins Lager zurück, namens Schima [Robert Szyma[2]]. Er war in der Plantage Schreiber. Ich war beim SS-Angestellten Siegert, weiß er zu erzählen. Herr Siegert, der Verwalter in der Plantage, war ja etwa zwei Jahre unser Mittelsmann von Schwarzpost[3]. Er hat sie treu ins Lager und aus dem Lager herausbefördert. Nun gibt er ein Lebenszeichen und Grüße durch den polnischen Priester an uns Schönstätter und läßt sagen, die Amerikaner hätten ihn erschießen wollen. Da konnte er ihnen die letzte Sendung unserer schriftlichen Sachen, – die Schwarzpost –, zum Beweis übergeben, daß er viel für die Häftlinge in Dachau getan habe. Dadurch sei ihm das Leben gerettet worden. Was in diesem letzten Päckchen von uns [Schönstättern] noch war, weiß ich nicht mehr.[4]
[1] Pater Josef Simon Fischer SAC, Deckname im KZ: Simon (* 5.12.1904 in Eberbach im Rheingau, † 13.6.1978 in Koblenz-Pfaffendorf) – Gymnasiast in Limburg, Neuwied u. Schönstatt – Eintritt ins Noviziat der norddeutschen Pallottiner 1923 – Priesterweihe 2.7. 1929 in Limburg – Kaplan im Bistum Limburg 1930–1932 – Jungmännerseelsorger im Bistum Limburg 1932–1933 – Tätigkeit in Schönstatt 1933–1940 – Er wurde am 1.3.1940 zum ersten Mal von der Gestapo verhaftet, aufgrund von Differenzen mit der HJ am 18.4. 1941 erneut verhaftet und am 6.6.1941 ins KZ Dachau eingeliefert. Dort war er enger Mitarbeiter von P. Joseph Kentenich SAC. Am 29.4.1945 wurde er befreit. Ab 1961 war er Priester im Bistum Fulda. 1966 trat er dem Säkularinstitut der Schönstattpatres bei.
[2] Robert Szyma (* 24.10.1914 in Kattowitz/Katowice/PL, † 30.4.1995 in Wheat Ridge/Colorado/USA) – Priesterweihe 25.6.1939 in Katowice – Er kam am 26.8.1940 ins KZ Sachsenhausen, am 14.12.1940 ins KZ Dachau und wurde am 29.4.1945 befreit. Anschließend hielt er sich in Linz auf und arbeitete als Seelsorger für die Polen in Deutschland. 1950 ging er in die USA. Dort wurde er am 19.8.1981 emeritiert.
[3] Neben den Terminbriefen gab es im KZ sog. Schwarzbriefe – Schwarzpost, die aus dem Lager geschmuggelt und auf ein normales Postamt gegeben oder durch Mittler überbracht wurden. In solchen Briefen wurden die verdeckten Ausdrücke aus den Terminbriefen geklärt. Erreichten die Schwarzbriefe ihr Ziel und waren gelesen, wurden sie in der Regel sofort verbrannt. Den Geistlichen, welchen es gelungen war, geeignete Bibelstellen oder Liederverse zur Kennzeichnung ihrer Lage anzuführen, wurde, nachdem die SS dies durchschaut hatte, strengstens untersagt, Bibel und Gesangbuch auf solche Weise zu verwenden.
[4] Fischer, Josef: Dokumentation über den Gründer Schönstatts [P. Joseph Kentenich SAC] und die Schönstattgemeinschaften im KZ Dachau 1941–1945, 3 Bde., (Typoskript um 1964, Kopie; Original im Priesterhaus Berg Moriah, Simmern Ww.) 1964 Bd. III: 163 (zit. Fischer 1964 Bd.)
Hermann Dümig:
Eine Schönstattpriestergruppe, darunter Neupriester Leisner, ließ sich durch seine [SS-Verwalter Michael Siegert] Vermittlung von einem Dachauer Geschäft Medaillons mit dem Bild der Gottesmutter[1] auf der einen und gefesselten Händen auf der anderen Seite fertigen. Ein Teil der Bestellung, auch mein Exemplar, wurde bald geliefert. Als die Amis eingerückt waren und das Lager besetzt hatten, gerieten sie in Zorn und Wut über die unmenschlichen Zustände im Lager und besonders über die vielen Totengerippe in den Eisenbahnwaggons am Bahnhof. Sie schossen daher jeden SS-Mann nieder, der ihnen in den Weg trat. Die Schlimmsten hatten freilich beizeiten das Weite gesucht. Als sie unsern Helfer [Michael Siegert] auf der Plantage[2] erwischten, trug er in seiner Tasche die restlichen Medaillons. Sie stutzten und fragten, woher sie stammten. Er gab Auskunft und die herbeigerufenen Mitbrüder bezeugten seine Angaben. So blieb ihm zum Dank das Leben erhalten.[3]
[1] Das Bild der Gottesmutter ist nicht auf der Medaille. Hermann Dümig hatte seine Medaille verschenkt und schrieb nur aus der Erinnerung.
[2] Die Plantage war 1938/1939 auf Veranlassung des Reichsführers Heinrich Himmler als Heilkräuterkultur angelegt worden. „Deutsche Versuchsanstalt für Ernährung und Verpflegung“ war die offizielle Bezeichnung. In ihr arbeiteten viele Kommandos, 12 Capos und 25 Untercapos besorgten die Aufsicht und die Arbeitszuweisung.
[3] Dümig, Hermann: Wie ich den nationalen Sozialismus erlebte. Erinnerungen aus Deutschlands dunkelster Zeitepoche, Faulbach 1966/67, (Typoskript): 57f.
Josef Fischer:
8.5.1945.
Heute abend kommt ein polnischer Priester Schima [Robert Szyma]. Er ist in der Plantage Schreiber. Er erzählt mir: Ich war beim SS-Angestellten [Michael] Siegert, der uns etwa zwei Jahre die Post herein- und herausbefördert hatte. Er läßt schön grüßen. Die Amerikaner hätten ihn erschießen wollen. Da hätte er ihnen die letzte Sendung unserer schriftlichen Sachen zum Beweis übergeben, daß er viel für die Häftlinge in Dachau getan habe. Das hätte ihm das Leben gerettet.[1]
[1] Fischer 1964 Bd. III.: 163