Straelen: Karl-Leisner-Straße

Straelen Karl-Leisner-Straße 2Am 21. Dezember 2000 beschloss der Rat der Stadt Straelen, eine der drei neuen Straßen im Baugebiet Glasweg nach Karl Leisner zu benennen. Der Vorschlag kam unter anderem von Hans Rütten, der bis zur Änderung der Gemeindeordnung in Nordrhein-Westfalen 1999 ehrenamtlicher Bürgermeister der Stadt Straelen war.

Unterhalb der Straßenbezeichnung steht: * 28.02.1915 † 12.08.1945 – Jugendführer – Wurde 1944 im KZ Dachau zum Priester geweiht und sprach sich gegen Hitler und sein Regime aus.

Am 20. März 2001 informierte Hans Rütten, der sich nach wie vor für die Verehrung Karl Leisners einsetzt, den IKLK über die künftige Karl-Leisner-Straße in Straelen. Er schrieb dazu: „[…] Die Namensschilder werden noch durch Erläuterungstexte ergänzt. Offizielle „Enthüllungen“ der Straßenschilder sind nicht vorgesehen. Allerdings möchte ich den späteren Anwohnern Kurzinformationen über die Namensgeber ihrer Straßen geben.“

Das Baugebiet Glasweg liegt in unmittelbarer Nähe des Friedhofs. Die von-Galen-Straße geht in die Karl-Leisner-Straße über, von der auch eine gleichnamige Sackgasse abzweigt. Angrenzend sind Spazierwege, Spielflächen und eine Streuobstwiese.

Die Mitglieder des IKLK wurden mit Rundbrief Nr. 44, Seite 89, vom August 2001, über die neue Karl-Leisner-Straße informiert.

Rundbrief:

Staelen_Strasse

 

Auch in Straelen ist auf Anregung des ehemaligen Bürgermeisters Hans Rütten, der uns nebenstehen­des Foto zukommen ließ, eine neue Straße nach Karl Leisner benannt.

 

 

Mit Straelen, sowie dem Ortsteil Herongen und Paesmühle[1], wird Karl Leisner Erinnerungen an seine Zeit als Diözesanjungscharführer verbunden haben. Darüber hinaus kannte er Priester und Studienkollegen, die gebürtig aus Straelen kamen oder dort lebten.

Paesmühle[1] Paesmühle bei Straelen: Namensgebung nach der zum Hof der Familie Paes gehörigen ehemaligen Wassermühle – erste urkundliche Erwähnung 1369 – Erwerb des Anwesens durch die St.-Josef-Pfarre aus Duisburg als Erholungsort für die Großstadtjugend 1930 – Einrichtung der Scheune als Kapelle für das „Jugendferienheim Paesmühle“ – Beschlagnahme durch die Nationalsozialisten 1941 – Wiederaufnahme des „Feriendorfes“ durch die St.-Josef-Pfarre nach dem Krieg – Erwerb der Gesamtanlage durch die Stadt Straelen 1984 – nach Instandsetzung heutige Verwendung der Kapelle als „Hochzeitskapelle“

 

Am 5. Mai 1934 war Karl Leisner von Kleve nach Münster in das Collegium Borromaeum[1] gezogen, um Priester zu werden. Dort trifft er Matthias Mertens[2] aus Straelen, der Kaplan in Materborn ist. 1942 begegnet er ihm erneut im KZ Dachau.

[1]    Collegium Borromaeum in Münster – 1563 hat das Konzil von Trient Bestimmun­gen für die Erziehung von Klerikern festge­setzt. 1853 wurde in Münster am Domplatz das entsprechende Haus dazu gegründet, das Colle­gium Borromaeum. Der Neubau von 1912–1915 umfasste ca. 200 Einzelzimmer, die man zum Teil auch als Doppelzimmer einrichtete. Nach sei­ner Zerstörung im Zweiten Weltkrieg erfuhr das Haus ver­schiedene Umbauten. Die Studenten nannten es auch Kasten oder Bau; denn damals bekamen sie keinen Haus­schlüs­sel für das abends und nachts geschlossene Gebäude.

[2] Matthias Mertens (* 5.12.1906 in Straelen, † 1.2.1970 in Goch/Gaesdonck) – Priester­weihe 17.12.1932 in Münster – Kaplan in Materborn u. Dekanatspräses des Jungmännerverbandes 1932–1935 – Am 17.4.1942 kam er wegen Verlesung und Kommentierung der Brandpredigten von Bischof Clemens August Graf von Galen ins KZ Da­chau und wurde am 9.4.1945 entlassen.

Münster, Montag, 14. Mai 1934
Um 13.30 Uhr nach dem Essen „schneit“ unser Präses Kaplan [Heinrich] Brey herein, um mit mir zu küren. Wir gehen durch den kalten, windigen Mainachmittag über die Promenade zum Schloß, von dort zum Prie­ster­semi­nar, wo heute „Cura“[1] gemacht wird. Auch Kaplan [Mat­thias] Mertens aus Materborn treffe ich.

[1] Cura-Examen war ein früher in regelmäßigen Abständen nach der Priesterweihe abzulegendes Examen

1934 wurde eine Fahrt nach Flandern geplant, die im August 1935 stattfand.
Eugen Keuck[1] aus Straelen sagte im Seligsprechungsprozess, Seite 219, aus:
Im Jahre 1931 wurde ich Bezirkssturmscharführer für die Dekanate Geldern und Kevelaer. 1934 lernte ich Karl Leisner kennen, der inzwischen Diözesanjung­scharführer geworden war. Er suchte mich einmal in Straelen auf – soweit ich mich erinnere, war es Ende 1934 – um sich zu erkundigen, wie unsere Fahrt mit der Sturmschar nach Belgien verlaufen sei und wie wir die Organisationsfragen gelöst hätten. Wegen der Schwierigkeiten seitens der nationalsozialistischen Behörden und der Devisengesetzgebung musste man damals außerordentlich vorsichtig sein.

[1] Eugen Keuck (* 26.6.1909 in Straelen, † 20.11.1985 ebd.) – Buchdrucker – Bezirksjungscharführer für die Dekanate Geldern u. Kevelaer

1935 lernt Karl Leisner in Altenberg bei einem Besuch des Generalpräses des Katholischen Jungmännerverbandes Deutschland, Ludwig Wolker, den Bezirkssturmscharführer Gerd Backes[1] aus Herongen kennen.

[1] Gerhard (Gerd) Backes (* 6.11.1912 in Herongen, † 11.1.1961 in Kempen) – Herongen – 1935 Bezirkssturmscharführer für den Bezirk Geldern

Kleve/Altenberg, Samstag, 19. bis Sonntag, 20. Oktober 1935
Am 19./20.10. waren wir mit der Diözesanführerschaft bei unserm „Gene­ral“ Msgr. Wolker. 75 Kerle aus fast allen Bezirken! 12 Bezirksjung­schar­führer mit dabei. – Wolker gab uns großen, neuen Blick in die Zeit, in unser Jugendreich, für die Wegbereitung Christi hinein in unsere Zeit für unser deutsches Volk. Er packte uns in tiefster Seele, riß uns heraus aus aller Kleinheit und allem Ich-Götzenkult zu den Höhen Gottes.
[…] Nach­mittags Aussprache – Kaffee und noch ein kleiner Spaziergang mit Gerd Backes – Herongen (Bez.St.Sch.f. [Bezirkssturmscharführer] – Geldern) Josef Tenhaef – Kevelaer
(B.JS.f. [Bezirksjungscharführer]) und Willi, und schon ist der feine Tag zu Ende – und doch was war es großartig.

Zum Jahreswechsel 1935/1936 fährt Karl Leisner über Straelen nach Paesmühle, wo Exerzitien für Duisburger Jungen stattfinden, die er mit begleitet.

KircheFoto Wikimedia Commons

Goch, Sonntag, 29. Dezember 1935, Weihnachtssonntag
Tolle und kühne Gedanken kreisen in mir auf der stürmischen fei­nen Fahrt durch [die] niederrheinische Ebene. In Straelen, am heimattümlichen Kriegerehrenmal[1], ein wenig in Gebet und Betrach­tung verweilt. Lange­mark steigt auf. Ihr Toten seid Saaten zu neuem Leben.[2] – Wir danken euch. In Straelen – wie in Walbeck [St. Nikolaus] – in der Kirche[3]. Sie ist neu gestrichen – et jeht so [es geht so].[4] – Die Krippe ist reiner Kitsch. (Grotte und Gipsfiguren). – Dann nach Paesmühle, wo ich – als Landstreicher „unseres Herrgotts“ angefahren – ein Essen umsonst er­halte. […] Dann zu den Duis­burger Jungens [nach Paesmühle]. Kurze Bux’ [Hose] an, Gemeinschaft bald da.

dreiDenkmEhrenmalKreuzweg

 

[1] Das Kriegerehrenmal in Straelen hat eine wechselvolle Geschichte. Am 8.7.1928 wurde ein Kriegergedächtniskreuzweg eingeweiht, der aber in dem fol­genden Winter erhebliche Frostschäden erlitt. Daneben befindet sich seit August 1871 auf dem Markt ein Ehrenkreuz auf einem Sockel. Das wurde 1932 verschö­nert und am Buß- und Bettag 1932 seiner Bestimmung übergeben, 1945 aber abgerissen. Es ist anzu­nehmen, daß Karl Leisner dieses Ehrenmal besucht hat.
[2] Karl Leisner dachte an das Zitat von Cyriel Verschaeve: „ Hier liggen hun lijken als zaden in ’zand, hoop op de oogst o Vlaanderland [Hier liegen ihre Lei­chen wie Saat im Sand, hoffend auf eine Ernte, o Flan­dernland] (s. Tagebucheintrag 14.8.1935).
[3] St. Peter und Paul, Errichtung 14.-16. Jahrhundert, bedeutend sind die Antwerpener Schnitzaltäre, Chorgestühl, Kanzel und Sakramentshäuschen aus Baumberger Sandstein

Kircheinnen

Kirche St. Peter und Paul in Straelen zur Zeit Karl Leisners

 

 

[4] 1934 hatte der Kunst- und Kirchenmaler Heinrich Brey die Pfarrkirche St. Peter und Paul in Straelen ausgemalt.

 

 

 

Paesmühle, Mittwoch, 1. Januar 1936
Das neue Jahr, es tritt herein und bringt mit sich ein’ hellen Schein!
Frisch raus, das erste Beginnen, die ersten bewußten Gedanken und Schläge des Herzens für GOTT!
3.20 Uhr draußen. Abschied von Willi Weiler. Stilles Gebet aus dem wachen Herzen unter Sternen, die stille leuchten. Ich sing’ mit ihren Sphärenhar­monien.
Alle Angst futsch – frisch los: Straelen – Pont – Geldern – Issum.

Auf der Rückfahrt aus den Weihnachtsferien trifft Karl Leisner Gerd Panhuysen[1] aus Straelen, der 1935 in das Collegium Borromaeum eingetreten ist.

[1] Gerd Panhuysen (* 30.4.1913 in Straelen, † ?) – Austritt Ostern 1936 – Studium der Medizin – 1951 Assistenzarzt in Essen-Ruhr.

Kleve, Montag, 6. Januar 1936, Erscheinung des Herrn
Der Zug fährt. […] Deo gratias, bet’ und danke und freue ich [mich] lauten, vollen Herzens. Gott, Dir sei Dank, der Du mir begegnet bist in so vielen Menschen gerade in diesen herrlichen Weihnachtsferien.
Neu bist Du mir – Mensch – geworden. Neues Teilnehmen an Dir, Du Ewiger und doch Zeitnaher, hast Du mir übervoll geschenkt.
Und jetzt geht’s ans neue Studium für Dich, Dein Reich.
Herr, gib mir rechte Einfalt und Tiefe, ein Herz voll Licht der Gnade und Einsicht.
Umsteigen wie gewöhnlich [in Menzelen-West – Wesel – Haltern]… Treffe Gerd Panhuysen aus Straelen.

Ende Januar 1936 listet Karl Leisner die Adressanten von Briefen auf, die er geschrieben hat, darunter ist auch Gerhard Alsters aus Straelen.

Münster, Montag, 27. Januar 1936
Briefe an Willi, Gerrit [Paanakker], Theo D. [Derksen], [Gerd] Matthäi (Karte!), Frau [Helene] Tillmanns, Dr. [Bernhard] Peters, Kaplan [Ger­hard] Al­sters[1], Hein W. [Wennekers], Dr. [Heinrich] Schönzeler, [Kaplan] Al­bert Hei­strüvers, Kaplan [Franz] Demers, Kaplan [Ferdinand] Stege­mann, Tante Julchen, Hans Seeger, Dechant [Jakob] Küppers, [Urban] Peif­fer, Fräulein [Dora] Peun, Willi Bodden und Johann Peters. Bis Mitt­woch­morgen daran gearbeitet!

[1] Gerhard Alsters (* 11.10.1908 in Straelen, † 14.9.1989) – Priester­weihe 22.12.1934 in Münster – Kaplan in Materborn 8.2.1935 bis 1939 – 1937 Bezirkspräses der Jungschar des Bezirkes Kleve – Pfarrer in Marienbaum 1952–1981

Zu Pfingsten 1936 fährt Karl Leisner mit seinen Studienkollegen Josef Köckemann und Max Terhorst nach Rom. Einige Tage nach ihrer Privataudienz bei Papst Pius XI. können sie am Pfingstsonntag im Chorgestühl des Petersdoms an der Papstmesse teilnehmen. Sie „entdecken“ Bischof Clemens August Graf von Galen[1], der von dem aus Straelen stammenden Prälat Joseph Leufkens[2] begleitet wird.
Karl Leisners Tagebuch von der Romfahrt wurde von der Gestapo beschlagnahmt und existiert nicht mehr. Max Terhorst hat die Erlebnisse aus Rom auf ein Tonband aufgenommen.

[1] Clemens August Graf von Galen (* 16.3.1878 auf Burg Dinklage i. O., † 22.3.1946 in Münster) – Priesterweihe 28.5.1904 in Münster – Bischofsweihe zum Bischof für das Bistum Mün­ster 28.10.1933. Am 18.2.1946 wurde er zum Kardinal ernannt und am 9.10.2005 in Rom se­ligge­sprochen.
[2] Prälat Joseph Leufkens (* 7.11.1879 in Straelen, † 30.12.1962) – Priesterweihe 28.5.1904 in Münster – Rektor der deutschen Kolonie in Neapel/I 1912–1915 – Rektor der deutschen Kolonie in Rom 1920–1928 – Rektor der deutschen Kolonie in Florenz/I u. Venedig/I 1928–1930 – Generalvikariatsrat in Münster 1931 – Rektor an St. Servatii in Münster 28.10.1934

Sonntag, 31. Mai 1936
Erlebnis der Papstmesse Pfingstsonntag 1936
[…] Erst ge­gen 8.45 Uhr – eine viertel Stunde vor Beginn der Meßfeier – machten wir uns auf den Weg zum Portal. Wir zeigten einem – wie uns schien – höherchar­gier­ten Schweizergardisten un­sere Platzkarten und erlebten dann dasselbe über­­raschte Gesicht wie vor zwei Tagen am Portal des Vatikan­palastes. Skeptischer Blick auf unsere jun­gen Ge­sichter, auf unsere nicht gerade nach Maßarbeit sitzenden Togen, dann wieder auf unsere Karten; doch schließ­lich schien der nicht zu bezwei­felnde Besitz der Karten zu über­zeugen. Der Gardist ver­beugte sich und for­derte uns auf, zu folgen. Wir betraten die weite und hohe Halle der Kathe­drale. Unser Gardist führte uns stracks durch den Mittelgang hindurch auf den Hauptaltar zu. So kamen wir zur Vierung, dort steht das allen be­kannte Wunderwerk [Gian Lorenzo] Berninis, der von vier gewun­denen bronze­nen Säulen getragene Baldachin, der den Hauptaltar und die Confessio Petri gleicher­weise über­dacht. Ihn wiederum überwölbt der Welt herrlich­ste Kuppel, die im An­satz einen Durchmes­ser von 54 Meter hat und eine Höhe von 130 Meter er­reicht. Unser Gardist umging den Altar nach rechts und im Chor­raum – etwa in der Mitte zwi­schen Altar und Papstkathedra – in der Apsis wurden uns un­sere Plätze an der rechten Seite im mehr­reihi­gen Chorge­stühl zu­gewiesen. So hatten wir glei­cherweise sehr guten Blick zur Kathedra, auf der ja wäh­rend der Feier der Papst zeitweise Platz nimmt, wie auch nach links hinüber auf die Rückseite des Altars.
Links und rechts von uns, hinter und unter uns in den gestaffelten Reihen des Chorgestühls befanden sich die Herren des welt­weiten di­plomati­schen Chors [Korps] in hochvornehmen Kleidern, dekoriert mit Schärpen und Orden. Die untersten Reihen des Chorgestühls nahmen auf beiden Seiten die Kurien­kardinäle und eben anwe­sende weitere Kardinäle sowie Bischöfe in ihren farbkräftigen Roben ein. Unter ihnen entdeckten wir sehr bald, nicht weit von uns und auf gleicher Seite die hohe Gestalt un­se­res Bischofs aus Mün­ster – Clemens August Graf von Galen– beglei­tet von Prälat Joseph Leufkens. Ob er uns erkannt hatte? Doch da drehte sich Prälat Leufkens zu uns um. Er, selbst aus Münster, kannte Jupp gut vom Ministrieren her. Er schaute ihm scharf ins Ge­sicht, stutzte, dann grinste er ganz unverhohlen und legte seinen Finger über beide Lippen.[1] Wir verstanden.[2] An der gege­nüber­liegen­den Seite ent­deckten wir auch den damals in Deutschland gut bekannten [Eugenio] Kardinal Pacelli, den späteren Papst Pius XII.
[…] Es war kurz nach der heiligen Wandlung, als ich Karl links von mir schluchzen hörte. Ich fragte ihn still: „Karl, was ist?“ Er: „Es ist zu schön! Es ist so gewaltig!“ Ich verstand ihn gut. Wir alle empfanden ähnlich.

[1] Josef Köckemann am 11.3.1998 im Gespräch mit Hans-Karl Seeger:
Leufkens rief „Ecco!“ [Sieh da!], aber ich legte meine Finger auf den Mund und Leuf­kens ver­stand, er stützte sich beim Beten so auf die Bank, daß der Bischof bei ei­nem Blick zur Seite uns Theo­logen nicht sehen konnte.
[2] Max Terhorst:
Streng genommen war es uns nicht erlaubt, das Studium in Freiburg/Br. zu unterbrechen, bzw. unsere Pfingstferien eigenmächtig auf vier Wochen zu ver­längern (Seligsprechungsprozeß: 822f.).

Im August 1936 brechen die Jungen zur großen Allgäufahrt auf und kommen am ersten Tag auch durch Straelen. Im Nachlass von Karl Leisner gibt es zu dieser Fahrt keine Aufzeichnungen. Willi Elshoff hat ein Fahrtenbuch geführt.

Kleve, Samstag, 1. August 1936, 1. Tag
Frühmorgens, um 4.00 Uhr, verließen wir mit schwerbepacktem Rade Kleve und lenkten unser Stahlrößchen auf Goch zu. […] Unterdessen setzte der Regen mächtig ein. Wir zogen unsere Mäntel an und weiter ging es über Strae­len, Kaldenkirchen, Brüggen.

1939 besucht Karl Leisner Gerhard Alsters, der in Materborn Kaplan war.

Kleve, Donnerstag, 16. März 1939
Bei [Gerhard] Alsters!

Kleve, Samstag, 18. März 1939
Bei [Gerhard] Alsters am Nachmittag.

Am 9. November 1939 wurde Karl Leisner im Lungensanatorium Fürstabt-Gerbert-Haus in St. Blasien verhaftet und kam über die Gefängnisse Freiburg und Mannheim sowie das KZ Sachsenhausen am 14. Dezember 1940 als Schutzhäftling in das KZ Dachau. 1942 begegnet er Matthias Mertens bei dessen Ankunft im KZ Dachau.

Matthias Mertens schreibt dazu:
Als ich am 17. April 1942 in Dachau eingeliefert wurde und in den er­sten Tagen bemüht war, nach dreimonatiger Einzelhaft im Gefängnis mich nun hier in diesem tollen Massenbetrieb des Konzentrationslagers einzuleben bezw. einigermassen zurecht zu finden, da war Karl [Leisner] einer der ersten vom Pfarrerblock, der mir am Drahtzaun des isolierten Zugangs­blocks ein herzliches „Willkommen“ bot. Mir fiel dabei auf, dass der Händedruck des von seiner Krankheit durchaus Gezeichneten und die wenigen Worte, die er mir fürs erste sagen konnte, von ungekünstelter Kraft und froher Zu­versicht zeugten.[1]

[1] Prie­sterweihe hinter Stacheldraht. Aus dem Kon­zentrationslager Dachau. Von Kaplan Matthias Mertens, Arosa. In: Neue Zürcher Nachrichten vom 28., 29., 30., 31.3. u. 1.4.1949. Ab­druck in: Gaesdoncker Blätter 1988: 14–26

Am Sonntag, dem 17. Dezember 1944, Gaudete, wurde Karl Leisner im KZ Dachau heimlich zum Priester geweiht, ein einmaliges Geschehen in einem KZ. Die Zahl der Teilnehmer war begrenzt, die Priester aus seiner Heimatdiözese Münster gehörten dazu. Matthias Mertens legte Karl Leisner bei der Priesterweihe die Hände auf und nahm auch an seiner Primiz am 26. Dezember 1944, seiner ersten und einzigen heiligen Messe, teil. Auf einem Glückwunschzettel, den 30 Priester aus der Diözese Münster in lateinischer Sprache unterschrieben haben, ist sein Name aufgeführt, daneben hat er auf einer Glückwunschkarte mit einem allgemeinen Bischofswappen und dem Wahlspruch[1] des Bischofs von Münster Clemens August Graf von Galen unterschrieben sowie in einer Gratulationsmappe mit den Unterschriften von 239 Priestern.

Nach der Befreiung des KZ Dachau durch die Amerikaner steht dieses unter Quarantäne. Otto Pies[2] gelingt es, Karl Leisner unbemerkt aus dem KZ zu holen und in das Waldsanatorium Planegg zu bringen. Matthias Mertens, der am 9.4.1945 entlassen worden war und vorübergehend in München wohnte, besucht Karl Leisner in Planegg.

[1] Nec laudibus nec timore – Weder für Lob noch aus Furcht
[2] Pater Dr. Johannes Otto Pies SJ (* 26.4.1901 in Arenberg bei Koblenz, † 1.7.1960 in Mainz) – Eintritt in die Gesellschaft Jesu am 14.4.1920, Priesterweihe am 27.8.1930 – Am 31.5.1941 wurde er wegen eines Protestes gegen die Klosteraufhebung von der Gestapo verhaftet – Am 2.8.1941 brachte man ihn aus dem Gefängnis in Dresden ins KZ Dachau. Dort teilte er sich einen Spind mit Karl Leisner und kümmerte sich intensiv um Karl Leisner.

PlaneggPlanegg, Freitag, 1. Juni 1945, Herz-Jesu-Freitag
Die vier Wochen sind nur so verflogen.[1]
[…] Am 29.[5.] Matthias Mertens. Strengt mich noch zu sehr an alles. (Grüße von [Heinrich] Sel­horst, [Hein­rich] Küp­pers bestellt er – im Schwa­binger Kran­kenhaus[2]). Fein erzählt. Mit Her­mann Richarz und Mat­thias zusam­men ge­ges­sen.

[1]    Vermutlich konnte Karl Leisner wegen seines schlechten Gesundheitszustandes nicht täglich Eintragungen ma­chen. Daher fasste er in Folgendem zusam­men, was sich zwischenzeitlich ereignet hatte.

[2] Entlassene KZler wurden u. a. im Schwa­binger Kran­kenhaus behandelt.

Matthias Mertens schreibt zu dieser Begegnung:
Ich hatte Gelegenheit, ihn [Karl Leisner] in den ersten Junitagen von München aus zu besuchen. Wieder konnten wir nur wenige Worte wechseln, diesmal wegen der Schwäche des Kranken. Aber dennoch waren meine Eindrücke fast die gleichen wie vor drei Jahren: eine ungebrochene Zuversicht und eine sieghafte Freude strahlten von ihm aus. In diesem Satz, den er mir sagte, kommen sie so recht zum Ausdruck: „Um drei Dinge habe ich stets gebetet: um die Genesung, um die Freiheit und um das Priestertum. Gott schenkte sie mir alle drei, nur in umgekehrter Reihenfolge“.[1]

[1] Mertens, Matthias: Priesterweihe hinter Stacheldraht, Seite 26

Impressionen zur Karl-Leisner-Straße in Straelen

Straelen Karl-Leisner-Straße 7Straelen Karl-Leisner-Straße 3

Straelen Karl-Leisner-Straße 6Straelen Karl-Leisner-Straße 4

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Text und Fotos Christa Bockholt und IKLK-Archiv