Vor 100 Jahren erschien am 27. Mai der Codex Iuris Canonici (CIC)

  1. Codex Iuris Canonici, Pii X Pontificis Maximi iussu digestus Benedicti Papae XV auctoritate promulgatus, praefatione Emi Petri Card. Gasparr[i] et indice analytico-alphabetico auctus
    Typis Polyglottis Vaticanis MCMLVI
  1. Codex des kanonischen Rechtes, auf Veran­lassung von Papst Pius X. ordnungsgemäß ausgeführt und auf Geheiß von Papst Benedikt XV. veröffentlicht, mit einem Vorwort Seiner Eminenz Pietro Kardinal Gasparri und erweitert durch ein analytisch-alphabetisches Verzeichnis
    Typis Polyglottis Vaticanis 1917
  1. Codex Iuris Canonici – auctoritate Joannis Pauli PP. II promulgatus
  1. Codex des kanonischen Rechtes, auf Veranlassung von Johannes Paul II. PP, ordnungsgemäß ausgeführt
    Kevelaer: Butzon & Bercker 1983

Vor 100 Jahren bekam die römisch-katholische Kirche zum ersten Mal einen Kodex für das Kirchenrecht, ein Buch, das alle Regeln vereinte. Am 25. Januar 1983 löste ein neuer Kodex den Vorgänger von 1917 ab.

Radioakademie vom 30. Mai 2017 zum Thema „Vor 100 Jahren bekam die Kirche zum ersten Mal einen Kodex für das Kirchenrecht: Ein Buch, das alle Regeln vereinte.“ Eine Sendereihe von Pater Bernd Hagenkord SJ.

Link zur Sendung Zeitzeichen im WDR5 vom 27. Mai 2017: 27.05.1917 – Codex Iuris Canonici wird verkündet“

In der Lebens-Chronik zu Karl Leisner[1] gibt es einige Fußnoten mit Belegen aus dem CIC 1917.

[1] Karl Leisner – Tagebücher und Briefe – Eine Lebens-Chronik, 5 Bände, Herausgegeben von Hans-Karl Seeger und Gabriele Latzel im Auftrag des Internationalen Karl-Leisner-Kreises (IKLK) unter besonderer Mitarbeit von Christa Bockholt, Hans Harro Bühler und Hermann Gebert, Kevelaer 2014

Gerleve, Montag, 7. September 1931
4. Vortrag:
Laienapostolat.
Moralische Verpflichtung – Pius XI. – Biblische Beispiele:
Versammlung des Petrus [vgl. Apg 2,1ff]! Paulus bei Lydia (Pur­pur­händ­lerin) [vgl. Apg 16,14f]. In Joppe: Tabitha [vgl. Apg 9,36 ff]. – Stark – (Caritativ war sie tätig).
Wie das eine Glied den andern, so auch als Glie­der Christi den andern Glie­dern [vgl. 1 Kor 12,12–31a]. (Taufe.) König in sich selbst, gegen die niede­ren Triebe. (Kommu­nion). – Gegen Schundliteratur usw.,[…], – gegen Leichenverbren­nung[1].

[1] Die Leichenverbrennung steht nicht im Ge­gensatz zum Glauben an die Aufer­stehung, läßt sich aber so deuten. Die ablehnende Haltung fan­d im Kir­chen­recht (CIC) seinen Niederschlag, s. c. 1203, c. 1240 § 1n. Erst seit 1963 ist das Verbrennen für Katholiken gestattet.

Münster, Montag, 9. Mai 1938, Dies II. novenae in hon. Sae [honorem Sanctae] Familiae [2. Tag der No­vene zu Ehren der Heiligen Familie]
Es ist zum Zerbrechen. Die Kräfte sind unbändig in mir. Es fehlt das Maß und die Bescheidenheit. Ordo, Ordo! [Ordnung, Ordnung!] – Die kleinen Dinge immer wieder gerne üben und tun. Schlicht und treu in den kleinen Dingen des Tages, dann meisterst du auch die großen Aufgaben des Lebens. – Das Priesterideal steckt so tief in mir. Alle Kräfte müssen in seinen Bann geordnet werden. Es verlangt viel. Vor allem Maß und Beherrschung, Frei­heit von Überheblichkeit und daraus sich ergebender falscher Sinnlichkeit. – Als der Regens [Arnold Francken] heute morgen vom „Beichtteufel“ erzähl­te, wurde es mir doch ein wenig bange. Und doch glaube ich, könnte ich brutal gerecht mit solchen armen Kreaturen verfahren.[1]

[1] Damals waren die Beichtväter eher Richter, die fragten und zurecht­wiesen, anstatt barmherzig zu sein.
CIC 1983:
Can 978 § 1: Der Priester soll beim Beichthören dessen eingedenk sein, daß er in gleicher Weise die Stelle eines Richters wie die eines Arztes einnimmt und von Gott zugleich zum Diener der göttli­chen Gerechtigkeit wie auch Barm­herzigkeit bestellt ist, der der Ehre Gottes und dem Heil der Seelen dient (CIC 1983: 439).

Münster, Mittwoch, 1. März 1939
1. [Vortrag] Das Gebet. Sein Geist und Sinn. – Das Pflichtgebet [des Bre­viers]. ( Offb 8,3–6). Heilige Beicht![1] – Dicker Schlußstrich unter alle Halbheit und Komplexe! Mit Mut und Freude und Demut und Vertrauen auf die Kraft von oben: „Einen fröhlichen Geber hat Gott lieb!“ [2 Kor 9,7]

[1] Die damalige Vorschrift lautete „einmal in der Woche“.
Codex Iuris Canonici:
Ad poenitentiae sacramentum semel saltem in hebdomada accedant – Zum Sakra­ment der Buße sollen sie wenigstens einmal in der Woche gehen (CIC 1917 Can 595, § 1,3, s. Jone, Heribert: Katholische Moraltheologie. Unter besonderer Berücksichtigung des Codex Iuris Canonici sowie des deutschen, österreichischen und schweizeri­schen Rechtes, Paderborn 91937: 410 I.)

Da P. Otto Pies SJ im KZ Dachau Anfang 1945 wegen des Flecktyphus keinen Zugang zu Karl Leisner im Revier hatte, ließ dieser ihm durch einen Boten folgenden Brief nach Block 26 überbringen. Karl Leisner gab die Hoffnung nicht auf, als Seelsorger wirken zu können und erbat Literatur, um sich auf Beichttätigkeit und Trauungen vorzubereiten.

Mittwoch, 3. Januar 1945
Mein lieber Otto!
[…]
Könntest Du mir etwas kz. [kurz] schreiben „De Confessione“ [Die Beichte] et [und] „De iure matrimonii“ [Das Eherecht]. (Evtl. den kleinen Jone[1] und CIC besorgen mit kleinen schriftli­chen Hinweisen!).

[1]  Die Bemerkung den kleinen Jone bezieht sich auf die Größe des Buches: 16,5 × 11 × 2 cm.

Planegg, Dienstag, 24. Juli 1945
Schwester Orlanda Graml:

KL [Karl Leisner] hoffte wohl, sein Gesundheits­zustand werde sich dank der guten Pflege so weit bessern, daß er die hl. Messe feiern könnte. Immer wieder hat er diesen Wunsch zum Aus­druck gebracht. Leider aber ver­schlech­terte sich sein Zustand immer mehr.[1]

[1]  Seligsprechungsprozeß: 1279

P. Otto Pies SJ:
Der Hochwürdigste Herr Kardinal [Mi­chael von Faul­ha­ber] in München hatte erfah­ren, daß Karl im Kran­ken­haus eine so große Sehn­sucht nach dem heiligen Meß­opfer fühlte. Da die schwere Krankheit keine Hoff­nung auf­kommen ließ, daß der Kranke wieder einmal selbst das heilige Meß­op­fer darbrin­gen könne, war der Herr Kardinal gern be­reit, ihm einen großen Trost zu bereiten. Er ge­stattete verständnis­voll, daß für Karl das hei­lige Opfer in der Krankenstube, oder so, daß Karl von der Kran­ken­stube aus bei­wohnen konnte, dar­ge­bracht werden dürfe. Die Nach­richt von dieser Erlaub­nis machte den Schwerkran­ken sehr glücklich und dank­bar. Er selbst wünschte sich die heilige Messe am Apo­stelfest, dem 25. Juli 1945, dem Na­menstag des beim Luftangriff ver­storbenen Heimat­pfar­rers Ja­kob Küp­pers.[1]

[1] Pies, Otto: Stephanus heute. Karl Leisner. Prie­ster und Opfer, Kevelaer: Butzon & Bercker 1950: 197 – 7. Auflage 2008 kommentiert von Hans-Karl Seeger

Heute ist es kaum noch vorstellbar, wel­che Beson­derheit es war, die Euchari­stie außer­halb eines Kirchen­raumes feiern zu dür­fen. Bis zur Liturgiereform galten folgende Vor­schriften:
CIC/1917, c. 822 §1: Ordentliche Stätte der Meßfeier ist ein konse­krierter Altar in einer Kir­che.

  1. 823 §3: Als außerordentliche Stätte der Zele­bration gilt überall eine ehrbare und gezie­mende Stätte für die Inhaber des Pri­vilegs eines Trag­al­tars, zum Bei­spiel Kar­dinäle und Bi­schöfe.
  2. 822 §2: Anderen Priestern kann dieses Privi­leg vom Heiligen Stuhl auf persönli­che Empfeh­lung des Bischofs verliehen werden, wenn drin­gende Gründe wie zum Beispiel Feri­enlager mit Jugendli­chen oder Krank­heit vorlie­gen.

Am 25. Juli wurde der Al­tar auf dem Gang vor dem Zimmer 76 auf­gebaut und das Bett im Zimmer so gestellt, daß Karl Leis­ner alles verfolgen konnte.