Vor 1000 Jahren wurde der Wormser Dom geweiht

Worms a. Rh. Der Dom – Tagebuch Nr. 6, S. 97

Unter der Überschrift „Von der Geschichte durchweht – Nibelungenlied, Investiturstreit, Martin Luther: Der Wormser Dom wurde vor 1000 Jahren geweiht“ berichtete Georg Blüml in der Wochenzeitung Die Tagespost vom 25. Januar 2018 über die Geschichte des Domes.

 

 

Ursprünge in frühchristlicher Zeit – laut mittelalterlicher Quellen Errichtung einer dreischiffigen Basilika ohne Querschiff u. Turm auf den Grundmauern des zerstörten römischen Forums im 7. Jhd. – Burchards Ernennung zum Bischof von Worms 1000 – Abriß der nach Ansicht von Bischof Burchard zu kleinen Kirche u. Baubeginn des Domes – Weihe 9.6.1018 – Beisetzung von Bischof Burchard im Dom 1025 – Baubeginn des Domes St. Peter im spät­ro­manischen Stil nach Abriß des Vorgängerbaues vermutlich auf Grund großer Schäden in der Bausubstanz durch Bischof Burchard II. u. dessen Nachfolger Konrad II. ab 1130 – Weihe 1181 – nach Zer­stö­rungen, u. a. durch Brand, Plünderung u. Verwüstung im Laufe der Jahrhunderte sowie durch Fliegerangriffe im Zweiten Welt­krieg, andauernde Restaurierungsarbeiten – Ende Februar 2014 wurde ein seit dem Zweiten Weltkrieg verschollener Grundstein von 1484 wiederentdeckt.

Siehe auch zdf.de vom 28. Januar 2018 – 1.000 Jahre Wormser Dom – Zeuge dramatischer Ereignisse,
Nibelungenstadt Worms vom 9. Juni 2017 – Tausend Jahre Wormser Dom
und
Pfarrgruppe Worms – Dom St. Peter und St. Martin – 1000 Jahre Dom St. Peter zu Worms – Alle Veranstaltungen im Jubiläumsjahr.

In einem Klassenaufsatz erwähnt Karl Leisner Worms zum ersten Mal.

Donnerstag, 28. Januar 1932
Klassenaufsatz.
Eine Gestalt aus dem Nibelungenlied.
Das Nibelungenlied ist das schönste, furchtbarste, das deutscheste der deut­schen Heldenlieder. Die lieblichste und zugleich furchtbarste Gestalt des Liedes ist Kriemhild. Der Dichter versteht es meisterhaft, uns die liebende, trauernde und rachedürstende Frau lebendig vor Augen zu führen.
Kriemhild, die Tochter des Burgunderkönigs, wächst zu einer herrlichen, blü­henden Jungfrau heran. Zunächst will sie von Liebe nichts wissen; denn ihre Mutter hat ihr gesagt, Liebe endige immer in Leid. Als aber der tapfere Sieg­fried um sie wirbt, vergißt sie all ihre Bedenken und entbrennt in Liebe zu ihm. Allen hatte sie bis dahin widerstanden. Nur ihm kann sie sich nicht ver­sagen. So sehn wir sie als glückliche Braut und Gattin Siegfrieds. Sie zieht mit ihm nach Xanten und erlebt an seiner Seite Jahre reinsten Glücks. Sie gebärt Siegfried einen Sohn, und so ist ihr letztes Sehnen erfüllt. Aber nicht lange mehr sollte ihre Gatten- und Mutterfreude dauern. Nachdem sie schon zehn Jahre vom Hofe der Burgunder fern war, lädt ihr Bruder, der König Gunther, auf Drängen seiner Frau Brunhilde Siegfried und Kriem­hild ein, zu kommen. Sie stimmen zu und reisen an den Hof nach Worms. Hier werden sie in Liebe und mit Freuden empfangen. Zu ihren Ehren wer­den Festspiele ver­anstaltet. Dabei aber kommt es zum Streit zwischen Brun­hild und Kriemhild, wer schöner und stärker sei, Gunther oder Siegfried. Mit diesem Streit be­ginnen sich dunkle Wolken des Neides und Hasses in Brunhildens Herz zu­sammenzuballen. Sie ahnt, daß sie von Gunther betro­gen wurde, und erfährt es auch bald aus Kriemhilds Munde während des erregten Wort­wechsels vor der Kirchtür. Hiermit ist Brunhilde auf das al­lertiefste beleidigt, und jetzt sinnt sie auf Rache, auf Siegfrieds Ermordung. Hierzu gibt sich der ihr treu­ergebene grimme Hagen her. Durch seine Ränke, durch seine Hand fällt Siegfried, Kriemhildens über alles geliebter Mann.

Siehe auch Aktuelles vom 29. April 2017 – Auf den Spuren der Nibelungen. Vom Reisen im Mittelalter bis zum modernen Nibelungentourismus.

Auf Fahrten lernte Karl Leisner Worms und den Dom näher kennen.

Mainz, Dienstag, 16. August 1932, 3. Tag
Ge­gen 16.30 Uhr starten wir nach Worms, nachdem wir uns vorher von uns­rem freundlichen Beherberger dankend verabschiedet hatten. Bald sind wir wieder auf der Straße längs des Rheins. Es ist ’ne Bullenhitze. Da sehn wir vor uns auf der Landstraß’ ’n Auto stehn. Wir fragen, ob sie uns nicht bis Worms mitnehmen könnten. Die Antwort war: „Ich glob’ ihr sit woll katho­lisch“ [Ich glaube, ihr seid wohl katholisch]. – Wir stellen unsre Rä­der an die Chaussee­bäume, ziehn uns die Badebux an und tummeln uns schwim­mend im Rhein rum. Hei, das tat gut. Über Guntersblum geht’s weiter. Wir sehn den Rhein nicht mehr von der Straße aus. Wir fahren, was das Zeug hält; denn wir hatten uns mit der Strecke doch etwas arg ver­schätzt. – Kurz vor Dunkelheit sind wir am Stadteingang von Worms. Da geht Manes [Her­mann Mies] der Träger kaputt. Er kommt zu Fuß nach. Wir fahren ohne Licht noch bis ungefähr zur DJH im Gymnasium [am Barbarossa­platz]. Gegen 21.00 Uhr sind wir da. Voll! – Wir können Notla­ger bekom­men. Egal, man rin! – Schnell kocht Willi einen Pfef­fer­minztee, wäh­rend ich für Brot etc. sorge. Gegen 22.00 Uhr sind wir fer­tig. Es geht auf die schmutzigen Stroh­säcke. Verflixt, was’n Mückenloch. Die ganze Nacht quä­len die Biester einen. Ge­pennt haben wir aber doch so leidlich.

Worms, Mittwoch, 17. August 1932, 4. Tag
In aller Herrgottsfrühe stan­den wir gegen 5.00–5.30 Uhr schon auf, brausten uns und verließen die JH gegen 6.00 Uhr, holten uns einen Ge­päckträger und so begann der 4. Tag.
Unser Morgenziel war der uralte Wormser Dom. Bald stehen wir vor ihm und stehen staunend vor der Wucht und Majestät des sagenumwo­benen Got­teshauses.[1] Alles ist massiv und gewaltig an diesem Bauwerk. Wir können gerade nach der 7.15-Uhr-Schulmesse den Innenraum anschauen, ohne den Obolus beim Küster zu entrichten. Das Innere ist ro­manisch-schlicht, fast kahl. Jedoch der wuchtige Barockaltar wiegt das auf. Auch hier ist Wucht. Außer ein paar Bischofsgräbern und einigen Altären gibt’s in der Eile nichts zu sehn, denn der Domkustos wirft uns höflich raus.
[1] Karl Leisner dachte vermutlich an seinen Klassenaufsatz vom 28.1.1932 über das Nibelungenlied.

Im Studium begegnete er Worms in der Kirchengeschichtsvorlesung bei Professor Georg Schreiber.

Georg Schreiber: Kirchengeschichte des Reformationszeitalters
6. Es ist eine Verfälschung der tatsächlichen Zeitlage, wenn man sagt, der Anschlag der 95 Thesen Luthers an der Schloßkirche von Wittenberg sei etwa wie ein Blitz aus heiterem Himmel in das kirchliche Leben geschlagen und der Kirche völlig überraschend gekommen.
[…]
Auch der in Worms tätige Domprediger (1464) von Kaisersberg[1] kritisierte schon an einzelnen kirchlichen Lehren. Zu Worms wurde er aber daraufhin abgesetzt, jedoch schon einige Jahre später auf die Domkanzel von Mainz gerufen. Doch auch dort setzte man ihn nach zwei Jahren ab. Später zog er sich bis zu seinem Lebensende in ein Augustinerkloster zurück. Bibel und Vernunft sind für ihn die einzigen Quellen des Glaubens und der Wahrheit. Die Tradition wird endgültig abgetan. Ebenso wirft er das ganze Kirchen­recht (ius canonicum) und alle Konzilsdekrete als unnützen Ballast über Bord. In ihm ist ein starkes Sehnen nach der Urkirche zu verspüren.

[1] Offensichtlich handelt es sich um Johannes Ruchrath von Wesel, geboren zwi­schen 1400 und 1425 zu Oberwesel, gestorben 1481 (?) in Mainz.

Auf der Fahrt ins Allgäu (1. bis 28.8.1936) kam Karl Leisner erneut nach Worms. Über diese Fahrt sind in seinem Nachlaß keine Aufzeichnungen vorhanden. Im folgenden sind die Berichte aus dem Fahrtenbuch von Wilhelm Elshoff wiedergegeben.

Mainz, Mittwoch, 5. August 1936, 5. Tag
Um 11.15 Uhr standen wir vor dem Dom in Worms. Ein Führer zeigte uns die Gräber der deutschen Kaiser und Könige und machte uns auf beson­dere Se­henswürdigkeiten aufmerksam. Hinter Worms machten wir unsere Mittags­rast.

Auch Karl Leisners Eltern hatten Begegnungen mit Worms.

Rundbrief von Vater Wilhelm Leisner aus Kleve am Mittwoch, 7. Juni 1944, an seine Kinder und an die Verwandten in Heidelberg und Speyer:
Nach schön verlebtem Sonntag ging es Montag [5.6.] früh über Ludwigshafen nach Worms – zwei Stunden – nach Mainz – eine Stunde – Aufenthalt; dort bekam ich einen Eilzug, der mich so nach Köln brachte, daß mein Anschlußzug gerade aus dem Bahn­hof herausfuhr.

Donnerstag, 16. August 1945
Mutter Amalia Leisner:

Kurz vor 8.00 Uhr ab Eßlingen über Karlsruhe, Darmstadt, Worms, Frank­furt/M., Wiesbaden bis Oestrich/Rhein[1], übernachtet bei Familie Her­mann Fuhr­mann [? Römer­straße[2]]. (5.30 bis 6.00 Uhr heilige Messe)[3]
[1] Maria Leisner aus Oestrich am 16.8.1945 an Willi Leisner in Berlin:
Von Karl bekamen wir Mitte Juni Nachricht, daß er in Planegg bei München im Sanatorium sei. Gleich haben Vater und Mutter sich aufgemacht und sind 6 Tage mit dem Güterzug gefahren. Kannst du Dir Karls Freude vorstellen. Es war herrlich. Karl war aber so krank, daß er nicht zu retten war.
[2] Zur Familie Fuhrmann gehörten Katharina Fuhr­mann und ihr Bruder P. Balthasar Fuhrmann OFM.
[3] Leisner, Amalia: Notizen vom 9.7.1945ff./II, (Manuskript): 4