Fürstabt-Gerbert-Haus in St. Blasien
Eröffnung als Lungensanatorium 6.12.1930 – Namensgebung nach Fürstabt Martin II. Gerbert (* 11.8.1720 in Horb, † 13.5.1793 in St. Blasien) – In Erinnerung an den ab 1764 dort tätigen Abt führte die Stadt Fürstabt-Gerbert-Tage ein und setzte ihm 1982 im Kurgarten ein Denkmal.
Im Fürstabt-Gerbert-Haus war Karl Leisner zur Ausheilung seiner Tbc-Erkrankung vom 5. Juni 1939 bis zu seiner Verhaftung am 9. November 1939, zuerst im Waldsanatorium, auch Waldhaus oder Gartenhaus genannt (10 Betten), dann in Zimmer 201, das vermutlich im 2. Stock an die linke Außenwand grenzte. Damals befand sich bereits ein Lazarett im Lungensanatorium. Von 1945 bis 1950 stand das Haus unter französischer Besatzung. Seit 1983 heißt es Feldberg-Klinik Dr. Asdonk.
Karl Leisner als Tbc-Kranker
Vermutlich ließ sich Karl Leisner noch an diesem Samstag vor Pfingsten beim Facharzt für Lungenkrankheiten Dr. Alexander Theben untersuchen[1], „weil er einen hartnäckigen Husten nicht loswerden konnte“.[2] Dazu kam auch eine zunehmende Müdigkeit. Vermutlich stellte Dr. Alexander Theben mittels einer Röntgenuntersuchung sofort die Diagnose „Offene Tbc“, denn er wartete nicht auf das Ergebnis einer Speicheluntersuchung, sondern bemühte sich offensichtlich direkt um einen Platz für Karl Leisner im Fürstabt-Gerbert-Haus.
[1] Bernhard Leusder:
Die ärztliche Betreuung im Hause [Priesterseminar] war nicht gerade gut. So machte ich Karl den Vorschlag, wir sollten doch zusammen zu dem Lungenfacharzt Dr. Theben gehen, wozu er dann auch bereit war. Dieser stellte eine Kaverne in der Lunge fest infolge einer offenbar schon ziemlich weit fortgeschrittenen Tbc (Seligsprechungsprozeß: 842).
[2] Paula Leisner, Seligsprechungsprozeß: 305
Montag, 5. Juni 1939
Karl Leisner kam vermutlich am 5. Juni 1939 in St. Blasien an.
Auf dem Foto vermutlich Patienten des Waldhauses, Karl Leisner in der Mitte sitzend
Karl Leisner war im von Vinzentinerinnen geleiteten Fürstabt-Gerbert-Haus zunächst im Waldhaus untergebracht. Zu den Gottesdiensten und an Sonntagen trug er seine Soutane. Nicht alle Patienten waren ihm gewogen. An den Gottesdiensten nahm er täglich teil und begleitete zuweilen die Gesänge auf dem Harmonium. In seinen Jungmannskalender von 1939 hat er die Namen einiger Waldhaus-Kameraden und deren Anschriften eingetragen.
Samstag, 24. Juni 1939
Karl Leisner bekam einen Pneumothorax. Bei gutem Verlauf der Gesundung hätte dieser nach zwei Jahren wieder entfernt werden können.
Karl Leisners Kamerad aus dem RAD Walter Flämig bekam nach dem Zweiten Weltkrieg auch Tbc und wurde ebenfalls mit einem Pneumothorax behandelt. Dieser wurde nach Walter Flämigs Gesundung nach zwei Jahren entfernt.
Sonntag, 6. August 1939
Die erste Hälfte von Karl Leisners Kurs wurde im Dom in Münster zu Priestern geweiht.
Karl Leisner war seit Ende August „negativ“.
Samstag, 23. September 1939
Die zweite Hälfte von Karl Leisners Kurs wurde im Dom in Münster zu Priestern geweiht.
Normalerweise waren in Münster für einen Weihekurs zwei Termine im Jahr für die Priesterweihe vorgesehen. 1939 sollten es der 6. August und der 23. Dezember sein. Karl Leisner war für den Dezembertermin vorgesehen. Als er im Juni ins Lungensanatorium nach St. Blasien kam, rechnete man damit, daß er im Advent wieder in Münster sei.
Nach Ausbruch des Zweiten Weltkrieges am 1. September 1939 wollte man mit der Weihe nicht bis Dezember warten. Die Diakone wurden aus den Ferien nach Münster zurückgerufen und am Samstag, dem 23. September, geweiht. Das Datum auf dem bereits zum 6. August gedruckten Weihebildchen änderte jeder Neupriester selbst.
Ernst Melzer:
KL [Karl Leisner] hatte den Wunsch, im September 1939 entlassen zu werden, vermutlich weil er gern in seinem Kursus die Priesterweihe empfangen hätte. Ärztlicherseits konnte zu diesem Termin die Entlassung noch nicht verantwortet werden.[1]
[1] Seligsprechungsprozeß: 1451
Karl Leisner aus St. Blasien am Donnerstag, 14. September 1939, an Walter Vinnenberg in Emmerich:
Von hier kann ich gute Nachricht bringen. Bin seit drei Wochen „negativ“. – Das ist der erste entscheidende Erfolg, den ich nun bis Ende Oktober zu erhalten und vertiefen hoffe. Ein Teil des Hauses ist für Soldaten geräumt. Der andre bleibt wahrscheinlich für die Kranken erhalten. – Habe jetzt „schon“ täglich eine halbe Stunde Spaziergang, den ich mit Wonne in den herrlichen Wäldern ringsum auskoste.
[…]
Die herrlichen, reichen Erinnerungen des bisherigen Lebens füllen manch schöne Stunden. Das heilige Ziel des Lebens steht leuchtend da über jedem Tag. Und so hoffe ich mit Zuversicht, die heilige Weihe an Weihnachten [23.12.] zu empfangen. Dann heißt’s allerdings: ein Jahr äußerste Schonung und noch ein Jahr „langsam treten“. – Das „Sorget nicht ängstlich für den morgigen Tag“ [vgl. Mt 6,34] des Herrn wird mir auch darüber hinweghelfen.
Zum Foto von Karl Leisner siehe auch Karl und Willi Leisner vor 75 Jahren in St. Blasien.
Am Donnerstag, dem 9. November 1939, begann für Karl Leisner ein Weg ohne Umkehr.