Unter „Gottes Bodenpersonal“ sind auch Menschen, die Karl Leisner gekannt hat

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Ludwig Gschwind
Gottes Bodenpersonal
Media Maria Verlag 2014
Geb., 12 x 19 cm
144 Seiten
€ 13,50  (D), € (A) 13,85
ISBN 978-3-9816344-4-0

 

 

„Kirche heute“ Nr. 6/Juni 2014: 11 stellt dieses Buch vor:
Prälat Ludwig Gschwind hat ein originelles Buch veröffentlicht. Unter dem Titel „Gottes Bodenpersonal“ ist ihm eine faszinierende Zusammenstellung unterschiedlichster Priestergestalten gelungen. Die informativen Kurzbiografien aus der neueren Zeit geben einen abwechslungsreichen Einblick in die bewegte Geschichte der Kirche unseres Landes, bieten aber auch wertvolle Anregungen für die Gestaltung des eigenen Lebens. Dies gilt nicht nur für Persönlichkeiten, die sich in vorbildlicher Weise für das Reich Gottes eingesetzt haben. Auch die „traurigen Beispiele“ von Hirten, die ihrer Verantwortung nicht gerecht geworden sind, können zum Nachdenken anregen.

Unter den von Prälat Ludwig Gschwind vorgestellten Persönlichkeiten befinden sich folgende Priester, die Karl Leisner gekannt oder mit denen er sich beschäftigt hat: Korbinian Aigner, Heinrich Brauns, Peter Dörfler, Heinrich Federer, Heinrich Hansjakob, Sebastian Rieger und Augustin Wibbelt. Auch dem mit Karl Leisner gemeinsam seliggesprochenen Bernhard Lichtenberg ist ein Kapitel gewidmet.

Korbinian Aigner (* 11.5.1885 in Hohenpolding, † 5.10.1966 in Freising) – Priesterweihe 29.6.1911 in München – Er kam wegen Verstoßes gegen das Heimtückegesetz am 12.9.1940 ins KZ Sachsenhausen, am 3.10.1941 ins KZ Dachau und entfloh beim Evakuierungs­marsch vom 26.4.1945.

Karl Leisner und Korbinian Aigner kannten sich bereits aus dem KZ Sachsenhausen. Zusammen wurden sie ins KZ Dachau verlegt. Korbinian Aigner zählt zu den Gratulanten zur Priesterweihe und unterschrieb einen Glückwunsch der KZ-Priester zu Karl Leisners Geburtstag am 28. Februar 1945.

Siehe Aktuelles vom 17. Juli 2013

Dr. rer. pol. Heinrich Brauns (* 31.1.1868 in Köln, † 1939 in Lindenberg/Allgäu) – Prie­ster­weihe 1890 – bis 1900 in der Seelsorge – Mitglied der Nationalversammlung in Wei­mar 1919 – im Reichstag 1920 – Reichsarbeitsminister 1920–1928 – führender Sozial­poli­tiker der Zentrumspartei und Arbeitsminister mehrerer Regierungen – einziger je einer Reichs­re­gierung angehörender katho­li­scher Priester

Heinrich Brauns begegnete Karl Leisner im Zusammenhang mit der Jugendbewegung, insbesondere mit dem Jungborn.

Dr. theol. Peter Dörfler (* 29.4.1878 in Obergermaringen, † 10.11.1955 in München) – Priester­weihe 1903 – Dichter

1934 beschäftigte sich Karl Leisner im Zusammenhang mit der Gestaltung einer Führerschulung mit dem Tagesplan. Vorgesehen war:
14.30 bis 16.00 Uhr Lesung „Don Bosco“, cap. 1

Vermutlich lasen die Jungen Peter Dörflers Buch „Der junge Don Bosco. Mit Bildern von Rudolf Hesse, Freiburg/Br. 1930, 1. Erste Erlebnisse: 111“
Für dieses Buch wurde in „Stimmen der Jugend“ 1931: 123 geworben.

Heinrich Federer (* 6.10.1866 in Brienz/CH, † 29.4.1928 in Zürich/CH) – Priesterweihe 1893 – Schriftsteller

1934 erwarb Karl Leisner dessen Buch „Gebt mir meine Wildnis wieder“, Freiburg/Br. 1918, und in der Bücherlese 1938 begegnete er dessen Erzählung „Jungfer Therese. Eine Erzählung aus Lachweiler“, Berlin: Grote Verlag, 1915.

In seiner Bücherlese notierte Karl Leisner am 31. März 1938:
Im übrigen aber wird wahre Dichtung katholischen Geistes immer nur dann möglich sein, wenn Religion und Leben sich ganz durchdringen. Unser Hein­rich Federer hat in seiner Erzählung „Jungfer Therese“ offen heraus­ge­sagt, daß die Durchdringung von Religion und Volkstum der beste Nährbo­den katholischer Dichtung sei. Für das Leben wie für die Dichtung ist stets nur der Katholizismus erntereich, der mit dem Leben im gleichen Schritt und Tritt marschiert oder im gleichen Tempo fährt und an Stelle des moralischen Jammers über die schlimme Zeit die katholische tapfere Tat setzt.

Dr. Heinrich Hansjakob (* 17.8.1837 in Haslach, † 23.6.1916 ebd.) – Priesterweihe 1863 in Freiburg/St. Peter – badischer Heimatschriftsteller, Historiker und Politiker – Pfarrer in Hagnau 1869–1883 – Pfarrer in Frei­burg/Br. St. Martin 1884–1913 – Zu sei­nem umfang­reichen Werk gehören u. a. elf Predigt­bände. Im ersten Außensemester in Frei­burg/Br.

Siehe Aktuelles vom 15. November 2013

Msgr. Sebastian Rieger (Pseudonym Reimmichl) (* 28.5.1867 in St. Veit in Defereggen/A, † 2.12.1953 in Heiligkreuz bei Hall/A) – Priesterweihe 1891 – Volks­dich­ter

Siehe Aktuelles vom 7. Dezember 2013

Dr. phil. Augustin Wibbelt (* 19.9.1862 in Vorhelm bei Ahlen, † 14.9.1947 ebd., beigesetzt in der Wibbeltka­pelle auf dem Hof Wibbelt ebd.) – Eintritt ins Prie­sterseminar in Münster Ostern 1887 – Priesterweihe 26.5.1888 in Münster – Pfarrer in Mehr bei Kleve 1906–1935 – Pfr. i. R. in Vorhelm 3.5.1935 bis 14.9.1947 – Heimatdichter

1927 besuchte Karl Leisner Augustin Wibbelt im Pfarrhaus von Mehr.

Sonntag, 2. Oktober 1927
Fahrt nach Zyfflich mit folgenden Teilnehmern:
[Josef] Wimmer, [Karl und Willi] Leisner I und II, Dr. [Walter] Vin­nen­berg, [Alfons] van Thiel, [Theo] Derksen, [Karl] Meeter, [Jan] Ansems
20. [Bericht] (Radfahrt) Fahrt nach Zyfflich – Mehr – Donsbrüggen.
Am 2. im Gilbhardt.
Teilnehmer: Dr. [Walter] Vinnenberg, [Alfons] van Thiel ([Gruppe] Sigis­mund), [Theo] Derksen (Sigis­mund), [Jan] An­sems, [Josef] Wimmer, [Karl] Meeter, [Karl und Willi] Leisner I und II.
Wir fuhren um 15.00 Uhr unten von der Gruft ab; etwas weiter nahe Kra­nen­burg ging ein Weg nach Zyfflich, diesen Weg verfolgten wir bis zur Pa­storat, wo leider keiner zu Hause war, was wir arg bedauerten, denn wir hatten uns schon auf den Ku- hoppla Sonntagskuchen – ge­freut.[1] Von Zyff­lich segel­ten wir mit Volldampf zur Pastorat Mehr, (wo ge­rade Kir­mes war). Aber hier war Gott sei Dank Herr Pastor [Augustin] Wib­belt selbst zu Hause. Wir hat­ten gewal­tige Freude, daß uns Herr Pa­stor so freundlich aufnahm, denn wir hatten Ma­gen­knurren be­kommen. Der hochwürdige Herr Pastor führte uns durch seinen, man kann sagen botanischen Garten, nämlich in diesem Garten waren die feinsten und seltensten Rosen, ein herr­licher Lau­bengang (leckere Äppelkes), seltene Pflan­zen usw., zu sehen.
[2] Nach Besich­tigung des Gartens führte Herr Wibbelt uns in ein sehr gemütli­ches Zimmer, wo wir (fürchterlich leckere) Äpfel bekamen, die uns köstlich mundeten. Endlich, nachdem wir so alles Sehenswür­dige in der Pa­storat Mehr besich­tigt hatten, gondelten wir gegen 18.00 Uhr heimwärts. Söhni [Josef Wim­mer] blieb in der Wirt­schaft Koekkoek in Dons­brüggen hän­gen, dafür hat Dr. Vinnenberg (unser Kaplan) ihm tüchtig den Kopf gewa­schen. Wir nah­men trotzdem unseren Kurs (im Dunkeln) zu unserem Aus­gangs­punkt, wo wir uns zer­streuten und jeder seinen Weg nach Hause nahm.

[1] Es gab einen Unterschied zwischen Kuchen und „Sonntagskuchen“. Früher mach­te man einen solchen Unterschied auch beim Brot, sonntags gab es Weiß­brot oder Rosinenbrot.
[2] Schon im Frühjahr 1907 hatte Augustin Wibbelt, nachdem er 1906 nach Mehr gekommen war, zusammen mit einem Klever Gärtner die neue Gartenanlage geplant und anschließend auch ver­wirk­licht: Er legte kleine Rasenflächen, Beete mit Sträuchern und Stauden, Blumen­rabatten, Gartenwege, Laubengänge und Sitzplätze an, so daß im Laufe der Jahre fast ein Gartenparadies entstand. Dieser Pfarrgarten wurde 1912 titelgebend für seinen zweiten Lyrikband in nieder­deutscher Sprache „Pastraoten Gaoren“.

Über diesen Besuch verfaßte Karl Leisner folgenden Artikel für die Zeitschrift „Johannisfeuer“:

Karl Leisner:
Ein Einfall ins Pfarrhaus
Am 2. im Gilbhardt fuhren wir per Rad um 3.00 Uhr unten an der Gruft ab; es ging immer die Landstraße entlang, bis ein Weg bei Kranenburg nach Zyfflich abbog. Leider war dort keiner zu Hause, was wir arg bedau­erten, denn wir hatten uns schon auf den Sonntagskuchen gefreut. Von Zyfflich se­gelten wir mit Volldampf nach Mehr (wo gerade Kirmes war). Hier war, Gott sei Dank, Herr Pastor Wibbelt selbst zu Hause. Wir hatten gewal­tige Freude, daß er uns so freundlich aufnahm; denn wir hatten schon viel von ihm und seinen schönen Büchern gehört. Er führte uns durch seinen, man kann sagen, botanischen Garten; nämlich dort wa­ren die feinsten und selten­sten Rosen, ein herrlicher Blumengang, (leckere Äp­pelkes) und seltene Pflanzen. Beinahe hätten wir auch einen Teich ge­sehen; leider enthielt er kein Wasser. Dann nahm der Herr Pa­stor uns mit in ein gemütliches Zim­mer, wo wir leckere Aepfel bekamen, die uns Ia. schmeckten. Er erzählte uns von seiner Heimat in Westfalen und von den Fahrten, die er dort gemacht hatte. Später zeigte er uns seine große Büche­rei und sehr alte Bilder, die auf die Wand gemalt waren. Endlich, nach­dem wir alles Sehenswürdige der Pastorat Mehr besichtigt hat­ten, gondel­ten wir gegen 6.00 Uhr heimwärts. Söhni [Josef Wimmer] blieb unterwegs irgendwo hängen, weil er seine Eltern ent­deckt hatte. Weil er still ausge­kratzt war, ohne was zu sagen, hat ihm unser Führer [Walter Vin­nenberg] nachher tüchtig den Kopf gewaschen. Wir nahmen trotz der Dunkelheit unsern Kurs heimwärts. Am Rand der Stadt zer­streuten wir uns, und jeder ging seinen Weg nach Hause. So hatten wir eine saubere Fahrt erlebt.
Cleve (Horde [
Jungkreuzbundgruppe] St. Werner) Karl Leisner, Vagant[1]

[1] Johannisfeuer 1928: 137

Einige Jahre später begegnete er Augustin Wibbelt erneut bei einem Aufenthalt in Marienthal bei Wesel

Marienthal, Dienstag, 17. Mai 1932
So geht der Vor­mittag dahin. Um 11.00 Uhr sind wir fertig. Pfarrer Wibbelt ist auf Besuch zu Pfarrer [Augustinus] Winkelmann gekommen. Wir bringen ihm ein Ständchen. Er freut sich und erzählt uns Geschichten auf Münster­­län­disch Platt. „De Mergelkuhl“[1] und andere gefielen mir gut.

[1]„De Miärgelkuul“. In: Schepper, Rainer (Hg.): De Kiepenkäärl. Vertellßels uut’n Möänsterlann von Augustin Wibbelt, Mün­ster 61991: 251–263

Mergel ist ein aus Ton und Kalk bestehen­des Sedimentgestein. Sein Ab­bau hin­ter­läßt Mergelkuhlen.

Propst Bernhard Lichtenberg (* 3.12.1875 in Oh­lau/Oława/PL, † 5.11.1943 in Hof) – Priesterweihe 21.6.1899 – Dompfarrer 1932 und Dompropst in Berlin St. Hedwig 1938 – Seligsprechung in Berlin 23.6.1996

Am 23. Juni 1996 sprach Papst Johannes Paul II. Karl Leisner mit Propst Bernhard Lichtenberg im Berliner Olympiastadion selig.

Auf die Bitte von Hans-Karl Seeger, in einer weiteren Auflage des Buches auch Karl Leisner aufzunehmen, antwortete Prälat Ludwig Gschwind am 16. Juni 2014 wie folgt:

Prälat Ludwig Gschwind an Hans-Karl Seeger:

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Verehrter, lieber Herr Seeger!
Herzlichen Dank für Ihre Mitteilung. Leider konnte ich nicht alle Priesterpersönlichkeiten in meinem Buch „Gottes Bodenpersonal“ bringen, über die ich schon geschrieben habe. Daß Karl Leisner von mir geschätzt wird, mögen Sie aus beiliegendem Artikel ersehen.
Herzlich grüßt Ihr L. Gschwind

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Leider enthält der Artikel einige Ungenauigkeiten:
In Münster wohnte Karl Leisner zunächst im Collegium Borromaeum. Nach vier Semestern verbrachte er seine zwei Außensemester 1936/1937 In Freiburg/Br., in denen er sich verliebte. Danach mußte er zum Arbeitsdienst. Nach dem Arbeitsdienst gab es eine Hausdurchsuchung in Kleve, wobei seine Tagebücher beschlagnahmt wurden. Zum Wintersemester 1938/1939 kehrte er zum Studium nach Münster zurück und kam am 4. April 1938 ins Priesterseminar.
Sein Brevier und sein Missale hatte Karl Leisner im Gefängnis in Freiburg zur Verfügung und macht sich Notizen auf den freien Seiten.

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Prälat Ludwig Gschwind, Jahrgang 1940, stammt aus Nördlingen. Nach dem Abitur in Lohr/Main studierte er an der Philosophisch-Theologischen Hochschule in Dillingen/Donau. 1968 zum Priester geweiht wirkte er zunächst als Seelsorger in Augsburg und Weißenhorn. Seit 1974 ist er Pfarrer für Balzhausen und Mindelzell im mittelschwäbischen Dekanat Krumbach, dem er von 1985 bis 2009 als Dekan vorstand (URL http://www.media-maria.de/product_info.php?products_id=4281 – 18.6.2014).