Vor 145 Jahren wurde Richard Schirrmann geboren

Richard Schirrmann (* 15.5.1874 in Grunenfeld/Gronówko/ Ostpreußen/PL, † 14.12.1961 in Grävenwies­bach/Taunus) – Lehrer an der Nette-Schule in Altena/Sauer­land – Gründer einer ersten Jugendherberge probeweise in der Nette-Schule in Altena 1907 – Gründung des Deutschen Jugendher­bergs­werkes 1909 – Eröffnung der ersten offiziellen Jugend­herberge der Welt durch Umzug aus der Nette-Schule in Altena auf die Burg Altena 1912

Quelle des Fotos: Wikimedia Commons / Author: Frank Vincentz / CC-BY 3.0 (abgerufen 15.5.2019)

 

WDR 2 Stichtag brachte am 15. Mai 2019 eine Sendung über Richard Schirrmann.

Deutsches Jugendherbergswerk (DJH)

Ursprung in der Wanderlust u. dem Naturerleben der deutschen Jugend­bewe­gung – Grün­dung durch Richard Schirrmann 1909 – Er hatte die Idee, gastliche Jugend­herber­gen zu schaffen und schrieb 1910 in einem Aufsatz über „Volks­schüler­herber­gen“:
Jede Stadt und fast jedes Dorf hat eine Volksschule, die in den Ferien mit leeren Räu­men geradezu darauf wartet, in einen Schlaf- und Speisesaal für wanderlustige Kinder verwandelt zu werden. Zwei Klassenzimmer genügen, eins für Buben, eins für Mädel. Die Bänke werden teilweise übereinander gesetzt. Das gibt freien Raum zur Aufstel­lung von 15 Betten. … Jede Lagerstatt besteht aus einem straff mit Stroh gestopften Sack und Kopfpolster, 2 Bettüchern und einer Wolldecke… Jedes Kind wird angehal­ten, seine Lagerstatt wieder fein säuberlich in Ordnung zu bringen (URL http://www. orgenda.de/newsletterprint.asp?letterid=11584 – 29.6.2013).

Eröffnung der ersten offiziellen Jugendherberge durch Umzug aus der Nette-Schule in Altena auf die Burg Altena 1912 – Gründung des interna­tionalen Jugendherbergsverbandes (IYHF – International Youth Hostel Federation) 1932 – Inzwi­schen gab es in Deutschland mehr als 2.000 Jugendherbergen mit über 4,5 Millionen Über­nachtungen. 1933 wurde der Reichsverband für deutsche Jugendherbergen der HJ unter­stellt und 1949 erfolgte die Neu­gründung des Hauptverbandes auf Burg Altena.

Burg Altena an der Lenne war die erste Jugendherberge der Welt

Wehrbau aus dem 12. Jh. –  Gründung durch den Volksschullehrer Richard Schirr­mann 1912 – als Weltjugendherbergsmuseum im Origi­nal­­zu­stand erhalten – Sitz der heutigen Jugend­her­berge weiterhin in Räumen der Burg

 

 

Karl Leisner und die Jugendherbergen

Tagebucheinträge

Die Eifelfahrt war die erste größere Fahrt der Jungkreuzbundgruppe St. Wer­ner.

Kleve, Donnerstag, 5. April 1928, Gründonnerstag

Marschiertor in Aachen
Zum zweiten Stadtmauerring gehöriges Stadttor aus dem 13. Jh. – mächtiger Baukörper mit sehr hohem Mittel­trakt u. zwei halbrunden Seitentürmen – Restaurierung 1894 – Ein­rich­tung einer Herberge für Jun­gen mit Tagesraum u. Schlafraum für 20 Betten durch die Stadt 1921 – Schließung der Herberge 1932 – in der NS-Zeit Nutzung durch die HJ – seit 1964 Sitz einer Karne­valsgesellschaft

Nun marschierten wir zur Jugendherberge am Mar­schier­tor (siehe II. Bild). Hier schlief ich sehr gut.

Aachen, Freitag, 6. April 1928, Karfreitag
Vom Dom gings zur Jugendherberge; von dort, nachdem wir die Sachen aufgepackt hatten, zum Aachener Hauptbahnhof.

Jugendherberge in Aachen nach 1932

Eröffnung der Herberge am südlichen Stadtrand von Aachen, Maria-Theresia-Allee 260, 1932 – Euregionales Jugend­gäste­haus in direk­ter Nähe zu Belgien, den Niederlanden u. dem National­park Eifel

Samstag, 7. April 1928, Karsamstag

Jugendherberge in Nideggen

Ju­gend­herberge im Bergfried der Burg Nideggen Juli 1922 – 22 Betten, teil­weise Etagenbetten – Tagungs­raum mit of­fe­nem Ka­min – Eröffnung einer neuen Ju­gend­her­berge, Rather Str. 27 1.9.1930 – neue Jugendherberge, Im Effels 10 Janu­ar 2011 – über 188 Betten, groß­zügi­ges Tagungs­raumangebot u. modernste komfortable Ausstattung

Samstag, 7. April 1928, Karsamstag
Gegen 18.45 Uhr langten wir in Nideggen an. Dort suchten wir erst in der Nideggener Jugendher­berge Ob­dach. Diese war leider überfüllt und der Herbergsvater wies uns einen Rek­tor [Heinrich] Viethen an. Bei des­sen Bru­der konnten wir nach vielem Hin- und Herge­plänkel im Kuh­stall schla­fen. Dort kam abends (als wir schon in der Falle lagen) Herr Rektor Viethen her­ein und begrüßte uns. Nachts schlie­fen wir Ia prima und lecker warm. Es gab Klätschkäse …. klätsch klätsch und Nia­gara­anfälle[1].
[1] Ausscheidungen der Kühe mit den entsprechenden Geräuschen

Montag, 9. April 1928, Ostermontag
Wir spielten Speer[werfen] und warfen mit dem Schlag­ball. – Dann gingen wir vom Zeltlager herunter zur Stadt. Hier gings zur Andacht, nachdem in der Jugendherberge alle Sachen abgela­den waren. […] Als wir uns von ihm verab­schiedet hatten, gingen wir zur Jugendherberge, wo der Pud­ding gegessen wurde. Am selben Abend wur­den noch Teller und [Horden-]Pott ge­spült, da wir am andern Mor­gen früh weg­fahren wollten. Gegen 20.00 Uhr gings ins Bett. Man schlief in der Ni­degge­ner Jugendherberge sehr fein.

Dienstag, 10. April 1928
Als Dr. [Walter] Vinnenberg u. d. M. [und die Meßdiener] von der Messe wie­derkamen, standen wir schon fix und fertig vor der Jugend­herberge. Nun marschierten wir zum Bahnhof. – Leider mußte Jan A. [Ansems] an der Kir­che [St. Johannes Baptist] feststellen, daß er die Decke der Jugendherberge mit­ eingepackt be­kommen hatte; und nun hieß es, flott einer wieder um. Ich lief im Tempo zur Jugend­herberge zurück, Decke hin­geworfen und wieder zurück den Burgberg her­unter. Dabei machte ich eine kleine Kletterpartie, (nämlich ich hielt mich an einem Baum fest, auf eine vorspringende Stelle stellte ich mich hin und sprang herunter). Die andern traf ich auf der Brücke und wir erreichten noch ganz gemütlich unsern um 6.45 Uhr abfahren­den Zug.

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Gautag

Jugendherberge in Alpen
Einweihung der Jugendburg Alpen 7.10.1928 – Ein damaliger Zei­tungsartikel trägt die Überschrift „Burg Alpen, das schönste Jugend­­­ho­tel Deutschlands“.

 

Kleve, Sonntag, 10. Februar 1929
Nachtrag: Sonntag, den 10.2.1929
Unser Gautag [des Katholischen Wandervogels (KWV)] zu Alpen
[…]
Um 8.00 Uhr fuh­ren wir über Calkar – Xanten mit dem Zug [mit Umsteigen in Menze­len-West] nach Alpen. Wir bekamen viel Spaß im Zug. Gegen 9.15 Uhr waren wir in Alpen. Schon von weitem sahen wir die Jugendherberge „schim­­mern“. Um 9.30 Uhr waren wir da. Zuerst verplatzten wir uns in dem „Spei­se­raum“ der prachtvollen Herberge, wo wir futterten. Nach der Besor­gung der Futterei war großer Thing in einer Nische einer der ganz herrli­chen Säle. In diesem wurde allerhand Wichtiges beraten. Um 13.00 Uhr war die­ser zu Ende und nach einer klei­nen Stärkung spielten wir draußen, dabei knipste uns Jan [Ansems]. Vor dem Thing hatte er die Her­berge selbst geknipst. Wir gin­gen auch noch auf den Turm, wo es sehr win­dig war. Um 14.00 Uhr war ein Femege­richt [Strafgericht], bei dem auch Föns [van Thiel] angeklagt und ver­urteilt wurde.

Zwei Fotos:
Wir Clever vor der Alpener Herberge [1]
Die Jugendherberge von der Seite [2]

[1] Vermerk auf der Rückseite:
Photo: Jan Ansems, 10.2.29
[2] Vermerk auf der Vorderseite:
Jugendherberge Alpen

Karl Leisner aus Kleve am Samstag, 15. Juni 1929, an Walter Vinnenberg in Maria Laach:
Durch Alpen kamen wir auch und sahen dort die sau­bere Jugendherberge.

Samstag, 25. Mai 1929
Hier [in Alpen] schrieben wir eine Karte nach Wal­ter ([von der] Jugendher­berge).

Karl Leisner aus Kleve, Samstag, 15. Juni 1929, an Walter Vinnenberg in Maria Laach:
Durch Alpen kamen wir auch und sahen dort die sau­bere Jugendherberge.

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Jugendherberge in Altenberg

Mai 1929
Bernd Börger:
Wanderer eröffnen die Jugendherberge im Priorshof von Haus Al­ten­berg. Dort betrieb eine Werkgemeinschaft der Wanderer eine Schrei­ner­werk­stätte in der Form einer Genossenschaft m.b.H.[1]
[1] Börger, Bernd / Schroer, Hans (Hgg.) – Sie hielten stand. Sturmschar im Katholischen Jungmännerverband Deutschlands, Düsseldorf 1990: 266

Priorshof von Haus Al­ten­berg
Eugen Heinen:
Dann ist uns noch geblieben der alte Priorshof, der südöstlich der Kirche liegt und heute als Wanderherberge dient (Heinen, Eugen – Der Altenberger Dom, Köln o. J.: 9).
Eugen Heinen:
Alle diese Bauten, außer dem Laienflügel, sind nach der Auflösung der Abtei abge­brannt. In südöstlicher Richtung dahinter befindet sich noch die alte Priorei, die heu­tige Wanderherberge, in deren Westgiebel noch schöne gehauene Kragsteine anzeigen, wo einst die Gewölbe des Dormitoriums ansetzten (Heinen, Eugen – Dom und Kloster Altenberg, Altenberg 1949: 23).

Karl Leisner war 1934 zum ersten Mal in Altenberg und hat vermutlich auch den Priorshof kennengelernt.

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Rügenfahrt

Jugendherberge in Hamburg

1929 befand sich die Jugendherberge auf der Böhmken­str. 15. In den 1950er Jahren ent­stand ein Neubau, die „Jugendherber­ge auf dem Stint­fang“, nicht weit vom großen und kleinen Michel.

Dienstag, 6. August 1929, 4. Tag
Vom Hauptbahnhof liefen wir an der beleuch­teten Bin­nen­alster und an Fleets vorbei zur Jugendherberge, Böhmkenstraße 15. (Als wir mit dem Zug in Hamburg ein­fuhren, sahen wir den beleuchteten Hafen liegen. Es war wirk­lich bezau­bernd.) In der Jugendherberge gings um 22.00 Uhr zu Bett.

Mittwoch, 7. August 1929, 5. Tag
Um 7.45 Uhr waren wir wieder in der Jugendherberge. Wir tranken Kaffee und aßen But­terbrote dabei. Um 8.30 Uhr gingen wir mit dem Jugend­pfleger und noch einer Gruppe zum Ha­fen.
[…]
Von hier gingen wir zur Jugend­herberge, Böhmkenstraße 15. Nach der Ankunft dort aßen wir noch etwas und brau­sten uns. Jetzt waren wir wieder frisch. – Um 21.30 Uhr zu Bett. (Leider störten uns „Braun­schweiger Stu­dentchen“ noch spät bis 22.30 Uhr, so daß wir sie bald ge­mein verhauen hätten.)

Jugendherberge Bergen
mitten im Stadtzentrum gelegene Unterkunft – Renovierung 2002

Donnerstag, 8. August 1929, 6. Tag
Vom Bahnhof [Bergen] gings zur Jugendherberge, die noch 20 Minuten ent­fernt lag. Mit viel Glück bekamen wir noch schön Platz; denn wir waren ja nicht angemeldet, und es war nicht viel mehr Platz als für 19. – Die Jugendherberge war eine Baracke, aber doch sehr gemüt­lich. Da wir im Zug gefuttert hatten, gingen wir direkt um 22.00 Uhr zu Bett. Ich schlief bald ein.

Herbergskarte:

Die Karte, auf der wir übernachteten.

Jugendherberge in Stralsund

Jugendherberge im Kütertor bis 2003 – danach Strandstr. 21

Montag, 19. August 1929, 17. Tag
Vom Bahnhof [in Stralsund] gings über den Kü­terdamm, der durch den Fran­kenteich führt, zum Kütertor, wo die Jugendherberge war. – Ich trank beim Abendessen nur eine Tasse Kaffee wegen Magenbe­schwer­den. Als ich im Bett lag, übergab ich mich. Doch das meiste kam in die Ta­schentücher. Um 21.30 Uhr Schla­fen.

Dienstag, 20. August 1929, 18. Tag
Um 11.00 Uhr waren wir wieder an der Jugendherberge und um 11.25 Uhr fuh­ren wir vom Hauptbahnhof nach Berlin ab.

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Fahrt nach Süchteln

Errichtung von Jugend­herberge u. angrenzender Waldkampfbahn (Sport­stätte) durch Bürgermeister Josef Steinbüchel (1884–1957) 1927

Samstag, 2. November 1929
Dort in der Jugendherberge mit andern Treffen und nachher Willi [Leisner] besucht.

Sonntag, 3. November 1929
Um 10.00 Uhr gingen wir nach vorheri­gem „Bummel“ durch Süchteln ins Hochamt [in die St.-Cle­mens-Kirche]. (Die Gottes­dienst­ordnung in der Jugendherberge war nicht richtig; denn auf ihr stand: 9.00 Uhr Messe. Aber es war gar keine.) Um kurz nach 11.00 Uhr waren wir wieder in der Jugendher­berge, die übri­gens sehr sauber ist.

Karl Leisner aus Kleve, Sonntag, 24. November 1929, an Walter Vinnenberg in Maria Laach:
Sams­tags um 14.00 Uhr gings von der Ecke bei Hiby ab [nach Süchteln]. Abends um 19.30 Uhr waren wir in der Ju­gendherberge. Sie ist sehr fein. – Zuerst bestellten wir uns zur „Erwär­mung des Innern“ jeder eine Por­tion Kaffee. Nach dem Abend­schmaus mach­ten wir noch allerhand Spiele „zur Erwärmung des Äußeren“ zum Beispiel: Schin­kenklopfen, Pfotenklopfen. Um kurz nach 21.00 Uhr gings in die Falle. – Da wir jeder „5“ Decken über hatten, dachten wir gar nicht daran, etwa zu frieren.
[…]
Dann besuchten wir noch eben Willi, der leider nicht zur Jugend­her­berge kommen konnte, weil er gerade das Gipskor­sett abbe­kom­men hatte.

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Kleve, Samstag, 5. Juli 1930
Um 19.00 Uhr waren wir an der Süchtelner Ju­gendher­berge, wo uns Ferdi [Falkenstein] aus Neuß, den ich vorher davon benach­richtigt hatte, erwartete. Kurze Begrü­ßung! Dann legten wir unsere Sachen ordentlich im Schlafsaal hin und plauderten noch etwas miteinander auf den Sitzen des Sportplatzes [der Süchtelner Waldkampfbahn]. Um 21.00 Uhr ging’s in die Klappe.

Süchteln, Sonntag, 6. Juli 1930
Dann fuhren wir a tempo zur Süchtelner Jugendherberge zurück. Es wurde Milch geholt und Griesmehl gekocht. (Überkochen beim elektrischen Herd.) Dann wurde der halbgare, fürchterlich steife Griesmehl­papp herunterge­würgt. Aber der Hunger würzte das Essen. Dann verab­schiedeten wir uns.

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Spielfahrt

Auch Schulen stellten in den Ferien die Schulräume als Übernach­tungsmöglichkei­ten zur Verfügung.

In den 1930er Jahren diente die Hermannschule in Münster in den Ferien als Jugendherberge. Ein Mitglied der Gruppe St. Werner erwähnt sie in einem Fahrtenbericht und Karl Leisner in einem Tagebucheintrag.

Jugendherberge in Münster
1930 befand sich die Jugendher­berge in der Hermannschule, Dahlweg 66. Heute gibt es ein Jugendgästehaus am Aa­see.

Hermannschule in Münster
Errichtung am Dahlweg 66 1907 – 1930 Volks­schule mit Übernach­tungsmöglichkei­ten für Jungen (s. Reichs­her­bergs­verzeichnis 1932) – heute Katholische Grund­schule der Stadt Münster

Fahrtenbericht von Ferdinand Falkenstein

Montag, 25. August 1930
Um 8.30 Uhr Aufstehen […], über eine Apfel­straße ging es dann über Roxel nach Mün­ster. […], um 21.00 Uhr gin­gen wir zur [Jugendherberge in der] Hermannschule schla­fen.

Tagebucheintrag

Kleve, Dienstag, 29. März 1932
Dann weiter über Coesfeld, Gerleve, Darup, Nottuln, Appel­hülsen nach Münster, wo wir um 17.00 Uhr landeten.
Wir fuhren zu Walter [Vinnenberg] und erzähl­ten ihm das Neueste aus der Gruppe […]. – Um 20.30 Uhr zur DJH [in der Hermannschule], wo uns die gelungene, gutmü­tige Herbergsmutter ein feines Zimmer besorgte.

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Exerzitien in Gerleve vom 5. bis 9. Sep­tember 1931

Die Exerzitien fanden in der Jugendherberge (Jugendheim) des Klosters statt.

P. Bartholomaeus Denz OSB aus Gerleve am 20. März 2010 an Hans-Karl Seeger:
Nach der Chronik und einer separaten Bauchronik wurde 1929 mit einem Saalbau in dem Klosterhof (Haus Ludgerirast) begonnen. Der Unterbau mit Terrasse war als Jugendherberge mit 32 Betten geplant. Der Oberbau bestand aus einem Saal (28 m lang, 8 m breit). Dieser Bau wurde 1982 abgerissen, um für das Forum und die neue Gaststätte Platz zu machen.
Die Jugendherberge, die später auch „Jugendheim“ genannt wurde, hatte keine eigene Kapelle. Die Gruppen benutzten die ein Jahr zuvor gebaute Kapelle des Exerzitienhauses, die Abt Raphael [Molitor OSB] am Sonntag Gaudete 1928 benedizierte [einsegnete]. Der langgestreckte rechteckige Bau lag an der Stelle der heutigen Kapelle von 1986/87.
Ein kaum bekanntes Archiv-Bild (um 1930): links der Aufgang zum Saal über der Jugendherberge, rechts ist gerade noch das Exerzitienhaus erkennbar. In der Mitte die Kapelle mit Spitzbogenfenstern. Im Hinter­grund die Abteikirche vor der Neugestaltung der Kirchtürme 1938 durch Prof. Dominikus Böhm.

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Schweizfahrt

Samstag, 13. August 1932
Nun mußte ich losgondeln, um einen DJH-Füh­rerausweis zu ergat­tern; denn meinen hatte ich zu Hause liegenlassen. (Unverzeihlich!) – Nach langen Irrfahrten: Erst zur DJH (Nix ze mache!), dann zur Poli­zei­wa­che. Dort Telefonge­sprä­che, wo der Verkehrsdirektor wohnt. Re­sultat: Grün­straße 5. Also hin! – Seine recht nette, freundliche Frau empfängt mich. Ich trage mein leidiges Anlie­gen vor. Sie ruft ihren Mann, den Herrn Ver­kehrs­direktor Knösel (Pitt!), der gibt mir seine Vi­sitenkarte und die Adresse seines Bürogehilfen Harnisch­macher. Der be­sorgt ihn mir endlich. (Noch mal „Schwein“ ge­habt!) So besorgt man sich am Samstagnachmittag einen DJH-Ausweis, wenn alle Büros ge­schlossen sind![1]
[1] Der Jugendherbergsaus­weis ist wie folgt ausgestellt:
Karl Leisner, Katholischer Wandervogel, Schüler, 28.2.1915,
Cleve, Flan­drischestr. 11
13.8.1932 – DJH Ortsgruppe Neuss

Es ging nun zu viert weiter zur DJH Köln-Deutz [Mindener Straße 22]. Ein kolossales Ding! Ein anständiger Pfefferminztee mit Beilage brachte uns wieder zu Verstand. Nach einer kalten Dusche krochen wir gegen 22.00 Uhr in die sauberen Betten, um uns für die große Fahrt tüchtig auszuschlafen!

Jugendherberge in Worms
Das Gymnasium am Barbarossa­platz diente 1932 als Jugendherberge.

Dienstag, 16. August 1932, 3. Tag
Wir fahren ohne Licht noch bis ungefähr zur DJH im Gymnasium [am Barbarossa­platz]. Gegen 21.00 Uhr sind wir da. Voll! – Wir können Notla­ger bekom­men. Egal, man rin! – Schnell kocht Willi einen Pfef­fer­minztee, wäh­rend ich für Brot etc. sorge. Gegen 22.00 Uhr sind wir fer­tig. Es geht auf die schmutzigen Stroh­säcke. Verflixt, was’n Mückenloch. Die ganze Nacht quä­len die Biester einen. Ge­pennt haben wir aber doch so leidlich.

Jugendherberge in Freiburg/Br.
Errichtung einer Jugendherberge in den Stallungen des Peterhofes, Peterstr. 1 1920

Freitag, 19. August 1932, 6. Tag
Abends dann in der DJH [Jugendherberge Peterhof, Peterstraße 1] gutes Futter – früh liegen wir und pennen; denn morgen soll’s früh los­gehn.

Jugendherberge in Andernach
runder Wehrturm aus dem 15. Jh. – Andernachs Wahrzei­chen gehört zu den mächtigsten Wehrtürmen seiner Zeit.

 

 

Dienstag, 30. August 1932, 17. Tag
Bis An­der­nach komm’n wir noch am Abend. Gegen 22.00 Uhr Falle! Vorher ein schö­ner Abend. Der Herbergsvater ist ein Bündischer [Mitglied der Bündi­schen Jugend].[1]
[1] Übernachtet haben die Jungen vermutlich im Runden Turm, einem Wehrturm, dem Wahrzeichen der Stadt Andernach, einer stark frequentierten Jugendher­berge, die von 1922 bis 1935 und 1949 bis 1961 dort untergebracht war. 1927 gab es ca. 10.000 Übernachtungen, damit stand sie auf dem 5. Platz der rhei­nischen Herbergen. 2003 wurde der Turm anläßlich seines 550. Ge­burts­tages renoviert.

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Baltrumfahrt

Jugendherberge in Jever
öffentliche einklassige Schule bis 1932 – trotz Schließungsabsichten der Nationalsozia­li­sten Übernahme durch die Katholische Kirche als Private Schule bis 1938 – In den Ferien diente die Schule als Jugendher­berge.

Montag, 14. August 1933
Durch die Straßen und an den Kanälen vor­bei, die ruhig in hellem Mond­licht da­liegen, kommen wir zur DJH. – Es ist noch ein Fen­ster hell. Wir klopfen an, und nach geraumer Weile öffnet uns eine freundliche junge Frau. Wir stel­len die Räder hin, holen uns Decken und tippeln die Treppen­gänge des Schulgebäudes rauf bis zum Speicher. Die Tür aber ist verschlos­sen. Wir „bumsen“ und schlagen ge­gen die Tür, um den schla­fen­den SA-Mann aus seinem faulen Bett zu be­kommen. Ver­gebens! – Einer rennt runter, und wir bekommen den andern Schlafsaal geöffnet. Jeder sucht sich sein Bett aus. Die „Schmierkolonne“ tritt in Aktion und macht Butterbrote am laufenden Band. Dazu gibt’s Him­beerwasser. Ein herrliches Souper für ausgehungerte Fahrtenbrüder­mägen. Um 24.00 Uhr zu mitter­nächtlicher Stunde sinken wir in die Betten und schlafen tief und fest, um uns für den kommenden Tag zu stärken.

Dienstag, 15. August 1933
Ich gehe unterdes­sen schon zur DJH und sorge für Morgenimbiß und Packen. Um 10.15 Uhr fahren wir los.

Jugendherberge in Wilhelmshaven
In Wilhelmshaven-Rüstringen wurde 1920 eine Ortsgruppe des Jugendherbergsvereins gegründet. Als Jugendherberge mußte zu­nächst ein Bodenraum in der Herberge zur Heimat, später eine Kantine am Banter Weg, dann eine Baracke an der dama­ligen Elisabethstr. dienen. 1922 wurde die frühere Marine-Wasch­anstalt an der Kanalstr. in eine Jugend­herberge umge­wandelt. Der Giebel wurde bildlich gestaltet, über dem Ein­gang las man den Vers: Een god Gesell van buten un binnen, de kann hier alltied harbarg finnen [Ein guter Geselle von außen und innen, der kann hier immer Herberge finden]. 1935 wurde eine neue Jugendherberge an der heutigen Freiligrath­str. errichtet und erhielt den Namen „Otto-Weddigen-Jugendherberge“. Bei der Einweihung schenkte der Dangaster Maler Franz Radziwill der Herberge ein Bild von einem U-Boot. 1945 wurde die Herberge von der Militärregierung beschlagnahmt. 1948 wurde sie ihrem rechtmäßigem Eigentümer, dem Landesverband Unterweser-Ems für Jugend­herbergen und Jugend­wan­dern, zurückgegeben. Die Schließung war im Jahr 2000, genaues Datum leider nicht be­kannt (Auskunft von Ulrich Räcker-Wellnitz).

Dienstag, 15. August 1933
Ems-Jade-Kanal ent­lang fahren wir auf Wilhelmshaven zu. Im Hafen liegen ein paar alte Kriegs­kähne. Zunächst geht’s zur JH, die aber bis 13.30 Uhr geschlossen ist. Unsre Räder stellen wir solange in der Au­togarage gegen­über unter. – Dann bummeln wir ein wenig im Hafen rum.
[…]
Wir holen uns je­der einen Pro­spekt von der Stadt [Wilhelmshaven], und dann geht’s im Sturmschritt zur DJH. – Wir machen uns ans Kochen, die andern ruhen sich ein wenig aus, Wal­ter betet eifrig sein Brevier. Bald ist die Wür­felsuppe fertig. Butterbrote vervollkommnen das Mittagsmahl. Gleich darauf setzen wir eine Riesen­portion Griesbrei mit Ro­sinen auf für abends.
[…]
Um 20.00 Uhr sind wir wie­der in der DJH. – Vorher besahen wir uns die alten Kriegsschiffe (et­was) im Ha­fen aus der Nähe. […]  – In der DJH fallen wir über den rosinengespickten Grießbrei her. Um 21.00 Uhr verschwinden wir rauf in die Betten. Walter und ich liegen nebeneinander im „Obergeschoß“ und schlummern bald süß.

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Dienstag, 16. Juli 1935
Bernd Börger:

Durch eine Verordnung des Gaues Rheinland im Reichsverband für deut­sche Jugendherbergen werden die Gruppen der katholischen Ju­gend­ver­bände vom Besuch der rheinischen Jugendherbergen ausge­schlossen.[1]
[1] Börger, Bernd / Schroer, Hans (Hgg.) – Sie hielten stand. Sturmschar im Katholischen Jungmännerverband Deutschlands, Düsseldorf 1990: 273f.

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Flandernfahrt

Jugendherberge in Antwerpen/B

Eröffnung des Jesuitenhofes, der ersten Herberge im Stadtteil Kiel auf dem Gelände der Weltaus­stellung, 1930 – Zerstörung im Zweiten Weltkrieg – Neubau der Jugend­her­berge Op-Sinjoorke nach dem Zweiten Weltkrieg auf dem Gelände des englischen Pavillons von 1930 – Neubau im historischen Stadtzentrum 2010

Sonntag, 4. August 1935, 2. Tag
17.30 Uhr Jgdh. [Jugendherberge] Antwerpen. Inter­nationaler Ver­kehr.

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Montag, 12. August 1935, 10. Tag
In den Dünen Zelt gebaut.[1] – Ab 15.00 Uhr Regen. Spiele und Witze. Fut­tern. W. [Walter] Flex [Der Wanderer zwischen beiden Wel­ten gelesen]. – Es stürmt und regnet. 20.00 Uhr Abendbrot. Es kommt durch an den Seiten (Saugpflanze![2]). – Gra­ben [um das Zelt] bauen – Steine schlep­pen. 21.00 Uhr Pennen. Bis 23.30 Uhr feste ge­schlafen. Dann Stürme, Steine ge­schleppt. Verstärkt. Wie­der bis 2.00 Uhr pen­nen. Dann Zeltstock geknaxt etc. Zum Aufbruch kom­man­­diert. – Zu einer französischen Villa. – Dann [in We­stende] zur vlämischen Jugend­her­berge[3] (4.45 Uhr) in warme Decken. Bis 7.30 Uhr ge­pennt. Wir Großen Räder geholt. – Große Wä­sche. Die „Kleinen“ um 10.00 Uhr raus. Sachen zum Trocknen aufge­hängt.
[1] Vermutlich haben die Jungen ca. 4 km öst­lich von Nieuwpoort entfernt gezeltet; denn Wilhelm Haas befindet sich beim Wasserschöpfen im Meer im Lichtstrahl des dortigen Leuchtturms.
Wilhelm Haas:
Ab und zu wirft der Leucht­turm von Nieuwpoort einen breiten Lichtke­gel auf die See – ich stehe dann in hellem Lichtschein! (Haas, Wilh. 1935: 51).
[2] Beim Welken einer Pflanze wächst ihre Saugkraft. Ähnlich verhält es sich bei Regen mit Zeltbahnen. Berührt man sie von innen, werden sie undicht.
[3] Die Jugendherberge befand sich in der Oude Molenstraat, ist aber in den 1940er Jahren verfallen und wurde später ab­gebrochen. Heute stehen auf dem Ge­lände Wohnhäuser.

Allgäufahrt 1936

Über die Fahrt ins Allgäu (1. bis 28.8.1936) sind im Nachlaß von Karl Leis­ner keine Aufzeichnungen vorhanden. Im folgenden sind die Berichte aus dem Fahrtenbuch von Wilhelm Elshoff wiedergegeben.

Jugendher­berge in Blankenheim
Bau der Blankenheimer Burg auf einem schmalen Bergrücken Anfang des 13. Jh. – Umgestaltung zum Hochschloß im 15./16. Jh. – Verkauf auf Abbruch um 1800 – Errich­tung eines Wohn­traktes auf den alten Tonnengewölben des mittel­alter­lichen Burg­kellers 1927 – Verwendung zu­nächst als Turner­heim, danach als Jugend­herberge – Schließung der Burg Sommer 1990 – Wieder­eröffnung der Jugendherberge Burg Blankenheim September 1996

Sonntag, 2. August 1936, 2. Tag
Franz, Gerd und ich fuhren weiter zur Jugendher­berge in Blankenheim. Bevor wir diese aber erreichten, muß­ten wir eine saf­tige „Dreckkur“ mitmachen. Der Weg zur Herberge hin­auf war durch den Re­gen in eine einzige Schlammwüste verwandelt worden. Wir hatten unsere liebe Not, mit den Rädern da hin­auf­zukom­men. Wenn der eine aufstand, legte der andere sich sanft in den Morast. Endlich stand die Herberge, eine Art Burg, vor uns. Wir stellten die Rä­der unter und warteten auf unsere Kum­pel. Nach etwa zwei Stunden sa­hen wir ihre Fahrrad­lampen im Dunkel des Waldes aufblitzen. Die Zahl ihrer Pannen hatte sich auf drei erhöht. Mit ei­nem not­dürftigen Abendes­sen begnügten wir uns. Wir schliefen, wenn auch wegen Überfüllung auf Notlagern, recht gut.

Montag, 3. August 1936, 3. Tag
Um 7.00 Uhr weckte uns das Stimmengewirr in der Jugendherberge. Alles war schon auf den Beinen. Wir bestellten uns Kaffee und machten einige Brote klein. Gegen 8.30 Uhr saßen wir wieder im Sattel und be­wegten uns längs der Ahr auf Adenau zu.

Dienstag, 4. August 1936, 4. Tag
Wir dachten schon an Weiterfahrt, als Karl uns eine Dampferfahrt bis Mainz vor­schlug. Keiner war dagegen. Den Fahr­preis mußten wir auf der Fahrt wieder heraus­schlagen, indem wir die Ju­gendherbergen mieden.

Mittwoch, 12. August 1936, 12. Tag
Nach dem Mittagessen zogen wir mit den Rädern zur Jugendherberge [in Kempten].

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Allgäufahrt 1938

Jugendherberge in Heidelberg
von der Stadtverwaltung zur Verfügung gestellte Einrichtung in einer Gewerbeschule zur Über­nachtung auf Strohsäcken während der Ferienzeit 1921 – kurze Zeit später bis 1957 Über­nachtungsmöglichkeit im sog. „Hand­schuhsheimer Schlöss­chen“, eine für Wanderer eingerichtete Unter­kunft im Vorort Handschuhsheim

 

Bericht von Willi Väth:
Wir machten noch eine Übernachtung in Heidelberg in der Jugend­her­berge.

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Jugendherberge in Kleve
Bert Thissen, Stadtarchiv Kleve, am 1.3.2011 an Hans-Karl Seeger:
Im Clevischen Volksfreund vom 16.6.1923 (Ausgabe Nr. 103) wird berichtet, daß die Stadtverordneten­ver­samm­lung im Sommer 1922 die Einrichtung einer Jugend­­her­berge  beschlossen hatte. Aus dem Bericht eines Herbergs­warts der rheinischen Jugendherbergen, der 1923 in Kleve war, geht hervor, daß damals jedoch lediglich ein leerer Kellerraum mit Steinfußboden in der Spyckschule zu diesem Zwecke zur Verfügung stand. Ein Lehrer, der mit seiner Gruppe vom Rathaus aus hierhin geschickt worden war, fand letztendlich Unterkunft im Waisenhaus Die Münze.

Im Verwaltungsbericht der Stadt Kleve für den Zeitraum 1910–1926, S. 416, heißt es:
„Für die wandernde Jugend richtete die Stadt im Jahre 1924 eine Jugendherberge mit 32 Betten für männliche und 34 Betten für weibliche Personen in der Spyckschule ein. Diese Herberge erfreute sich eines starken Besuches.“

Außerdem heißt es dort auf S. 419:
„Die städtische Jugendherberge wurde bereits erwähnt. Daneben bestanden als private Einrich­tungen Jugendherbergen im Kolpinghause mit 20 Betten, im Heime des katho­li­schen Jünglingsvereins am Kirchplatz ebenfalls mit 20 Betten und im evangelischen Jugend­heime mit 25 Betten.“

Der Bau einer Jugendherberge des Kreises Kleve, „insbesondere für die Hitler-Jugend“, auf dem Annaberg wurde 1938 in Angriff genommen. Diese war für ca. 100 Betten und 40 Läger gedacht (Bericht in der National-Zeitung vom 4. Febr. 1938, Ausgabe Nr. 33).

Die Jugendherberge befindet sich auch heute noch auf dem Annaberg, gilt als familien­freundlich und ist u. a. wie folgt ausgestattet: 110 Betten in Zwei- bis Sechsbettzimmern, 31 Zimmer mit Dusche/WC, 4 Tagesräume mit 24–54 Plätzen, Speiseraum, Discoraum, Spiel- und Tanzraum, Mehrzweckraum, Kleinspielfeld mit Kunstrasen.

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Quelle der nicht ausgewiesenen Fotos: Karl Leisner-Archiv und Gabriele Latzel