Reinhold Friedrichs – Blockvater im KZ Dachau auch für Karl Leisner (19)

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Reinhold Friedrichs’ bedeutsame Priesterpersönlichkeit vor allem im KZ Dachau manifestiert sich in seinen eigenen Berichten sowie in Mitteilungen von Zeitzeugen, insbesondere in zahlreichen Zeugnissen von überlebenden KZ-Häftlingen.

 

 

 

Brief von Friedrich Pfanzelt[1] an Reinhold Friedrichs

[1]  Prälat Friedrich Pfanzelt (* 24.8.1881 in Moosen an der Vils, † 8.9.1958) – Priesterweihe 29.6.1907 – Pfarrer in Dachau St. Jakob 30.5.1930 – Stadtpfarrer 1933 – Geistlicher Rat 1941 – De­kan 1942 – Päpst­licher Hausprälat 1946 – Ehrenbürger von Dachau 1955 – Er gilt als der letzte barocke Priester Bayerns. Ab April 1933 hielt Fried­rich Pfan­zelt im Auftrag von Michael Kardinal von Faulhaber unter schwierigsten Bedingun­gen regel­mä­ßig Gottes­dienste im KZ. Doch schon bald zogen die maßgebli­ch Verantwortlichen die Sache so ins Lä­cherliche, daß es nicht mehr möglich war, weitere Gottesdienste zu feiern. Vom Pfarrhof aus initiierte Fried­rich Pfanzelt vielfäl­tige Hilfe für die Häftlinge.

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Kath. Stadt-Pfarramt                                                         Dachau, den 10. Juli 1946
St. Jakob-Dachau                                                             Ruf-Nr. 481
Mein lieber, guter Freund Reinhold!
Hab tausend Dank für Deine gütigen Wünsche, die Du mir anläßlich der ganz ausnehmenden und überraschenden Ehrung seitens des Hl. Vaters[1] übermittelt hast. Du weißt selbst, daß ich das, was ich getan, wirklich nicht soviel war, um in dieser Weise geehrt zu werden. Aber meine Ehre ist Euere Ehre und meine Treue gilt Euch lieben Brüdern aus dem KZ auch für die Zukunft. Wie war denn Eure Tagung in Kronau [Gronau]?[2 Weißt, ich würde am liebsten selbst in solchen Stunden bei Euch sein, um Düsteres und Lichtvolles in dankbarem Himmelsblick mit Euch zu teilen.
Gerne würde ich Dir, mein lieber Reinhold, Photos aus dem früheren Lagerleben schicken, aber es stehen mir tatsächlich keine zur Verfügung; denn die ich noch habe, hast Du längst in Händen. Was den Bau der Lagerkirche betrifft, so ist natürlich momentan ein Aufschub wegen der Materialbeschaffung gegeben. Aber gerne und dankbarst nehme ich Deine Bereitschaft an, mir zur Seite zu stehen[3] und ich hoffe, daß ich mit diesem Werk mein Priesterleben krönen und beenden kann. Sehr sehr dankbar wäre ich für den monatlichen Rundbrief an die Priesterhäftlinge und ich bin zu jeder Mitarbeit gerne bereit und erfülle womöglich alle Wünsche, die eben in hoc [diesbezüglich] an mich herantreten.
Was ist denn mit Eurem neuen Episkopus [Bischof]? Noch nicht ernannt?[4] Aber wenn er Reinhold Friedrichs heißt, dann fahre ich nach Münster, um Dir „meine Männerfaust zu reichen und die Deine zu drücken, daß Du gegen die Decke fliegst!“
Im Lager selbst immer noch reger Betrieb, Pater Roth[5] unermüdlich.
Laß Dich und alle lieben Freunde herzlichst grüßen
In alter Treue
Dein
Prälat Pfanzelt

[1] Eugenio Pacelli (* 2.3.1876 in Rom, † 9.10.1958 in Castel Gandolfo/I) – Priesterweihe 2.4.1899 – Eintritt in den Dienst des Staatssekretariates 1901 – Professor für kirchliche Diplomatie 1909–1914 – Bischofsweihe zum Titularerzbischof von Sardes/Sart/TR 13.5.1917 – Apostolischer Nuntius für Bayern in München 1917 – Nuntius für das Deutsche Reich 1920–1929 – Übersiedlung nach Berlin 1924 – Kardinal 1929 – Kardinal­staats­se­kretär in Rom 1930 – Papst Pius XII. 2.3.1939
[2] Joseph Reukes hatte am 15.5.1946 einen Rundbrief Nr. 1 an die KZ-Priester ver­schickt mit der Einladung zu einem Treffen nach Gronau am 11.6.1946. Am 9.9.1946 folgte Rundbrief Nr. 2 mit einem Bericht vom Treffen in Gronau.
[3] Reinhold Friedrichs hatte am 22. Mai 1946 an Friedrich Pfanzelt geschrieben:
Wenn Du meine Mitarbeit für den Bau der Wall­fahrtskirche notwendig hast, so kannst Du nur funken, ich stehe recht gerne zur Verfü­gung (Archiv der Pfarrei St. Jakob Dachau Nr. 28–39).
[4] Bischof Dr. theol. Michael Keller (* 16.2.1896 in Siegen, † 7.11.1961 in Münster) – Prie­sterweihe 6.11.1921 – Regens in Osnabrück 1939, zuvor Subregens u. Spiritual – Bischofs­weihe zum Bischof für das Bistum Münster 28.10.1947
[5] Pater Korbinian (Leonhard) Roth OP (* 28.5.1904 in Saldenburg/Niederbayern, † 22.6.1960 in Braz/Vorarlberg/A) – Eintritt bei den Dominika­nern 1924 – Priesterweihe 4.8.1931 im Kloster Walberberg – Er kam wegen Vernachlässigung seiner patriotischen Pflichten am 21.5.1943 ins KZ Dachau und blieb nach der Befreiung als Seelsor­ger im Lager, zuerst bei den Internierten, dann bei den Flüchtlin­gen.

Fotos und Brief IKLK-Archiv