Münchener Pfarrbrief erwähnt Karl Leisners Seligsprechung vor 25 Jahren

Artikel von Hans-Karl Seeger

                St. Quirin                                                     St. Michael

Quelle der Fotos: Klaus Bichlmayer

 

Klaus-Peter Götz schrieb den Artikel zu Karl Leisner.

Im Pfarrbrief steht er auf den Seiten 24 bis 26.

Glaubenszeuge

Karl Leisner

Wenn Pater Joseph Chechott bei uns die Messe liest, erwähnt er im Hochgebet immer den Seligen Karl Leisner. Vielleicht haben Sie sich dann auch schon mal gefragt: Wer ist denn das?

Als er am 28. Februar 1915 in Rees, einer Kleinstadt am Niederrhein im Kreis Kleve, zur Welt kam, war der Erste Weltkrieg entbrannt. Karl Leisners Vater Wilhelm diente in einem Reserve-Infanterie-Regiment an der Ostfront. Er wurde mehrmals verwun­det und immer wieder versetzt. Die Mutter Amalie Leisner zog deshalb einige Male um, damit die Familie räumlich nicht so weit verstreut war. Erst nach Kriegsende kehrte die Familie Leisner, zu der inzwischen noch ein Bruder und eine Schwester Karls gehörten, nach Rees zurück. Bis 1923 vergrößerten zwei jüngere Schwestern die Kinderschar.

Karl kam im April 1921 in Rees in die katholische Volksschule. Doch schon im Laufe seines ersten Schuljahres stand ein neuer Wohnortwechsel an, weil der Vater in Kleve Arbeit gefunden hatte. Nach vier Jahren Volksschule trat Karl in das Staatliche Gymnasium Kleve ein, wo er dann nach neun Jahren sein Abitur ablegte. In der Quinta, nach heutiger Zählweise als Sechstklässler, bekam er einen Religionslehrer, der ihn tief beeindruckte und für die katholische Jugendbewegung gewinnen konnte. Mit noch nicht ganz 12 Jahren wurde Karl Mitglied und Schriftführer der Jungkreuz-bundgruppe St. Werner. Im „Katholischen Wandervogel“ engagierte er sich als Grup-penführer. Vier Tage vor seinem Abitur im März 1934 wurde er Bezirksjungscharfüh-rer. Er trat das Amt schon einen Monat später an seinen Bruder ab, weil er sich zum Studium der Theologie in Münster entschieden hatte.

Kampf zwischen Entscheidung und Zweifel

Seine erste Jugendliebe galt Martha Retzlaff. Sie, etwas älter als er, wohnte in seinem Elternhaus in Untermiete. „Es muß an einem November- oder Dezembertag gewesen sein, da endlich nach langem Schweigen die große Liebe zu ihr durch-brach“, schrieb Leisner in sein Tagebuch. Der Eintrag „Christus – Du bist meine Lei-denschaft“ vom 1.5.1934 offenbart seinen Entschluss zu einem zölibatären Leben, den er aber immer wieder in Zweifel zog. Er begann, in Münster Theologie zu studieren. 1936 wechselte er für zwei Semester an die Universität Freiburg im Breisgau. In Freiburg lernte er Elisabeth Ruby kennen, die älteste Tochter seiner Hauswirtsfamilie. Sie war nur einen Monat älter als er und pflegte ihn, während ihn eine Mittelohrentzündung ans Bett fesselte. Die beiden verliebten sich ineinander. Nach langem innerem Kampf entschieden sie sich für einen Lebensweg, auf dem sie einander in Freundschaft verbunden blieben. Doch Leisner blieb hin und her gerissen. Ihm schwebte eine Lösung seines Konfliktes vor, bei der er sowohl Priester als auch Familienvater sein könnte. Noch im Januar 1939 klagte er in seinem Tagebuch: „Weshalb (…) soll ich auf das größte Gut der Natur, die heilige Gemein­schaft zwischen Mann und Weib [verzichten], die Du selbst im Paradies zur Freude füreinander geschaffen und zum lebensspendenden Bund?“

Ostern 1937 musste Karl Leisner sich zum Reichsarbeitsdienst stellen. Beim Torf-stechen im Emsland zog er sich eine schwere, bleibende Lungenschädigung zu. An-fang April 1938 trat er ins Priesterseminar in Münster ein. Im März 1939 weihte ihn der Münsteraner Bischof Clemens August Graf von Galen zum Diakon. Drei Monate später begann er einen mehrmonatigen Sanatoriumsaufenthalt in Sankt Blasien im Schwarzwald, um sich von seiner Lungentuberkulose zu kurieren. Dort erfuhr er vom misslungenen Bombenattentat am 8.11.1939 auf Hitler im Bürgerbräukeller. Karl Leisners Kommentar „Schade!“ wurde der Polizei denunziert. Er saß in verschiede-nen Gefängnissen ein, bis er am 14.12.1940 als Schutzhäftling Nr. 22356 im KZ Dachau landete.

Segne, Höchster, auch meine Feinde

Zwangsarbeit und unmenschliche Behandlung schwächten ihn immer mehr. Nach einer Lungenblutung brach die Tuberkulose erneut aus. Im September 1944 verleg­ten die Nazis den Bischof Gabriel Piguet von Clermont-Ferrand zusammen mit ande­ren französischen Widerstandskämpfern in das KZ Dachau. Unter größter Geheim­hal­tung wurde von den im Priesterblock Inhaftierten Karl Leisners Priesterweihe vorbereitet. Die Ortsbischöfe von Münster und München und Freising, von Galen und Faulhaber, erteilten die Erlaubnis zur Weihe. Die Kandidatin Josefa Mack der Frei­singer Armen Schwestern schmuggelte unter Lebensgefahr Briefe und die zur Weihe benötigten liturgischen Bücher, Chrisam und Stola ins Lager. Mithäftlinge stellten Ge­wänder und Bischofsinsignien her. Ein Zingulum für Karl Leisner hatte ihm Elisabeth Ruby schon im November 1939 nach St. Blasien gesandt. Am 17.12.1944, dem 3. Ad­ventssonntag Gaudete, ging Karl Leisners sehnlichster Wunsch in Erfüllung: Gabriel Piguet weihte ihn zum Priester. Der Kranke war derart schwach, dass er zur Feier in die Lagerkapelle hinein- und danach wieder herausgetragen werden musste. Seine Primiz am Stephanustag 1944 war seine erste und zugleich letzte Messe.

Am 29.4.1945 befreiten die Amerikaner das KZ. „Endlich frei von der verdammten Nazityrannei“ notierte Leisner in seinem Tagebuch. Bettlägrig wurde er in das Wald­sa­na­torium Planegg gebracht. Dort verbrachte er im Zimmer 76, das seither zu sei­nem Andenken nahezu unverändert blieb, seine letzten Tage. Beim Besuch seiner Mutter und seiner Schwestern konnte er noch einmal den geliebten heimischen Dialekt hören und sprechen. Sein letzter Tagebucheintrag, datiert vom 25. Juli 1945, zeugt von seiner inneren Größe: „Segne, Höchster, auch meine Feinde.“ Wenige Tage nach Leisners Tod am 12. August 1945 schrieb Bischof von Galen dessen Eltern: „Sie haben dem Himmel einen Heiligen geschenkt!“

Zunächst in Kleve bestattet, wurde er 1966 umgebettet in die Märtyrerkrypta des Xantener Domes. Papst Johannes Paul II. sprach ihn 1996 selig. Der 1997 eröffnete Prozess seiner Heiligsprechung konnte nicht abgeschlossen werden, die ihm zu-geschriebene Heilung einer Krebserkrankung hat sich als nicht anhaltend erwiesen. Die Katholische Kirche hat Karl Leisner ins deutsche Martyriologikum des 20. Jahr-hunderts aufgenommen. Sein Gedenktag wird am 12. August gefeiert.

Quelle der Fotos: Klaus-Peter Götz

Pfarrbrief

* * * * *

Bayern mit München war für Familie Leisner kein unbekanntes Land

Samstag, 1. August 1914
Beginn des Ersten Weltkrieges

Montag, 3. August 1914
Wilhelm Leisner wurde als überzähliger Offiziersstellvertreter[1] eingezogen. Am 3. Au­gust 1914 rückte er beim Infanterie-Leib-Re­giment in München ein und wurde dem Brigade-Ersatz­bataillon Nr. 1 zugeteilt, mit dem er am 16. August 1914 in den Vogesen eingesetzt wurde.[2]

Willi Leisner aus Berlin am 26. April 2000 an Hans-Karl Seeger:
Vaters Bruder Hans wünschte, Vater solle die Offizierslauf­bahn ein­schlagen. Das wollte Vater aber nicht. Er wollte auch nicht nach Berlin. Da er Gardemaß hatte[3] und seine Mutter [Anna Henrich] aus Lauter­ecken in der Rhein­pfalz stammte, hat er sich in München beim Infanterie-Leib-Regiment be­worben.

Vater Wilhelm Leisner:
In dem Alter, in dem Sie[, Jung-KKVer,] heute stehen, verdiente ich als junger Aktuar 116,66 [Reichs-]Mark, und wenn dann das Kostgeld (65,00 Mark) und vielleicht 20,00 Mark als Abschlagzahlung für einen Anzug bezahlt war, dann war am 3. des Monats nicht mehr viel da.
1914 – drei Monate verheiratet – ging es aus den Flitterwochen hinaus in den Krieg. 1917 – nach meiner vierten Verwundung bzw. Erkrankung – kam ich als Ba­taillons-Adjutant des Gebirgsinfanterieregiments, Erstes Bataillon, nach Im­menstadt ins Allgäu. Und am Schluß des Krieges zogen wir noch – als die Österreicher abfielen[4] – gegen die Italiener zum Fern­paß bei Reute, da brach die Revolution aus. Ich ritt mit unserem [Batail­lons­kommandeur] Major [Artur] Dessauer hinter dem Bataillon und da sagte er zu mir, er war Brauerei-Ingenieur im Zivilberuf, was soll ich anfan­gen? Ich sagte: „Herr Major, ich werde Schuhputzer in Köln oder Düssel­dorf.“[5]
[1]  Titel ohne „Planstelle“
[2]  s. Brief vom Kriegsarchiv, Bayerisches Hauptstaatsarchiv, aus München vom 4.6.1998 an Ludwig Obereisenbuchner in Martinszell
[3]  Mitglieder der Garde, Größe mindestens 1,70 m, nannte man in Preußen auch „Lange Kerls“.
[4] Ab 22.10.1918 kam es zu massiven Befehlsverweigerungen ungarischer und kroatischer Einheiten, zu denen sich bald Tschechen und Bosniaken gesellten. Österreich-Ungarn befand sich in Auflösung; weder die Regierung in Wien noch die in Budapest verfügte noch über Autorität in den Landesteilen, deren Bevöl­ke­rung einen eigenen Staat gründen wollte (s. URL http://de.wikipedia.org/wiki/ %C3%96österreich-Ungarns_Armee_im_Ersten_Weltkrieg – 10.10.2005).
[5] Leisner, Wilhelm – Vortrag vor Jung-KKV, (Manuskript) (zit. Leisner, Wilh. Jung-KKV)

Dienstag, 23. März 1915
Wilhelm Leisner erkrankte am Reichsackerkopf[1] an erfro­renen Füßen und befand sich vom 23. März bis 15. Mai 1915 im Reserve-Lazarett Colmar (Josef­schule). Vom 16. Mai bis 3. Juni 1915 war er dem in München liegen­den Ersatz-Bataillon des Infanterie-Leib-Regi­ments zugeteilt. Am 3. Juni 1915 kam er erneut mit dem Re­serve-Infante­rie-Regiment 18 ins Feld und wurde am 25. Juli 1915 bei der Pavillonhöhe bei Mühlbach verwun­det[2] – Oberarm und Magen- und Darmleiden – und war vom 26. Juli bis 24. August 1915 im Reserve-Lazarett in Neuss.[3] Dort besuchte ihn seine Frau Amalia mit Sohn Karl.[4]
[1] Julius Trumpp:
Am 20. März [1915] erfolgte die zweite Einnahme des Reichsackerkopfes durch die Brigade (Trumpp, Julius: Das K. B. [Königlich Bayerische] Reserve-Infanterie-Regiment. Erinnerungsblätter deutscher Regimenter. Bayerische Armee, Bd. 56, München 1928: 29f).
[2] Julius Trumpp:
Neuen Kämpfen entgegenzugehen war, als wir von den nördlichen Ausläufern der Karpathen zum zweiten Male dem Wasgenwalde [den Vogesen] zurollten, uns sicher. […]
Die Gefechtsstärke betrug damit 36 Offiziere und 1582 Mann. […] Am 15. Juli [1915] wurden wir in die Feldstellung vorgezogen. […] I./18 hatte die Stel­lun­gen vor Breitenbach am Engelberg-Krähenberg inne, der letzteren war die sogenannte Pavillonstellung vorgeschoben.
[…] Lt. d. R. [Leutnant der Reserve Wilhelm] Leisner, ebenfalls 3./18, fällt wenige Tage später ebenso durch Verwundung aus (Trumpp 1928: 53–56, Kapitel 3: Wieder in den Vogesen).
[3] s. Kriegsarchiv, Bayerisches Hauptstaatsarchiv (Personalakte OP 62494)
[4] Wilhelm Leisner schickte am 5.8.1915 ein Foto von Karl und Mutter Amalia Leisner als Feldpost­karte an seine Schwester Paula.

Mittwoch, 25. August 1915
Wilhelm Leisner kam zurück zum Reserve-Infanterie-Regiment Nr. 18 und wurde bis zum 22. November 1916 erneut dem in München liegenden Ersatz-Bataillon des Infanterie-Leib-Regiments zuge­teilt.[1]

Maria Leisner:
Früh kam Karl schon mit unserer Mutter nach München, um Vater zu be­su­chen, der als Leutnant im königlichen Schloß [Fürstenried bei Mün­chen] Wachdienst beim kranken König Ludwig II. [von Bayern – Otto I. von Bayern] halten mußte[2].[3]

Willi Leisner aus Berlin am 26. April 2000 an Hans-Karl Seeger:
Mein Vater löste in [Schloß] Fürstenried einen Bayern ab, der auf die Preußen nicht gut zu sprechen war. Der Bayer hat auf der Flucht eine blaue Bohne [Bleikugel] in den Hintern bekommen.
Als Wilhelm Leisner dem König [Otto I.] vorgestellt wurde, fragte dieser ihn: „Was sind Sie für ein Landsmann?“ „Rheinländer, Majestät“ war die Antwort; Preuße durfte er auf keinen Fall sagen. „Wie kommen Sie dann hierher?“ „Meine Mutter [Anna, geborene Henrich] ist Rheinpfälzerin und deshalb mache ich in München Dienst.“ Damit war das Gespräch zu Ende, während es mit dem nächsten Bayern länger dauerte.
Meine Mutter lebte mit uns beiden[4] in München [, Theresienstr. 45] bei einem Metzger in Lo­gie.[5]

Willi Leisner aus Berlin am 16. Januar 1944 an Franziska Sauer im Spessart:
Meiner Mutter ist die bayrische Küche durch die Weltkriegsjahre in Mün­chen und Immenstadt nicht unbekannt.

Dienstag, 31. August 1915
Am 31. August 1915 erhielt Wilhelm Leisner den bayerischen Militär-Ver­dienstorden 4. Klasse mit Schwertern[6]:
Seine Majestät der König [Ludwig III.] haben Sich unterm 12. August 1915 Allergnädigst bewogen gefunden, dem Leutnant der Reserve der In­fanterie Wilhelm Leisner den Königlichen Militär-Verdienstorden 4. Klas­se mit Schwertern zu verleihen. Zur Bestätigung wird diese Verlei­hungs-Urkunde ausgestellt.
München, den 28. August 1915.
Der Ordens-Großkanzler:
Freiherr von Kreß [Friedrich Siegmund Georg Freiherr Kreß von Kressen­stein].[7]

Montag, 13. September 1915
Feldpostkarte von Franz [?] aus Frankreich an Maly [Amalia] Leisner in Mün­chen, Theresienstr. 45. II. Etg. bei Metzgermeister Georg Reichl­meier:
Liebe Cousine! Dein liebes Paketchen habe ich erhalten. Es hat mir eine sehr große Freude gemacht. Sage Dir dafür nun auch meinen allerbesten Dank. Sende Dir nun hiermit mal ein kleines Andenken von Deinem lie­ben Vetter. Bin bis jetzt, Gott sei Dank, noch gesund, was ich von Dir und Deinem lieben Manne auch hoffe. Hier sehr schönes Wetter. Sei denn nun recht herzlich gegrüßt von
Deinem lieben Vetter Franz
Schreibe doch bald wieder. Auf Wiedersehn!!!
[1] s. Brief vom Kriegsarchiv, Bayerisches Hauptstaatsarchiv, aus München vom 24.9.1999 an Hans-Karl Seeger
[2] Nachdem König Ludwig II. am 13.6.1886 unter ungeklärten Umständen im Starnber­ger See er­trunken war, trat sein Bruder Prinz Otto (* 27.4.1884, † 11.10. 1916) laut Thronfolgeregelung dessen Nachfolge als König Otto I. an. Da dieser auf Grund seiner Geisteskrankheit regierungsunfähig war, über­nahm sein Onkel Luitpold (* 12.3.1821, † 12.12.1912), der bereits seit der Ent­mün­di­gung König Ludwigs II. am 10.6.1886 als Prinzregent eingesetzt war, weiterhin die Regie­rungsgeschäfte. Nach dessen Tod folgte ihm dessen Sohn Ludwig (* 7.1.1845,   † 18.10.1921) nach, zunächst als Prinzregent und ab 5.11.1913 bis zu seiner Absetzung am 7.11.1918 durch die Proklamation des Freistaates Bayern als König Ludwig III.
[3] Leisner, Maria – Leisner, Maria Vortrag vom 29.10.1995 im Karl Leisner-Heim in Diestedde, (Manuskript) (zit. Leisner, M. 1995)
[4] Da Willi Leisner erst am 9.5.1916 geboren wurde, kann Mutter Leisner nur mit Sohn Karl in München gewesen sein.
[5] Tobias Teyke vom Stadtarchiv München am 7.4.2010 an Hans-Karl Seeger:
Im Münchener Adressbuch von 1915 ist zur Theresienstraße 45 der Metzger­meister Georg Reichlmeier aufgeführt.
[6] Der am 19.12.1866 von König Ludwig II. gestiftete bayerische Militär-Ver­dienst­or­den ist seit 1905 in vier Klassen eingeteilt und wird in der 4. Klasse in drei unter­schiedlichen Ausführungen verliehen: am Bande für Kriegsverdienst, mit Schwer­tern oder mit Schwertern am Bande für Kriegsverdienst.
[7] Urkunde über den Königlichen Militär-Verdienstorden 4. Klasse mit Schwertern vom 28.8.1915

Karl Leisner studierte 1936/1937 zwei Semester in Freiburg. Seine Schwester Maria hatte dort in der Zeit eine Arbeitsstelle übernommen. Bevor sie noch am Ende nach Kleve zurückfuhren, machten sie im März 1937 eine Fahrt in den Süden. Dabei besichtigten sie auch einen Tag lang die Stadt München.

Am 14.12.1940 kam Karl Leisner ins KZ Dachau und verfolgte von dort die Angriffe auf München.

Am Samstag, 22. Juli 1944, schrieb Karl Leisner aus Dachau an seinen Regens Arnold Francken in Münster unter anderem:

Die vergangenen 14 Tage hatten wir sehr oft Alarm[1], wie Sie ja aus dem OKW-Bericht lesen.[2] Aus Münster höre ich hier und da von den Confratres. Grüßen Sie bitte den Hochwürdi­gsten Herrn Bischof [Clemens Au­gust Graf von Galen] und alle Bekannten von mir. Ist Herr Sub­regens [Heinrich Gleumes] noch an der Front?[3] In der Hoffnung, daß ich nach all den Jahren wieder heim­kehren und zur Weihe kommen darf, grüßt Sie ergebenst
Ihr Karl Leisner

[1] Laut Richard Bauer gab es folgende Fliegeralarme und Angriffe auf München:
11.7.1944 11.39–13.20 Uhr Fliegeralarm, 22. Angriff, […]
12.7.1944 12.22–14.28 Uhr Fliegeralarm, 23. Angriff, […]
13.7.1944 9.08–10.22 Uhr Fliegeralarm, 24. Angriff, […]
16.7.1944 9.10–10.52 Uhr Fliegeralarm, 25. Angriff, […]
18.7.1944 10.17–11.55 Uhr Fliegeralarm,
19.7.1944 9.10–12.44 Uhr Fliegeralarm, 26. Angriff, […]
20.7.1944 10.21–12.13 Uhr Fliegeralarm,
21.7.1944 10.09–11.55 Uhr Fliegeralarm, 27. Angriff, […] 12.27–12.49 Uhr öffent­liche Luftwarnung (Bauer, Richard – Fliegeralarm. Luftangriffe auf München 1940–1945, München 1997 (zit. Bauer, R. 1997)
[2] Die Berichte des Oberkommandos der Wehrmacht 1939–1945
5 Bde., München 2004 (zit. OKW 2004 Bd.)
OKW-Bericht vom 12.7.1944:
Ein starker nordamerikanischer Bomberverband führte gestern im Schutz dich­­ter Bewölkung einen Terrorangriff gegen München (OKW 2004 Bd. V: 214).
OKW-Bericht vom 13.7.1944:
Ein starker nordamerikanischer Bomberverband führte gestern unter Aus­nüt­zung der Wetterlage erneut einen Terrorangriff gegen München (OKW 2004 Bd. V: 215).
OKW-Bericht vom 14.7.1944:
Nordamerikanische Bomber richteten gestern wiederum einen Terrorangriff gegen München (OKW 2004 Bd. V: 216).
OKW-Bericht vom 17.7.1944:
Besonders in München, gegen das der Feind innerhalb von fünf Tagen bei für die eigene Abwehr ungünstiger Wetterlage vier Großangriffe führte, ent­stan­den zum Teil empfindliche Schäden und Verluste. Die Haltung der Be­völke­rung war vorbildlich (OKW 2004 Bd. V: 219).
[3] Heinrich Gleumes war damals noch im Heeresdienst.

P. Gregor Schwake OSB:
Am 7. Januar wackeln die Baracken [des KZ Dachau] bei dem schweren Bombardement von München.

Laut Richard Bauer gab es nach dem 22. März 1945 bis zur Befrei­ung des KZ Dachau noch fol­gende Angriffe auf München, verbunden mit Flie­ger­alarm, außerdem oft Kleinalarm oder Fliegeralarm ohne Angriff:
Samstag, 24. März 49. Angriff,
Donnerstag, 5. April 50. Angriff,
Montag, 9. April 51. und 52. Angriff,
Mittwoch, 11. April 53. und 54. Angriff,
Donnerstag/Freitag, 12./13. April 55. Angriff,
Sonntag, 15. April 56. und 57. Angriff,
Dienstag, 17. April 58. Angriff,
Donnerstag, 19. April 59. und 60. Angriff,
Freitag, 20. April 61., 62. und 63. Angriff,
Freitag/Samstag, 20./21. April 64. Angriff,
Samstag, 21. April 65. Angriff,
Montag/Dienstag, 23./24. April 66. Angriff,
Dienstag, 24. April 67. und 68. Angriff,
Mittwoch, 25. April 69., 70. und 71. Angriff,
Donnerstag, 26. April 72. Angriff,
Sonntag, 29. April 73. Angriff.[1]
[1] Bauer, R. 1997: 146–152