Vor 85 Jahre erlebte Karl Leisner das „Luftschiff Graf Zeppelin“

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Das „Luftschiff Graf Zeppelin“ überfliegt Kleve

 

Am Dienstag, dem 2. Oktober 1928 notierte Karl Leisner in sein Tagebuch:
Heute überflog das stolze Luftschiff „Graf Zeppelin“ unsere Stadt um 17.30 Uhr. – Es flog weiter nach Holland. Eine Fahrt nach Amerika macht es auch bald. – Es war wunderbar, die große silberne „Zigarre“ mit fünf Mo­tor- und einer großen Führergondel über sich in der Luft zu sehen. Alle Leute waren weg vor Begeisterung. – Mit großen roten Buchstaben stand auf dem Luft­schiff LZ [Luftschiff-Zeppelin] 127 und rechts Graf Zeppelin. Papa fand den Luftpostbeutel, den „Graf Zeppelin“ über der Schwanenburg abge­worfen hatte. Es war ein gelber Beutel aus Ölpapier mit Leineneinlage, mit folgen­der Aufschrift: 
Luftschiffbau Zeppelin
G. m. b. H.
Friedrichshafen 
(Vorderseite)
Luftschiffs-
Post
(Hinterseite)
Der Finder dieser Luftschiffpost wird höfl. gebeten, den Inhalt dieser Tasche bei dem nächsten Post­amte mög­lichst sofort abzuliefern.

An dem Beutel war ein meterlanges schwarz-weiß-rotes Band, das leider von allen möglichen Leuten abgeschnitten wurde und jetzt nur noch 16 cm lang ist.

Auf der Rügenfahrt notierte er am Freitag, dem 23. August 1929:
Während wir auf Rügen waren, flog „Graf Zeppelin“ schon um die Welt. Als wir schon wieder bald zur Schule mußten, landete er in Friedrichshafen. Am ersten Schultag (6.9.1929) hatten wir Zeppelinfeier und zep­pelinfrei. – Ein paar Zeitungsausschnitte beschreiben kurz die Weltfahrt „Zeppelins“.

Vor den Eintrag vom 26. August 1929 hat er zahlreiche Zeitungsausschnitte zur Fahrt des Zeppelins rund um die Welt eingeklebt. Sie haben folgende Überschriften:

Siegesfahrt des „Zeppelin“
Rund um die Welt in 20 Tagen
Glückwunschtelegramme
„Zeppelins“ Landung in Tokio
Der begeisterte Empfang
Die Überquerung des Stillen Ozeans
Der Start des „Graf Zeppelin“
„Zeppelin“ in Kalifornien
„Graf Zeppelin“ in Los Angeles
Die Landung
Start des „Zeppelin“ nach Lakehurst[/USA]
Die Zeppelinfahrt über Amerika
Der Rückflug des „Graf Zeppelin“
Der begeisterte Empfang in Friedrichshafen

Unter dem Datum vom 17. September 1929 hat er folgende Zeitungsartikel in sein Tagebuch geklebt:
Heute kommt „Graf Zeppelin“ nach Cleve!
Als gestern nachmittag durch Funkmeldung bekannt wurde, daß der Zep­pelin auf seiner heutigen Norddeutschlandfahrt den Niederrhein berühren und dabei auch Cleve wieder einen Besuch abstatten würde, da löste diese unerwartete Nachricht in der gesamten Bürgerschaft helle Freude und großen Jubel aus. Mit Stolz haben auch die Clever die glän­zende Welt­fahrt des Luftriesen verfolgt, und sie freuen sich von Herzen, den Be­zwinger des Erdballs heute über der alten Herzogstadt bewundern zu kön­nen. Wir grüßen dich, Graf Zeppelin!
Da der Aufstieg in Friedrichshafen heute früh um 4.12 Uhr erfolgt ist, dürfte das Luftschiff zwischen 9.00 und 10.00 Uhr den Niederrhein errei­chen. Zur Begrüßung des „Zeppelin“ und zur Mobilisierung der Bürger­schaft wäre es erwünscht, wenn die Sirenen der Fabriken das Er­scheinen des Luftschiffes ankünden würden.
Auf seiner heutigen Fahrt überfliegt das Luftschiff von Friedrichshafen aus folgende Städte: Rottweil, Karlsruhe, Neustadt an der Hardt, Alzey, Kreuznach, Simmern, Euskirchen, Aachen, Herzogenrath, Eschweiler, Düren, Jülich, Erkelenz, Geldern, Cleve, Bocholt, Coesfeld, Gronau, Rheine, Osnabrück, Bremen, Oldenburg, Wilhelmshaven, Bremerhaven, Cuxhaven, Hamburg, Lübeck, Wismar, Schwerin, und dann zurück nach Friedrichshafen, wo das Luftschiff am Mittwoch, dem 18. dieses Monats früh gegen 7.00 Uhr wieder zu landen beabsichtigt.
An Bord des Luftschiffes befinden sich 22 Passagiere, darunter auch die Frau [Johanna] Dr. [Hugo] Eckeners[1]

[1] Dr. Hugo Eckener (* 10.8.1868 in Flensburg, † 14.8.1954 in Friedrichshafen) – Nachfol­ger von Ferdinand Graf von Zeppelin als Leiter der 1909 gegründeten Deutschen Luft­schif­fahrts-Aktienge­sell­schaft – Heirat mit Johanna Eckener, geb. Maaß (1871–1956)
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Um 4.58 Uhr befand sich der Zeppelin über Rottweil, um 6.08 Uhr über Karlsruhe, um 6.24 Uhr über Edenkoben (Pfalz), um 6.35 Uhr über Neu­stadt an der Hardt, um 6.50 Uhr über Kirchheim-Bolanden, um 7.00 Uhr über Alzey, um 7.06 Uhr über Kreuznach, um 7.12 Uhr über Simmern.

Der Weltfahrer über Cleve
Begeisterter Empfang des Zeppelin durch die Bevölkerung
Die freudige Botschaft: „Der Zeppelin kommt nach Cleve“ hat gestern hier wie ein Zauberwort gewirkt. Was alle Aufforderungen und Bitten selbst bei wichtigen Anlässen nicht erreichten, das hat der „Zepp“ ge­stern hier zuwege gebracht: Ohne Aufforderung, ganz spontan, hatte fast die ganze Stadt geflaggt; auch auf den öffentlichen Gebäuden wehten die Fahnen zur Begrüßung des Luftschiffes lustig im Winde.
Schon gegen 9.30 Uhr wurde es lebendig in den Straßen. Auf allen Lip­pen schwebte die Frage: „Wo ist der Zeppelin jetzt, wann wird er in Cleve sein?“ Und als dann gegen 10.00 Uhr bekannt wurde, daß mit der Ankunft des sehnlichst Erwarteten gegen 10.30 Uhr zu rechnen sei, da ergoß sich ein Strom frohgestimmter Menschen in die Straßen und be­sonders auf die Höhen der Stadt. Auf Dächern und Türmen war kein Auslug, der nicht besetzt war. Bald standen die Schulen, die Werkstätten und Büros leer, sogar das Gericht stellte die Verhandlungen ein: alle wollten den stolzen Welt­umsegler so früh und so lang wie möglich se­hen. Die Mehrzahl der Schu­len hatte auf dem Bresser- und Cleverberg Auf­stellung genommen, doch erwiesen sich diese außerhalb der Stadt gele­genen Höhen infolge des auf­steigenden starken Dunstes, der trotz des sonnigen Wetters eine weite Sicht verhinderte, zum Leidwesen der Tau­senden Kinder als ungünstig. Viele Hunderte hatten sich auch auf dem Schloßberg eingefunden. Wenn das Luftschiff, so kalkulierte man, der holländischen Grenze entlang über Goch, Pfalzdorf und Hau kommt – das war nach der Ankündigung die gegebene Linie – dann mußte man ihn von hier aus am ehesten sehen.
Gegen 10.30 Uhr wuchs die Spannung aufs Höchste. „Jetzt muß er bald kommen“, so ging es von Mund zu Mund. Die Jugend wird unruhig.
Da – um 10.34 Uhr – ruft jemand aus der Menge: „Er kommt, er kommt!“ Und wirklich: Im dichten Dunst sieht man vom Schloßberg aus die Kontu­ren des Luftschiffes über den Sternbusch hinweg sich der Stadt nahen. Die ersten Hochrufe werden laut, die Sirenen der Fabriken ertö­nen, von den Kirchtürmen erschallen die Glocken. Schon hört man ge­dämpft das Don­nern der Motore. Immer deutlicher zeigen sich die Um­risse des Riesen­lei­bes; von Sekunde zu Sekunde wird er größer und wächst schließ­lich zu einem in der Herbstsonne leuchtenden mächtigen silbernen Oval. Die Be­geisterung der fiebernden Menge kennt keine Grenzen. Tau­send­fältig tönt es unter Tücherschwenken in die Luft „Hoch Zeppelin“! Heil dir, du küh­nes Schiff, du Weltfahrer, du Künder deut­schen Geistes und deutscher Tatkraft!
Von der Passagiergondel aus werden die begeisterten Grüße erwi­dert. In etwa 5 – 600 Meter Höhe zieht das Luftschiff zwischen Stiftskirche und Schwanenburg stolz und majestätisch seine Bahn. Ruhig und selbst­be­wußt gleitet das herrliche Wunder in seiner ganzen imponierenden Größe über uns hinweg. Ein herrlicher, unvergeßlicher Augenblick! Über der Mitte der Stadt macht das Luftschiff eine Kurve nach Nordosten, dem Rheine zu, in Richtung Emmerich, verfolgt von den Blicken Tausender und Abertausender, die seinen Flug verfolgen, bis es gegen 10.50 Uhr den Augen entschwindet. Ein prächtiges Bild bot der Zeppelin noch ein­mal, als er vor Emmerich eine kurze Strecke rheinaufwärts fuhr und, seine volle Längsseite nach Cleve zeigend, im Nebel wie ein riesiger Sil­berfisch dahinflog.
Fast 20 Minuten lang konnte vom Schloßberg aus die Fahrt des Luft­schif­fes verfolgt werden. Und dann strömte die Menge langsam wieder ih­ren Behausungen zu in dem stolzen Bewußtsein: Das war unser Zeppe­lin! Auf baldiges Wiedersehen!

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„Graf Zeppelin“ am 17.8[9].1929 über Cleve

Tagebucheintrag:
Wir gingen mit dem Gymnasium zum Bresserberg. Hier glaubten wir „Graf Zeppelin“ besser sehen zu können. Leider ging unsere Hoffnung nicht in Erfüllung. In der Stadt sah man das Luftschiff bedeutend besser. – Trotzdem machte uns der Anblick des herrlich in der Luft schwebenden Schiffes „toll“ vor Begeisterung. – Nachher hatten wir schulfrei.

Auf der Allgäufahrt 1936 hatte Karl Leisner Gelegenheit, einen Zeppelin aus nächster Nähe zu betrachten. Willi Elshoff beschrieb den Besuch im Zeppelinmuseum in Friedrichshafen in seinem Fahrtenbuch:

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Zeppelinmuseum in Friedrichshafen

 

Dienstag, 11. August 1936
Nach dem Morgenessen machten wir uns wieder auf den Weg. Um 9.45 Uhr er­reichten wir Friedrichshafen. Wir gingen sofort zur Zep­pelin-Werft. Hier herrschte, wie zu jeder Tageszeit, riesiger Fremden­verkehr. Unsere Eintritts­karten trugen nicht die gewünschten Nummern, denn jeder 3000. erhält einen Freiflug. Ja, wir haben halt kein Glück. In der ersten Halle, die wir betraten, befand sich das [Graf Zeppelin-]Luftschiff „L. Z. [Luft­schiff-Zeppelin] 127“[1], das tags vorher gerade zwecks Ausbes­se­run­gen nach Friedrichshafen ge­kommen war. Wir hatten also doch „a bißle“ Glück. Die Besichtigung des Luftschiffes von innen war nicht ge­stattet. Ein Laufsteg führte uns an den Kabinenfenstern vorbei. Beson­ders der Füh­rer-Raum ist sehr interessant. Dann verließen wir diese Halle und gingen zur zweiten. Hier wurde der L. Z. 130 gebaut. Halb war das Gerüst schon fertigge­stellt. Allerhand Sehenswürdigkeiten aus der Ent­wick­lungs- und der heutigen Zeit der Luftschiffahrt sind in einem Museum ausge­stellt.

[1] Karl Leisner hatte dieses Luftschiff bereits 1928 in Kleve gesehen.

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LZ 130 Graf Zeppelin

 

 

Die F.A.Z. brachte am 19. Juni 2013 unter dem Titel „Schwebende Kolosse“ einen Artikel zu einer Ausstellung über Zeppeline in Berlin und am 20./21. Juli einen weiteren Bericht unter dem Titel „Ewig kreist der Zeppelin. Friedrichshafen bietet wunderschöne Natur und viele Fabriken“.

F.A.Z.