Priesterweihe und Primiz von Karl Leisner – die Nachricht ging bis nach Kopidlno

Wilhelm Lepping[1] erfuhr im Reichsarbeitsdienst in Kopidlno (1939 bis 8. Mai 1945 Protektorat Böhmen und Mähren, heute Stadt in Tschechien) am 19. Februar 1945 von Karl Leisners Priesterweihe und Primiz im KZ Dachau.

[1] Wilhelm Lepping (* 24.4.1928 in Vreden, † 31.1.2006 in Dinslaken) – äußerst engagierter Jugendgruppenleiter der Jungschar in Vreden St. Georg 1942/1943 bis Mitte der 1950er Jahre – Eintritt ins Collegium Borromaeum in Münster 5.5.1952 – Priesterweihe 11.2.1958 in Münster – Pfarrer in Lohberg-Dinslaken St. Marien 1968 bis zur Emeritierung

Briefe von Gerd Hilbing aus Vreden an Hans-Karl Seeger

Hilbing_b (1)
Hilbing_a (1)

 

Brief von Kaplan Wilhelm Meinken[1] aus Vreden an Wilhelm Lepping

Brief1 (1)
Brief2 (1)

[1] Wilhelm Meinken (* 7.8.1911 in Münster, † 18.10.1974) – Eintritt ins Collegium Borro­maeum in Münster 1.5.1930 – Studienunterbrechungen wegen Krankheit – Priesterweihe 17.7.1938 in Münster – als engagierter Jugendseelsorger Nachfolger von Bernhard Mäkel in Vreden 1938–1949 (mit Ausnahme des Militär­dienstes 1940–1943)

Auszug aus dem Brief:
„Heute schreibt mir Heini Tenhumberg[1] vergnügt aus Dänemark. Er legt mir die Abschrift eines Briefes von Karl Leisner bei, von dem Du doch auch weißt, daß er als Diakon seit vielen Jahren in Dachau sitzt. L. schreibt an Heini, daß er am Sonntag vor Weihnachten dort im Lager zum Priester geweiht werden würde und am Weihnachtstag die Primizmesse feiern werde. Es gibt also auch heute noch herrliche Wunder der Liebe Gottes. Was wird das für eine Weihe, was für eine Primiz gewesen sein! Was muß einmal von einem solchen Priester für eine Kraft ausgehen, der solche Vorbereitungszeit im ‚Priesterseminar’ zu Dachau verbracht hat, wenn Gott will, daß er einmal in die Seelsorge herauskommen wird!“
[1] Bischof Heinrich (Heini) Tenhumberg (* 4.6.1915 in Lünten, † 16.9.1979) – Abitur am Gymnasium Paulinum in Münster – Eintritt ins Collegium Borromaeum in Münster 1.5.1934 – Karl Leisners Schön­stattgruppen­führer im Collegium Borromaeum in Münster – Auf­nahme in den Apostolischen Bund von Schönstatt 8.9.1936 – Priesterweihe 23.9.1939 in Münster – Aushilfe in Ossenberg 1939–1940 – Kaplan in Marl-Brassert St. Bonifatius 9.2.1940 – Einberufung zum Mi­litärdienst als Marinesanitäter 1942 – Einsatz in Stralsund 1943/1944 – englische Kriegsgefangenschaft in Flensburg Mai bis Juli 1945 – Vikar in Frecken­horst August 1945–1947 – Dom­vikar 14.12.1947 – residierender Domkapitular Ende 1954 – Bi­schofs­­weihe zum Weihbischof für das Bistum Münster 20.7.1958 – Ernennung zum Bi­schof von Mün­ster 7.7.1969 – Amtseinführung 14.9.1969 – Bischof von Münster bsi zu seinem Tod

Der von Wilhelm Meinken im Brief an Wilhelm Lepping erwähnte Brief von Karl Leisner an Heinrich Tenhumberg ist nicht erhalten. Vermutlich hatte Heinrich Tenhumberg einen ähnlichen Brief von Karl Leisner bekommen wie dessen Familie.

Karl Leisner aus Dachau am Samstag, 2. Dezember 1944, an seine Familie in Berlin und in Niedermörmter:
Meine Lieben alle!
Dein feiner Brief, lieber Willi, vom 14.11. mit des Bischofs [Cle­mens August Graf von Galen] Grußwort hat mich sehr froh gemacht. Wenn alles gut geht, werde ich am Gaudete-Sonntag[, dem 17.12.1944,] ge­weiht. Pri­mizmesse am 1. Weihnachtstag.

Dies war der ursprünglich vorgesehene Termin. Trotz dieses Briefes waren die Angehörigen von Karl Leisner noch lange im Unklaren über die endgültigen Termine von Priesterweihe und Primiz. Wegen der schwierigen Postverhältnisse trafen die Informationen nicht rechtzeitig ein. Willi Leisner in Berlin war zwar durch obigen Brief vom 2. Dezember 1944 rechtzeitig über den geplanten Weihetermin am 17. Dezember 1944 informiert, rechnete aber noch am 19. Dezember mit der Primiz an Weihnachten. Auch am 28. Dezember 1944 glaubte er noch, die Primiz sei am 25. Dezember 1944 gewesen. Erst am 13. Januar 1945 erfuhr er im Brief von Karl Leisner vom 30. Dezember 1944 den tatsächlichen Primiztermin, außerdem auch durch Schwarzpost von P. Otto Pies SJ vom 30. Dezember 1944. Familie Wilhelm Leisner am Niederrhein rechnete am 21. Dezember 1944 immer noch mit der Weihe am Quatembersamstag, dem 23. Dezember 1944, und mit der Primiz am ersten Weihnachtstag. Erst am 24. Dezember 1944 erfuhr sie durch Karl Leisners Brief vom 2. Dezember 1944, daß er schon am 17. Dezember 1944 geweiht werden sollte, rechnete aber weiterhin mit dem 25. Dezember 1944 als Primiztermin.

Im Nachlaß von Heinrich Tenhumberg fanden sich noch folgende Briefe bezüglich Karl Leisners Priesterweihe und Primiz:

Arnold Francken[1] aus Münster am Donnerstag, 7. Dezember 1944, an Heinrich Ten­humberg als Soldat:
Lieber Tenhumberg!
[…]
[Karl] Leisner soll oder wird in D. [im KZ Dachau], wie sein Bruder [Willi Leisner] an d. Epps [den Episcopus, Bischof Clemens August Graf von Galen] schrieb, die Priesterweihe empfan­gen. Das wäre für ihn die größte Freude, die er haben könnte und sicher eine besonders unaus­löschliche Erinne­rung für später. Oremus pro ipso. [Beten wir für ihn.[2]]
[…]
Mit herzlichem Gruß
Ihr Regens Fr.
[1] Prälat Dr. h. c. Arnold Francken (* 6.8.1875 in Ker­venheim, † 31.3.1954) – Eintritt ins Collegium Borromaeum in Münster 24.4.1896 – Priester­weihe 9.6.1900 in Münster – Sub­re­gens im Priesterseminar in Münster 1908–1933 – Regens 8.11.1933 bis 1948 – Domkapi­tular 1923 – Päpstlicher Hausprälat 1936 – Aposto­lischer Protonotar 1948 – Bei seiner Be­erdigung waren ca. 400 Priester an seinem Grab versammelt. Er schick­te Pakete für Karl Leisner ins KZ Dachau.
[1] in Anlehnung an den Wechsel­gruß unter Priestern: „Com­mendo me“ – „Ore­mus pro invicem!“ – „Gedenke meiner“ – „Beten wir fürein­an­der!“

Karl Leisner aus Dachau am Samastag, 30. Dezember 1944, an Heinrich Tenhumberg[1]:
Für Obergefreiten Heinrich Tenhumberg, M 63898 Marinepostamt Berlin
Lieber Heinrich!

Am Stefanstag [26.12.] von 8.30 bis 10.00 Uhr früh habe ich Primiz gefeiert. Zum ersten Mal allein das heilige Opfer am Altar, in unserer Kapelle hier [in Block 26]. Ihr wart alle im Geiste mit dabei. Nach über fünf Jahren Betens und Wartens Stunden und Tage selig­ster Erfüllung. Daß Gott uns auf die Fürsprache Unserer Lieben Frau so über­aus gnädig und einzigartig erhören würde, – ich kann es noch immer nicht fassen. Seit 14 Tagen kann ich nur noch er­griffen beten: Gott, was bist Du groß und gut. Für uns alle waren es Stun­den unbe­greiflichen Glückes und hoher, hellster Freude, die uns für viele dunkle Stun­den reich entschädigten. – Nach der heiligen Wandlung war ich für einige Sekunden tief ergriffen und gerührt, sonst sehr ruhig und konzen­triert. Stun­den seligster Weihnachtsfreuden und feinster, innigster Stim­mung. Dir und allen Kameraden den Segen des Allerhöchsten für das kom­mende Jahr. Voll Jubel und Dank grüßt Dich und alle: Glückauf 1945!
Dein Karl

[1] am 8.1.45-10 in Dachau 3 abge­stem­pelter Feldpostbrief

Link zu Karl Leisner und Vreden