Im Nachlaß von Karl Leisners Bruder Willi fand sich folgender Entwurf für eine Todesanzeige zur Veröffentlichung in der Berliner Presse.
J e s u s C h r i s t u s
der ewige Hohepriester
rief am Sonntag, dem 12. August 1945 den Neupriester
K a r l L e i s n e r
zu sich in sein ewiges Reich.
Er starb nach 5½ jähriger Leidenszeit im Konzenztrationslager Dachau, umgeben von seiner Mutter, seinen Schwestern und treuen Freunden im Sanatorium zu Planegg und wurde am 20. August in seiner Heimatstadt Kleve beigesetzt.
Im Namen der Eltern und Geschwister
Willi Leisner
Berlin-Lichterfelde
Hortensienstr. 17a1
Willi Leisner hat am 28. September 1945, nachdem er vom Tod seines Bruders erfahren hatte, im Taschenkalender unter dem 12. August 1945 nachgetragen:
+ Karl in Planegg
Paula Leisner:
Als Karl am 12. August 1945 starb, war nur P. [Otto] Pies [SJ] bei ihm. Als wir dann gerufen wurden und zu ihm kamen, war er bereits gestorben.[1]
[1] Seligsprechungsprozeß: 308
Elisabeth Haas:
Am 12.8.1945 weckte uns eine Ordensfrau [Schwester Juvenalis Brandl] gegen 5.15 Uhr und teilte uns mit, daß Karl verstorben sei. Otto Pies und Karl hatten gewünscht, beim Sterben allein zu sein.
So standen wir nun – Mutter und wir drei Schwestern – bei der Leiche unseres früh vollendeten Bruders. Nun setzten die Überlegungen ein, wie es weitergehen sollte. Karl hatte noch bei unserem Gespräch gesagt: „Die Muttergottes wird schon alles richtig fügen.“[1]
[1] Haas, Elisabeth: Dokumentation vom 30. Januar 1991, (Manuskript): 6
Pater Otto Pies SJ verschleiert die Tatsache, daß er bei Karl Leisners Sterben allein mit seinem Freund war.
P. Otto Pies SJ:
Am Sonntag, dem 12. August, kurz vor 5 Uhr wurde der Sterbende etwas unruhig. Der bei ihm wachende Priester [Otto Pies] betet die Sterbegebete und reicht ihm das Kreuz zum Kuß. Er versteht, betet mit und reicht die Hände zum Abschied. Bald wird der Atem kurz und schwach, Mutter und Schwestern begleiten seine Seele mit ihren Gebeten über die Schwelle des anderen Lebens, wo er die Herrlichkeit Christi schauen soll, die er in seinem kurzen und doch so starken Leben so geliebt, die er immer und überall darstellen wollte.[1]
[1] Pies, Otto: Stephanus heute. Karl Leisner. Priester und Opfer, Kevelaer 1950: 20 – 6 Auflagen, 7. Auflage 2008 kommentiert von Hans-Karl Seeger
Mutter Amalia Leisner wollte zunächst nicht wahrhaben, daß ihr Sohn bereits gestorben war, als sie an sein Bett kam. Später hat sie es akzeptiert.
Mutter Amalia Leisner:
Sonntag: 5.30 Uhr ruft Schwester [Juvenalis Brandl] mich, ich erreichte noch das Zimmer[1] und in wenigen Minuten verschied unser lieber Karl.[2] 5.45 Uhr. Nachmittags kamen Herr Pfarrer [Friedrich Pfanzelt] von Dachau und P. Engelbert Rehling [OMI], Pfarrer Waigel [Eugen Weiler] und Farber [Eduard Farwer].[3]
[1] Mutter Leisner und ihre Töchter waren in einem Nebengebäude untergebracht.
Elisabeth Haas aus Kleve am 7.7.2007 an Hans-Karl Seeger:
Wo Mutter und Maria im Haus schliefen, weiß ich nicht mehr. Paula und ich schliefen auf einem „Matratzenlager“ im Keller.
[2] Schwester Ingenes Jehle:
Wir Schwestern waren bereits in der Kirche versammelt zur hl. Messe, als die Mitteilung kam, eben sei Karl Leisner gestorben. Wenn ich mich recht erinnere, wurde gleich das Ablaßgebet durch uns Schwestern für ihn verrichtet (Seligsprechungsprozeß: 1226).
[3] Leisner, Amalia: Notizen vom 9.7.1945ff./II, (Manuskript): 3
Mutter Amalia Leisner:
Als Karl am 12. August 1945 starb, hat man mich wohl sofort geweckt, ich traf ihn aber nicht mehr lebend. Pater Pies hat ihm in der letzten Stunde beigestanden.[1]
[1] Seligsprechungsprozeß: 147