Vor 75 Jahren schreibt Karl Leisner an Hermann Richarz

Primizandenken für Hermann Richarz

Am 22. Januar 1945, etwa vier Wochen nach seiner Priesterweihe und Primiz im Konzentrationslager Dachau schreibt Karl aus dem Krankenrevier folgenden Brief an den Leiter seiner Schönstatt-Gruppe „Victor in Vinculis„, Hermann Richarz [1].

[1] Hermann Richarz (* 30.01.1907 in Köln-Poll | † 15.07.1985 in Troisdorf) war ein katholischer Priester des Erzbistums Köln, Seelsorger und ein entschiedener Gegner des Nationalsozialismus.

Vorab das Schreiben von Hermann an Karl:
„Das schönste und beste Geschenk aber geben wir Dir gern: unser Gebet und unser Opfer, unsere Verbundenheit mit Dir im Geiste der MTA, Victor in Vinculis Mariae. Maria ist Dir wahrhaft nachgegangen in die vincula [Fesseln] von Dachau und in die noch schlimmeren vincula Deiner Krankheit. Und mit ihrer Hilfe bist Du bis jetzt wahrhaft als Sieger hervorgegangen.“

Unter den Bedingungen des Konzentrationslager fertigte die von Hermann Richarz geleitete Priestergruppe eine Primizkarte mit Bild in sieben Exemplaren an. Das Primizbild zeigte mit Ketten gefesselte Hände, die sich nach oben strecken. Oben war eine Krone zu sehen und in der Mitte steht MTA, wobei das T durch ein Schwert dargestellt worden war.

Antwort-Brief von Karl an Hermann:

Lieber Hermann!
Zunächst Dir und Euch in der Gruppe meinen herzlichen Dank für Eure frohe Mitfeier und Teilnahme an den Gnadentagen. So nach und nach verklingen die hl. Erlebnisse in der Seele. Darum komme ich jetzt erst schriftlichen Antwort auf Deinen Primizbrief mit Euer aller feinen Glückwunsch. An P. K. (Joseph Kentenich) und P. Fischer besonderen Dank für die feinen MTA-Horen, die mir große Freude machten. Vor lauter Begeisterung hab‘ ich, glaub ich den R.B. für Dezember nicht gegeben. Er war in Ordnung. Wie selten gute Zeit der Gnade. Diesen Monat bemühte ich mich um Vertiefung des empfangenen Gottesgeschenkes: Priesterlicher Geist täglich zu wecken, zu üben und zu erneuern. Es ist nicht leicht, nach solch überwältigenden Ereignissen in die alten Gleise zurück zu finden. Durch Euer Gebet und Opfer war’s so fruchtbar. – Das Gruppenbild gefällt mir. Es erinnert mich an alle Gefangenenstunden und die große Liebe und Treue der MTA in dieser langen Zeit. So etwas Vorgeschmack vom „Victor-Sein“ durfte ich in den vergangenen Wochen so ganz tief erfahren. Nach der Konsekration in der Primizmesse war’s mir, als stände ich vor unserem König als sein Ritter und Sieger. Und der lieben MTA hatte ich vorher mich ganz empfohlen. Es war mir, als ob sie als Schutzherrin jeden Schritt und jede Handbewegung lenkte und segnete. Ich meine so glücklich noch nie gewesen zu sein. Und Euer Liebe danke ich dafür. Und in der großen Sehnsucht nach dem Victor-Werden wollen wir uns weiter gegenseitig stärken und segnen. Die MTA wird uns auch diese letzte vielleicht schwierigste Etappe gnädig schützen und führen. Mit der Gesundheit geht’s seit der Primiz ständig zäh bergauf.
In froher Verbundenheit grüßt Dich Dein und Euer Karl.

Der Beitrag ist zum größten Teil mit Genehmigung von der Homepage www.moriah.de entnommen.

Siehe auch Aktuelles vom 3. Dezember 2016 – Medaille der Schönstattgruppe „Victor in Vinculis“ für Karl Leisner.

Hier der LINK zur Bedeutung des Begriffs MTA im Bericht.