Vor 333 Jahren starb Joachim Neander

2013_11_01_NeanderJoachim Neander (* 1650 in Bremen, † 31.5.1680 ebd.) – evangelischer Pastor, Kirchen­liederdichter und -komponist – Nach ihm wurde das Neandertal bei Düsseldorf benannt, dessen damals noch ursprüngliche Felsenlandschaft ihn zu zahlreichen Kompositionen inspirierte u. a. zu dem vermutlich bekanntesten Lied aus seiner Feder „Lobe/t den Herren, den mächtigen König der Ehren!“.

Ob Karl Leisner sich bewußt war, von wem dieses von ihm so vielfach erwähnte Lied stammte?

 

Das Lied steht sowohl im Evangelischen Kirchengesangbuch als auch im Gotteslob. Karl Leisner mag es zuerst im 1914 in erster Auflage erschienenen Liederbuch „Spielmann“ begegnet sein. Dort war aber noch nicht der Autor verzeichnet. Dieser ist erst im „Grauen Singeschiff“ von 1934 aufgenommen. Karl Leisner setzte das Lied in einen eigenständig für die Jungschar erstellten Liederbogen vom 4. Oktober 1934. 1938 erschien das Lied auch im „Kirchenlied“.

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Der Spielmann. Liederbuch für Jugend und Volk, Mainz 1914, 31920 (umgearbeitete Auflage der Quickbornlieder), 51924, 91932, 101947

 

 

 

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Das graue Singeschiff. Notenausgabe und Textausgabe. Lieder deutscher katholischer Jugend, hg. von Josef Die­wald und Adolf Lohmann, Düsseldorf 1934

 

 

 

 

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Liederbogen der Jungschar des Bezirks Cleve Nr. 4 vom 4. Oktober 1934

 

 

 

 

 

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Kirchenlied. Eine Auslese geistlicher Lieder (Notenausgabe), Berlin/Freiburg/Br. 1938

 

 

 

In seinen Tagebüchern erwähnt Karl Leisner dieses Lied am 28.9. u. 3.10.1930, 24.8.1932, 14.8., 24.8. u. 8.10.1934, 27.10.1935, im Liederbogen Nr. 4 u. am 29.2.1936

Lobe den Herren
1. Lobe den Herren, den mächtigen König der Ehren! Lob ihn, o Seele, vereint mit den himmli­schen Chören! Kommet zuhauf, Psalter und Harfe, wacht auf, lasset den Lobgesang hören!
2. Lobe den Herren, der alles so herrlich regieret, der dich auf Adlers Fittichen sicher geführet, der dich erhält, wie es dir immer gefällt! Hast du nicht dieses verspüret?
3. Lobe den Herren, der künstlich und fein dich be­reitet, der dir Gesundheit verliehen, dich freundlich geleitet! In wieviel Not hat nicht der gnädige Gott über dir Flügel gebreitet!
4. Lobe den Herren und seinen hochheiligen Na­men! Lob ihn mit allen, die von ihm den Odem be­kamen! Er ist dein Licht, Seele, vergiß es ja nicht! Lob ihn in Ewigkeit! Amen.
(Worte: Joachim Neander; Weise: Stralsund 1665)
Kirchenlied 1938: 9f.

„Christ in der Gegenwart“ vom 20. Oktober 2013:
Neanders Lob des Schöpfers
Sein Lied „Lobe den Herren“ hat es über Konfessionsgrenzen hinweg in die Gesangbücher geschafft. Seinen Namen trägt nicht nur ein Tal, sondern auch ein Urmensch: Vor 333 Jahren starb Joachim Neander.
[…]
Neos Andros – Neuer Mann
Als der Urmensch homo neanderthalensis gefunden wurde, hieß dieses Tal schon Neandertal, benannt nach Joachim Neander, der 1650 in Bremen geboren wurde – in einer Zeit, in der auch noch zwei Jahre nach dem Westfälischen Frieden der Dreißigjährige Krieg seine dunklen Schatten auf ein zerstörtes und verwüstetes Land warf.
[…]
In seiner Geburtsstadt Bremen fand der junge Neander in der Martinikirche eine lebendige evangelische Gemeinde vor. Seine Familie prägte dieses Umfeld, stammte er doch aus einer Pastorendynastie, in der sein Vater die einzige Ausnahme war. Der Großvater, geboren mit dem Familiennamen Neumann, ließ seinen Namen nach der Sitte der Zeit in die griechische Form umwandeln. So wurde aus Neumann Neander, gebildet aus neos (neu) und andros (Mann).
Der junge Neander entschloss sich zu einem Theologiestudium und wurde dabei von dem Prediger Theodor Undereyck, einem der Väter des reformierten Pietismus, in seiner Religiosität stark beeinflusst. Bereits in Mülheim standen für Undereyck bei der Reform seiner Gemeinde der Satz aus dem Johannesevangelium: „Ihr müsst von neuem geboren werden“ (3,3) und die persönliche Heilsaneignung an oberster Stelle. Diese Heiligung sollte durch eine Abkehr von der Kopftheologie der Dogmen hin zu einer Theologie des Herzens erfolgen. Herzensfrömmigkeit, Praxis pietatis (Frömmigkeitspraxis) sind die geläufigen Stichworte der Bewegung. Bei Zusammenkünften, sogenannten Konventikeln, wurde die Bibel studiert, zusammen gebetet und gesungen. Dies war die Geburtsstunde der Hauskreise.
Die Frömmigkeit der Hauskreise
1670 kam Undereyck als Pfarrer nach Sankt Martini in Bremen, weil er seine Mülheimer Pfarrstelle nach Auseinandersetzungen mit seinem Landesherrn verloren hatte. Hier wurde er der Wegbereiter von Neanders „Wiedergeburt“, dem er auch eine Stelle in Frankfurt am Main bei der französisch-reformierten Gemeinde vermittelte. Er sollte als „Informator“ die Söhne von Kaufmannsfamilien bei ihrem Studium in Heidelberg begleiten.
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Mit 24 Jahren wurde Neander Rektor der Lateinschule der reformierten Gemeinde in Düsseldorf und Hilfsprediger in der reformierten Gemeinde. Außerdem fiel er in den Konventikeln durch seine starke religiöse Begeisterungsfähigkeit auf. Diese Versammlungen stießen nicht auf die ungeteilte Zustimmung der Landeskirche, sie galten als zu eigenmächtig. Die reformierte Amtskirche verbot Neander zunächst eigene Versammlungen, später das Predigen und entließ ihn sogar als Rektor der Lateinschule. Wie ernst der Konflikt war, zeigt sich daran, dass die reformierte Jülisch-Cleve-Bergische Generalsynode 1674 Privatversammlungen zur gemeinsamen Erbauung nur dem Prediger der Gemeinde erlaubte – und dies nur unter bestimmten Voraussetzungen. Neander bereute öffentlich und „aufrichtig ohne Moralreservation“, und ihm wurde angesichts seiner Jugend und „verhoffentlichen Corrigibilität oder Besserung“ für diesmal „christlich verziehen“.
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Neander verband eine tiefe Liebe zur Musik mit einer starken Verbundenheit mit der Natur. In der Musik wollte er seinen Schöpfer loben, und die Natur war ihm Sinnbild der Größe des Schöpfergottes. Bezeichnend für sein Verhältnis zur Natur ist auch die Aufforderung auf der Titelseite seines Buches, seine Lieder „zu lesen und zu singen … bey Christen Ergetzungen (Ergötzungen) im Grünen“.
Lasset den Lobgesang hören
In den Naturhöhlen und auf den majestätischen Felsen und Klippen im Tal der Düssel fand Neander die inspirierende Umgebung „im Grünen“, um Lieder zu dichten und zu komponieren, die bis heute zum größten Schatz des deutschen religiöse Liedgutes zählen. Sein bekanntestes Lied „Lobet den Herren, den mächtigen König der Ehren …“ – wurde nicht nur fester Bestandteil in evangelischen Gesangbüchern, sondern schaffte es auch in das Gebet und Gesangbuch der katholischen Kirche, das „Gotteslob“.
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In dem Buch „Joachim Neander – Sein Leben, seine Lieder, sein Tal“ von Helmut Ackermann heißt es über dieses Lied: „Man hat es schon ,das beste Loblied deutscher Zunge’ genannt. Aber weit über Deutschlands Grenzen hinaus ist es bekannt und geliebt. Seine Verbreitung kann nur mit der von ‚Stille Nacht, heilige Nacht’ verglichen werden. Man muss es erlebt haben, wie bei ökumenischen Treffen irgendwo auf der Welt das Lied zugleich in vier oder mehr Sprachen gesungen wird. Ob es in Afrika erschallt oder im Fernen Osten, ob es in Skandinavien gesungen oder von Radio Vatikan ausgestrahlt wird. die Zahl der Übersetzungen ist Legion.“
[…]
Die Strahlkraft seiner Liedtexte und ihre Verbreitung machten Joachim Neander berühmt. Das Tal der Düssel als der Ort, an dem er seine Inspiration entfalten konnte, wurde bald in der Bevölkerung nach ihm als Neandertal benannt. Wenn auch die Hügel und Berge seines geliebten Tals dem Bergbau zum Opfer fielen, so ist der Name des gläubigen Pietisten doch im Namen des Urmenschen verewigt, der vor 30000 Jahren ausstarb.
Joachim Neander starb in Bremen im Alter von nur dreißig Jahren am Pfingstmontag, dem 31. Mai 1680. Er soll dabei die Worte aus dem Buch Jesaia auf den Lippen gehabt haben: „Berge sollen weichen und Hügel hinfallen, aber meine Gnade soll nicht von dir weichen.“

2013_11_01_NeanderFenster

 

 

Fenster in der Paul-Gerhardt-Kirche in Lübben (Spreewald)

 

 

Paul-Gerhardt-Kirche in Lübben