Im März 1972 wurde in dem ehemaligen Gebäude der evangelischen Schule an der Keppelner Straße 26 in Uedem[1] unter der Trägerschaft der Katholischen Kirchengemeinde St. Laurentius ein Kindergarten mit drei Gruppen eröffnet, der später nach Karl Leisner benannt wurde.
[1] Die Gemeinde Uedem liegt am unteren linken Niederrhein und hat ca. 8.500 Einwohner. Besiedelung seit dem 7. Jhdt. – 863 erste urkundliche Erwähnung – 1266 erstmalige Erwähnung der Kirche St. Laurentius
Die Einrichtung wurde vorerst nur „Katholischer Kindergarten“ genannt. Der Vorschlag für die Benennung nach Karl Leisner kam von dem damaligen Ersten Vorsitzenden des IKLK, Pfarrer Heinrich Kleinen[1], der von 1961 bis 1986 Pfarrer in Uedem war und mit Karl Leisner zum 1. Mai 1934 in das Collegium Borromaeum in Münster eingetreten war, sowie der Kindergartenleiterin Angelika Verhaelen, deren Fachlehrerin Paula Leisner[2], die Schwester von Karl Leisner, gewesen war.
[1] Heinrich Kleinen (* 27.8.1914 in Duisburg-Hamborn, † 10.2.2004 in Goch) – Priesterweihe 23.9.1939 in Münster – Kaplan in Kleve Christus König 1948–1954 – Pfarrer in Uedem 1961–1986 – Erster Vorsitzender des IKLK 1975–1987 – Im Martyrerprozeß für Karl Leisner hat er 1990 als Zeuge ausgesagt.
[2] Paula Maria Leisner (* 25.12.1919 in Rees, † an den Folgen eines Verkehrsunfalls vom 14.11.1989 am 19.2.1990 in Kleve) – Abitur 3.3.1939 – Ausbildung im Berufspädagogischen Institut (BPI) in Frankfurt/M. 1941-1943 – Staatsexamen 20.4.1943 – Tätigkeit als Lehrerin an der Städt. Berufsschule in Frankfurt/M. bis Mai 1944 – Mai 1944 bis Juni 1945 vollbeschäftigte Gewerbelehrerin an der Städt. Berufs- und Handelsschule in Goch. Am 10.11.1944 wurde sie zur Westwallküche dienstverpflichtet. Vom 1.9.1946 bis 1.4.1947 Gewerbelehrerin und ab 1.4.1947 Gewerbeoberlehrerin an der Städt. Berufs- und Handelsschule in Kleve. Im Seligsprechungsprozeß 1981 und Martyrerprozeß 1990 für Karl Leisner hat sie als Zeugin ausgesagt.
Aufgrund des Geburtenrückgangs wurde der Karl-Leisner-Kindergarten 1980 auf zwei Gruppen reduziert. Im Oktober 1982 konnte die Schließung durch das Engagement der Eltern verhindert werden, die Öffnungszeiten wurden reduziert. Da die Nachfrage in den Folgejahren anstieg, wurde 1987 erneut eine dritte Gruppe eingerichtet. Die Betreuung erfolgte ganztägig. Ab 1991 kam eine vierte Gruppe hinzu.
Im Sommer 2012 wurde der Karl-Leisner-Kindergarten geschlossen. In den Räumen ist heute das städtische Jugendzentrum Focus untergebracht. Der katholische Kindergarten St. Laurentius in Uedem wurde umgebaut; die Kinder von beiden Kindergärten werden dort unter dem neuen Namen St. Franziskus-Kindergarten betreut.
Mit der Gemeinde Uedem wird Karl Leisner neben Heinrich Kleinen seine Mitbrüder Theo van Aaken[1] und Franz Demers[2] verbunden haben. Darüber hinaus kamen die Jungen auf ihren Fahrten nach Uedem, welches zum Dekanat Kleve gehörte, für das Karl Leisner ab März 1934 als Bezirksjungscharführer zuständig war.
[1] Theodor (Theo) van Aaken (* 13.8.1913 in Uedem, † 21.7.1973) – Priesterweihe 18.12.1937 in Münster – Kaplan in Liesborn 1938 bis zum Militärdienst 1940 – Pfarrer in Asperden 1959–1973 – Sein plötzlicher Tod war der konkrete Auslöser für die Gründung eines „Freundeskreises Karl Leisner“ am 6.11.1973, aus dem am 3.10.1975 der IKLK hervorging.
[2] Franz Demers (* 27.3.1899 in Duisburg, † durch Autounfall 12.6.1954 in Ligne/Belgien) – Priesterweihe 27.2.1926 in Münster – Kaplan in Kleve St. Mariä Himmelfahrt 25.10.1934 bis 4.9.1941 – danach Kaplan in Bottrop – Kaplan in Uedem 27.7.1943 bis 1946 – Pfarrer in Kranenburg 1946
Kleve, Sonntag, 21. Mai 1933
9.45 Uhr ab Hiby zum Eisernen Mann – sauber! Mit einigen Defekten nach Uedem zu Wem [Vervoorts].
Karl Leisner am 27. Mai 1933 an Walter Vinnenberg:
Vorigen Sonntag [21.5.1933] waren wir zu 17 Mann per Rad nach Uedem und haben dort Wem Vervoorts (Flachskopf), der dort Bäckerlehrling ist, besucht.
Münster, Freitag, 15. Juni 1934
Mit Theo van Aaken, [Josef] Perau und Wem van Gemmeren suche ich im Antiquariat Schöningh rum und bummele dann mit Wem v. G. wieder zum lieben „Kasten“ [Collegium Borromaeum] zurück.
Münster, Sonntag, 8. Juli 1934
Nach dem Essen mit Günther Oslislo, Theo van Aaken und Max Terhorst zum DJK-Stadion [Koburg]. Dort schwimmen (Josef Scholten („Schuß“) kam per Rad nach!), – 10 Runden hintereinander geschwommen! – Nachher Günther ins Wasser gestoßen. Schuß stößt Theo van Aaken mit Mappe, Brille und Handtuch rein. Allgemeines Gelächter!
Kleve, Sonntag, 29. Juli 1934
Jungscharführerwochenend in Uedem
Gegen 9.30 Uhr in Uedem, wo wir Thej [Theo] Köster und Jupp Kempkes treffen. – Gegen 10.00 Uhr beginnt das Bezirkstreffen mit zackigem Lied und mit der Aussprache. […] Dann hielt ich meinen – etwas kümmerlichen – Vortrag über „Die Erziehung des Jungen zur Natur“.
Kleve, Samstag, 1. Januar 1938, Neujahr
9.45 Uhr in Keppeln zur Primiz von Gerd Rogmann. Das ganze Dorf feiert mit. Alles in Festschmuck. Echt! 10.00 Uhr [Primiz-]Amt. Theo van Aaken und Willi Grave levitieren [als Diakon und Subdiakon]. Fein!
Karl Leisner aus dem KZ Dachau am Samstag, 16. Oktober 1943 an seine Familie:
Wie geht’s Franz Demers? Ist er noch in Uedem?[1]
[1] Vermutlich möchte Karl Leisner wissen, ob Franz Demers zum Militär eingezogen wurde.
Text Christa Bockholt, Foto Angelika Verhaelen