Für das Internationale Schönstattzentrum Belmonte in Rom wurde eine von dem Künstler Johannes Potzler[1] gefertigte Karl-Leisner-Plastik gestiftet.
[1] Bildhauer Johannes Raphael Potzler, geb. 1957 in München, Akademie der Bildenden Künste, Studium der Kunstgeschichte, Ausstellungen u. a. in München, Fulda, Regensburg, Bamberg; u. a. Bronzearbeiten (z. B. Plastiken, Kreuze, Kreuzwege, Heiligenfiguren)
Das Bronzerelief ist für das im Bau befindliche Tagungs- und Gästehaus vorgesehen und befand sich laut Pater Marcelo Cervi, dem Rektor des Schönstattzentrums Belmonte, bis Mitte Februar 2017 in einem für Besucher offenen Raum im Nebenhaus.[1]
[1] Email von Maria Fischer, Schönstattzentrum Belmonte, vom 16.2.2017
Inzwischen wurde im Nebenhaus ein Gebetsraum als Karl-Leisner-Kapelle eingerichtet. Das Relief befindet sich an der rechten Seitenwand der Innenkapelle.
Bei der Plastik handelt es sich um den sechsten Guss eines Bronzereliefs, das aus Anlass der Seligsprechung Karl Leisners am 23. Juni 1996 von dem Uniti-Patri-Kurs der Schönstattpatres für das Heiligtum der Schönstattpriester auf dem Berg Moriah in Simmern gestiftet wurde und seit April 1997 dort ist.[1]
[1] Die Beiträge zu den weiteren Karl-Leisner-Plastiken von Johannes Potzler wurden unter folgendem Link auf der Homepage des IKLK veröffentlicht.
Beschreibung und Deutung der Bronzeplastik
Auf der Plastik ist unverkennbar der Oberkörper Karl Leisners abgebildet, mit der Aufschrift „VICTOR IN VINCULIS“, dem Geburtsjahr 1915, dem Sterbejahr 1945 und den Attributen Stacheldraht, Gitarre, der Eucharistie und einem leeren Blatt mit der Unterschrift Karl Leisners, symbolisch für die Blankovollmacht[1].
Victor in vinculis (Mariae) – Sieger in Fesseln (Mariä)
Die Schönstattgruppe im KZ Dachau unter Führung von Heinz Dresbach und später Hermann Richarz, zu der auch Karl Leisner gehörte, begann in der Fastenzeit 1944 mit der Suche nach ihrem Gruppenideal und entschied sich für den Vorschlag von Robert Pruszkowski „Victor in vinculis (Mariae)“. Die Idealsuche war stark inspiriert von der Spiritualität der Marianischen Werkzeugfrömmigkeit, über die P. Joseph Kentenich SAC im Frühjahr 1944 eine Studie diktierte. Es geht um die Bindung an Maria im Sinne des Werkzeuges, der Vernetzung. Maria steht als Symbol für den Dreifaltigen Gott.
P. Makarius Spitzig OSB schnitzte im KZ Dachau einen Bischofsstab mit dem Wappen von Bischof Gabriel Piguet und der Inschrift Victor in Vinculis.
Der Stacheldraht symbolisiert die fünfeinhalbjährige Gefangenschaft Karl Leisners und sein Leiden aufgrund der Lungentuberkulose, an deren Folgen er am 12. August 1945 starb.
Die Gitarre auf der Plastik mag verwundern, weist jedoch auf die frohe Natur und das positive Denken und Handeln Karl Leisners hin. Nicht nur die Jugend begeisterte er mit seiner Gitarre, sondern auch seine Mithäftlinge im KZ Dachau. Am 9. März 1941 wünschte er die Zusendung seiner Gitarre in das KZ. Er bestätigt später die Ankunft der Gitarre und dass sie ihm und den Kameraden Freude bereitet. Am 18.10.1941 schreibt er seiner Familie: Heut’ abend klampfen und singen wir. Heiho!
Zur Hostie schreibt Georg Egle[2] in der Dezember-Ausgabe 1997 der Schönstätter Monats-Zeitschrift „basis“: „Unübersehbar auf dem Relief ist eine Hostie, die Karl Leisner in seiner Rechten hält. Sie spricht von seiner Christusliebe, seiner jugendlichen Leidenschaft und priesterlichen Hingabe an Jesus Christus. Als Diakon hat Karl unter Lebensgefahr kranken Häftlingen die heilige Kommunion gereicht. Er ist der einzige Häftling, der in einem Konzentrationslager der Nationalsozialisten zum Priester geweiht wurde. Dort feierte er seine erste und einzige Heilige Messe.“
Zum Blankoscheck schreibt Egle: „Links unten im Bild ist ein Blatt mit der Unterschrift von Karl Leisner zu sehen. Mit den Mitgliedern seiner Münsteraner Theologengruppe hatte Karl im Jahr 1939 der Gottesmutter Maria die freie Verfügung über sein Leben angeboten. In dieser Haltung hat er in Gefängnis und Konzentrationslager gelebt.“
Vermutlich sprachen die Schönstätter unter den Diakonen, zu denen Karl Leisner gehörte, am 25. März 1939 nach der Diakonenweihe folgendes Weihegebet:
Liebe dreimal wunderbare Mutter von Schönstatt! Der Kurs Münster 1939 dankt Dir seine Berufung zum Priestertum und zum Bund. In Dankbarkeit geben wir Dir Gewalt und Vollmacht über uns; tue mit uns, was Du willst und wie Du es willst. Sende uns vom Altar in den Alltag und lass uns leben nach dem Gesetz: Sacerdotem oportet offerre.[3]
[1] Mit einer Blankovollmacht geschieht gemäß der Schönstatt-Spiritualität eine vertiefte Hingabe an die Gottesmutter Maria im Liebesbündnis. P. Joseph Kentenich SAC hat diesen der Wirtschaftssprache entlehnten Begriff nach eigener Aussage einem Artikel von P. Peter Lippert SJ entnommen und kreativ angewandt. P. Peter Lippert SJ verwendete diesen Begriff, um das FIAT – mir geschehe – der Gottesmutter zu deuten. Im Bild gesprochen geht es um das vertrauensvolle Ausstellen eines Blankoschecks. P. Joseph Kentenich SAC verwandte den Begriff ca. ab Februar 1939 bei den Marienschwestern, bevor er im Oktober 1939 öffentlich wurde.
[2] Georg Egle ist Leiter der Schönstatt-Bewegung in der Diözese Rottenburg-Stuttgart.
[3] Im Nachlass von Heinrich Tenhumberg findet sich dieses kurze Weihegebet, das die Gruppe vermutlich im Sinne der Blankovollmacht verstanden hat. In der Anrufung der Gottesmutter fehlt noch „und Königin“, die erst nach der Krönung des Marienbildes in Schönstatt Ende 1939 eingefügt wurde.
Der Begriff „Blankovollmacht“ bürgerte sich erst im Laufe des Jahres 1939 ein. Im Weihegebet fehlt noch „et offerri“, das nach der Verhaftung Karl Leisners eingefügt wurde.
Karl Leisner aus dem KZ Dachau am 6. April 1941 an Heinrich Tenhumberg[1]:
Danke Euch für Euer Brudergedenken. Ich spür’s jeden Tag. Unsere gute Mutter [Mta] sorgt für uns alle, für den verlorenen Sohn besonders. Beim Blankoscheck bleibt’s.
Karl Leisner aus dem KZ Dachau am 2. Oktober 1943 an Heinrich Tenhumberg:
Am 18. sind’s vier Jahre, daß Ihr daheim [in Schönstatt] versammelt wart und alles blank machtet. Damals konnte ich nur im Geiste mittun.
[1] Bischof Heinrich (Heini) Tenhumberg (* 4.6.1915 in Lünten, † 16.9.1979) – Karl Leisners Schönstattgruppenführer im Collegium Borromaeum in Münster – Bischofsweihe zum Weihbischof für das Bistum Münster 20.7.1958 – Bischof von Münster 7.7.1969 bis 16.9.1979
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Mit Rom wird Karl Leisner besonders das Oberhaupt der katholischen Kirche, den Papst, verbunden haben. Seine Achtung vor diesem Amt, vor Pius XI.[1] und später Pius XII.[2], spiegeln seine Tagebucheinträge wider. 1936 lernte er auf der Pfingstfahrt vom 22.5. bis 8.6 gemeinsam mit seinen Studienkollegen Josef Köckemann[3] und Max Terhorst[4] die Stadt Rom kennen. Höhepunkt dieser Fahrt war die Privataudienz bei Papst Pius XI. Dessen Tod am 10. Februar 1939, wie auch die Wahl seines Nachfolgers Eugenio Pacelli, Papst Pius XII., bewegten ihn daher auf besondere Weise.
[1] Achille Ratti (* 31.5.1857 in Desio/I, † 10.2.1939 in Rom) – Priesterweihe 1879 – Bischofsweihe zum Titularerzbischof von Naupactus 1919 – Erzbischof u. Kardinal von Mailand/I 1921 – Papst Pius XI. 6.2.1922 – Wahlspruch „Pax Christi in Regno Christi – Frieden Christi im Königreich Christi“.
[2] Eugenio Pacelli (* 2.3.1876 in Rom, † 9.10.1958 in Castel Gandolfo/I) – Priesterweihe 2.4.1899 – Eintritt in den Dienst des Staatssekretariates 1901 – Professor für kirchliche Diplomatie 1909–1914 – Bischofsweihe zum Titularerzbischof von Sardes/Sart/TR 13.5. 1917 – Apostolischer Nuntius für Bayern in München 1917 – Nuntius für das Deutsche Reich 1920–1929 – Übersiedlung nach Berlin 1924 – Kardinal 1929 – Kardinalstaatssekretär in Rom 1930 – Papst Pius XII. 2.3.1939
[3] Josef (Jupp) Köckemann (* 20.4.1915 in Königssteele/Essen, † 18.11.2006) – Abitur am Gymnasium Paulinum in Münster – Eintritt ins Collegium Borromaeum in Münster 1.5.1934 – Außensemester in Freiburg/Br. 1936/1937 – Priesterweihe 23.9.1939 in Münster
[4] Max Terhorst (* 11.4.1915 in Emmerich am Rhein, † 24.1.1998) – Eintritt ins Collegium Borromaeum in Münster 1.5.1934 – Außensemester in Freiburg/Br. 1936/1937 – Aufgabe des Theologiestudium als Minorist November 1939
Bereits mit 14 Jahren verfolgte Karl Leisner das kirchliche Geschehen aufmerksam.
Kleve, Mittwoch, 18. Dezember 1929
Siehe nächste Seite: Artikel aus der „KV“ [Kölnische Volkszeitung] über Papst Pius XI., jetzigen Papst, aus Anlaß seines goldenen Priesterjubiläums am 21.12.1929.
Kleve, 27. bis 29. Januar 1930
Nuntius [Eugenio] Pacelli, der päpstliche Gesandte beim Deutschen Reich, wurde beim Jahreswechsel von seiner Stellung abberufen, in der [St.-]Peterskirche [in Rom] zum Kardinal geweiht[1] und ist jetzt statt des Kardinals [Pietro] Gasparri, – Kardinalstaatssekretär des Papstes [Pius XI.]. – Eugen Pacelli ist ein großer Deutschfreund. Vielleicht wird er der nächste Papst.
[1] Ein Kardinal wird vom Papst ernannt, aber nicht geweiht, die Überreichung des roten Biretts usw. in Rom durch den Papst erfolgt während einer Zeremonie.
Kleve, Mittwoch, 20. Dezember 1933
Vorige Tage las ich die diesjährige Dezembernummer der „Wacht“ [Zeitschrift Die Wacht]. Sie erzählte ganz wundervoll von der Romfahrt des Verbandes […] Ich war ergriffen, und ich spürte den richtigen wahren Sinngehalt der Romwallfahrt, der da ist, uns das Gefühl der Gemeinschaft mit der großen Weltkirche zu geben. Als ich dann erst die festen, klaren machtvollen Worte unsres Heiligen Vaters [Pius XI.] an die deutsche katholische Jugend las, in denen er von der unbesiegbaren Macht des Gebetes sprach und uns allen zurief, diese unsere blanke, unbezwingbare Waffe tapfer zu gebrauchen, da wurde mir ruhig und stolz ums Herz und es wurde mir klar, daß die junge Kirche in Deutschland nie und nimmer untergeht, wenn wir beten. Herrlich strahlte die große, wahre Würde des gemeinsamen Vaters der Christenheit mir auf. Wie stolz können wir auf unsern lebenden Stellvertreter Christi auf Erden sein!
Kleve, Montag, 12. Februar 1934, Rosenmontag
Heute hielt ich meine erste Stille Stunde. Und zwar am 12. Jahrestag der Krönung unseres großen Papstes Pius XI. über sein Pontifikat und über das Papsttum. […] Wie herrlich ging mir der tiefste Sinn und das große Gut des Papsttums auf, besonders an unserm Pius XI.
Auf Anraten und mit Unterstützung von Pater Constantin Noppel SJ[1], den Karl Leisner während seiner Außensemester in Freiburg kennenlernte, fuhr er mit seinen Studienkollegen Max Terhorst und Josef Köckemann zu Pfingsten 1936 nach Rom. Als ehemaliger Rektor des Collegium Germanicum vermittelte Pater Noppel SJ ihnen eine Privataudienz bei Papst Pius XI.
[1] Pater Constantin Noppel SJ (* 2.8.1883 in Radolfzell, † 2.7.1945 in Stuttgart) – Priesterweihe 28.10.1908 in Rom – Eintritt in die Gesellschaft Jesu 30.9.1909 in Tisis bei Feldkirch/Vorarlberg/A – Letzte Gelübde 2.2.1920 – Caritasdirektor u. Landespräses des Katholischen Jungmännerverbandes in München – anschließend Rektor des Collegium Germanicum in Rom 1932–1935 – 1936/1937 war er in Freiburg/Br. in einer Universitätsgruppe pastoral tätig.
LINK zum Rundbrief des IKLK Nr. 40 – August 1999: Karl Leisner in Rom (11 – 46)
Münster, Freitag, 10. Februar 1939
Heute morgen gegen 5.30 Uhr starb unser Heiliger Vater Pius XI. in Rom. […] Sein Pontifikat ist eines der größten und reichsten, der bedrängtesten und siegreichsten der Kirchengeschichte. […] Großer Pius, du bist tot. – Laß mich deinem Beispiel folgen! Segne mich vom Himmel her, erfleh mir Christi Gnade zum Priestertum, du großer heiliger Papst und Priester unseres Herrn und Heilandes!
Münster, Donnerstag, 2. März 1939
[Eugenio] Cardinal Pacelli ist zum Papst Pius XII. gewählt worden. Deo gratias! Herr, bewahre, führe ihn zum Heile Deiner Weltkirche, und zum besonderen Heile in der deutschen Not! Erwecke uns Heilige und Helden, Herr und Gott! – Jubelnd klingen die Glocken von Dom und Überwasser [Kirche]. Te Deum laudamus! Die Tränen der Freude kommen mir.
Text und nicht ausgewiesene Fotos Christa Bockholt