Rezension zur Lebens-Chronik zu Karl Leisner

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Besprechung der Lebens-Chronik zu Karl Leisner von Pfr. Andreas Weiß, Pfarrei Bruck i.d. Oberpfalz

Foto Joachim Albrecht / medienflotte.de

 

Seeger, Hans Karl und Latzel Gabriele (Hg.)
Karl Leisner. Tagebücher und Briefe. Eine Lebens-Chronik
Neuerscheinung, Kevelaer (Butzon & Bercker) 2014, 5 Bde. im Schuber, 4346 S., viele Repros (z.T. farbig), jeder Bd. mit 2 Einmerkbändchen
ISBN 978-3-7666-1881-8

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Karl Leisner, ein katholischer Jugendlicher in Nazi-Deutschland: Jugendleiter. Theologiestudent. KZ-Opfer. Seliger – eine Biographie anhand von Zeitdokumenten
Die Zeitzeugen werden von Jahr zu Jahr weniger. Die Generation, die aus eigenem Erleben von den Schrecken der NS-Zeit zu berichten weiß, stirbt aus. Darum ist es heute mehr denn je wichtig, Dokumente, Berichte, Briefe usw. aus dieser Zeit zusammenzutragen, aufzubereiten und den nachwachsenden Generationen zugänglich zu machen. – Karl Leisner, den Papst Johannes Paul II. 1996 seliggesprochen hat, hat von seinem 13. Lebensjahr an – das war 1928 – mehr oder weniger intensiv Tagebuch geführt, als Schüler, Student, beim Reichsarbeitsdienst und – nach seiner Verhaftung 1939 wegen „Wehrkraftzersetzung“ – selbst im KZ. Die letzten Eintragungen tätigte er todkrank nach seiner Befreiung. Er starb – gezeichnet von der Haft – im August 1945 im Alter von 30 Jahren. – Leisners Leben verlief in vielerlei Weise außergewöhnlich, und doch spiegelt sich in ihm der Alltag der damaligen Zeit wider: Bereits als Abiturient wurde Karl Leisner von Kardinal von Galen zum obersten Jugendleiter im Bistum Münster berufen. Theologiestudium im Hinblick auf das Priesteramt mit allen Angefochtenheiten, die z.B. die Frage nach dem Zölibat für einen jungen Mann mit sich bringen können. Intellektuelle, aber auch ganz praktische Auseinandersetzung mit der NS-Ideologie, die ihm bei einem Ferienaufenthalt in Rom gar eine Audienz privatissime bei Papst Pius XI. einbrachten. Die Verhaftung und die Schikanen in verschiedenen NS-Gefängnissen und KZs. Seine geheime Priesterweihe in Dachau, die einzige, die je in einem KZ stattgefunden hat. – Hans Karl Seeger und Gabriele Latzel haben in fünf Bänden akribisch alles zusammengetragen, was sich zu Karl Leisner finden lässt: neben den Tagebüchern viele Briefe, aber auch eine unglaubliche Zahl von Hintergrundinformationen, die sich vor allem im Band V („Glossar“) finden. Entstanden ist ein beeindruckender Fundus an Zeitzeugnissen. – Dieses Werk wird niemand von vorne bis hinten durchlesen. Dafür ist es auch nicht gedacht. Es ist vielmehr ein wirklich hilf- und lehrreiches Werkzeug, um Teile des Alltags in Hitlerdeutschland aus erster Hand kennenzulernen. – Das übersichtlich und ansprechend gemachte Werk mit seinen vielen Bildern und Erklärungen sollte daher in keiner Schulbibliothek oder öffentlichen Bücherei fehlen.