Im Sommer 2001 pilgerten französische Jugendliche auf den Spuren Karl Leisners
Neben weiteren französischen Gruppen, die 2000 und 2001 auf den Spuren Karl Leisners durch Deutschland reisten, war eine Gruppe von 17 Jugendlichen, die unter dem Motto „Karl Leisner, ein Vorbild für die Jugend Europas“[1] elf Tage durch Deutschland pilgerten.
[1] Am 8. Oktober 1988 hat Papst Johannes Paul II. Karl Leisner und den Franzosen Marcel Callo vor 42.000 Jugendlichen aus ganz Europa in Straßburg als Vorbilder vor Augen gestellt.
Die Jugendlichen trugen weiße T-Shirts, die auf dem Rücken bedruckt waren mit dem Portrait Karl Leisners, das einem Jugendfoto von ihm entnommen wurde, und der Beschriftung: „été 2001 – Christ est ma passion – Sur les pas de Karl Leisner [Sommer 2001 – Christus ist meine Leidenschaft[1] – Auf den Spuren Karl Leisners]“.
[1] Der Zusatz „Christus – Du bist meine Leidenschaft“ steht unter Karl Leisners Tagebucheintrag vom 1.5.1934. Wahrscheinlich hat er ihn am 2.9.1935 nachgetragen.
In ganz Frankreich hatte man für diese Pilgerfahrt geworben. Die geistlichen Begleiter gehörten zur Gemeinschaft vom Heiligen Johannes und kamen aus Marseille, die Jugendlichen aus verschiedenen Städten Frankreichs. Die Gruppe interessierte sich über Karl Leisner hinaus für Edith Stein, Rupert Mayer und die Mitglieder der „Weißen Rose“. Neben Kleve, Rees, Kevelaer und Xanten am Niederrhein waren die weiteren Stationen Dachau, Planegg, München, Freiburg, St. Blasien, Köln und Münster.
Im Waldsanatorium in Planegg führten die Jugendlichen ein Gespräch mit Schwester Maria Imma Mack[1], die das Notwendige für die Priesterweihe Karl Leisners heimlich in das KZ Dachau brachte. Sie ließen sich von Schwester Juvenalis Brandl[2], die in der Nacht vor Karl Leisners Tod Wache auf der Station gehalten hatte, über die letzten Stunden im Leben Karl Leisners berichten.
[1] Schwester Maria Imma (Josefa) Mack (* 10.2.1924 in Möckenlohe, † 21.6.2006 in München) wurde 1940 Kandidatin der Armen Schulschwestern im Angerkloster in München. Ab 1942 arbeitete sie als Helferin im Kinderheim des Ordens in Freising. 1944 wurde sie beauftragt, wöchentlich in der Plantage des KZ Dachau Pflanzen und Blumen einzukaufen. Dabei wurde sie zur großen Helferin für viele Häftlinge im KZ Dachau. Unter dem Decknamen Mädi übernahm sie Kurierdienste. Für die Priesterweihe Karl Leisners schmuggelte sie die notwendigen Briefe aus dem KZ und die für die Weihe erforderlichen liturgischen Gegenstände, aber auch Arzneien und kräftigende Lebensmittel für Karl Leisner in das Lager hinein. Im Martyrerprozeß für Karl Leisner hat sie 1990 als Zeugin ausgesagt.
[2] Schwester Maria Juvenalis (Ottilie) Brandl (* 10.12.1914 in Stetten/Niederbayern, † 11.10.2008 im Waldsanatorium Planegg) – Eintritt bei den Vinzentinerinnen (München) 20.5.1933 – Einkleidung 29.7.1934 – Profess 16.7.1936 – Verwaltungsschwester im Waldsanatorium Planegg März 1945 bis zum Ruhestand Juni 1992 – Als Bewohnerin des heutigen Seniorenheims gab sie Besuchern gerne Auskunft über dessen Zeit in Planegg. Im Seligsprechungsprozeß für Karl Leisner hat sie 1982 als Zeugin ausgesagt.
In Kleve besuchten die Pilger die Geschäftsstelle des IKLK, wo sie u. a. Karl Leisners Schwester Elisabeth Haas kennenlernten, die anhand einer Dia-Reihe vom Leben und Wirken ihres Bruders, von seinem Einsatz für die Jugend berichtete.
Die Gruppe lernte den Zeitzeugen Pfarrer Hermann Scheipers[1] kennen, der mit Karl Leisner im KZ Dachau inhaftiert war und ihm bei seiner Priesterweihe die Hände auflegte.
[1] Prälat Hermann Scheipers (* 24.7.1913 in Ochtrup, † 2.6.2016 in Ochtrup) – Theologiestudium in Münster 1932–1936 – Wechsel ins Priesterseminar des Bistums Meißen in Schmochtitz bei Bautzen 1936 – Priesterweihe 1.8.1937 in Bautzen – Kaplan in Hubertusburg 1937–1941 – Er kam am 28.3.1941 wegen Polenseelsorge ins KZ Dachau und entfloh auf dem Evakuierungsmarsch vom 26.4.1945. Nach dem Zweiten Weltkrieg arbeitete er in der ehemaligen DDR, seit 1983 lebte er in Ochtrup. Im Seligsprechungsprozess 1981 und Märtyrerprozess 1990 für Karl Leisner hat er als Zeuge ausgesagt.
Ein Höhepunkt war die Eucharistiefeier in der Märtyrerkrypta des Xantener Doms, in der auch Karl Leisners Grab ist. Der Zelebrant trug das Messgewand, in dem Karl Leisner seine erste und einzige Messe gefeiert hat.
Schwester Marie François Scheuir schrieb einen ausführlichen Bericht, der die beeindruckenden Erlebnisse der Pilgerreise widerspiegelt. Er wurde mit zwei weiteren Berichten von Elisabeth Haas über den Besuch von französischen Pilgergruppen im Rundbrief Nr. 45 von Februar 2002 abgedruckt.
Rundbrief des IKLK Nr. 45 – Februar 2002: 94–99
06Besuche
Text Christa Bockholt, Fotos IKLK-Archiv