Am 12. August 1996 wurde an der Eschbacher Straße 9 in Waldshut-Tiengen[1] durch den damaligen Bischof von Münster, Dr. Reinhard Lettmann, die Karl-Leisner-Kapelle feierlich eingeweiht. Unter den 200 Gästen waren auch die Schwestern Karl Leisners, Maria Leisner und Elisabeth Haas.
[1] Waldshut-Tiengen ist seit der Gemeindereform am 1.1.1975 eine Doppelstadt. Mit ca. 24.000 Einwohnern ist sie die größte Stadt im Landkreis Waldshut und liegt an der Schweizer Grenze. Die erste urkundliche Erwähnung von Waldshut war im 13. Jhdt.
Der Bischof händigte Stadtpfarrer Herbert Malzacher eine von ihm unterzeichnete Weihebestätigung aus in der er bescheinigt, „daß ich – mit dem Einverständnis des zuständigen Erzbischofs von Freiburg – am 12. August 1996 die Karl-Leisner-Kapelle in Waldshut-Tiengen (Pfarrei Liebfrauen[1]) geweiht habe“.
[1] Seit dem 1.1.2015 gehört die Pfarrgemeinde Liebfrauen in Waldshut-Tiengen zur Seelsorgeeinheit Mittlerer Hochrhein – St. Verena.
Die seinerzeitige Muttergottes- und Herz-Jesu-Kapelle wurde auf Grund eines Gelöbnisses in Lourdes durch die Privatinitiative des Bäckermeisters Landolin Göppert errichtet und am 8. September 1930 eingeweiht. Das nebenstehende Haus und die Kapelle dienten als Ruhesitz der Stadtpfarrer Josef Bieser (1943–1946) und Oskar Tröndle (1967–1974). Danach wurde die Kapelle über 20 Jahre nicht mehr genutzt und baufällig. Als die Entscheidung anstand, sie aufzugeben oder zu erneuern, beschloss der Pfarrgemeinderat, sie zu renovieren und ihr eine neue Widmung zu geben. Stadtpfarrer Herbert Malzacher sagte dazu: Waldshut war im Dritten Reich Hauptsitz der Gestapo für den südlichen Schwarzwald. Gerade in dieser Stadt soll mit der Karl-Leisner-Kapelle ein Denkmal geschaffen werden, als Gegengewicht zu der schrecklichen Zeit.“
Der Zelebrationsaltar in der Kapelle mit den Zeichen Brot und Fisch besteht aus der ehemaligen Kommunionbank vom Choreingang. Das Deckengemälde von C. Bertsche stellt die Krönung Mariens dar und in den Nischen links und rechts sind Statuen der Mutter Gottes und des Heiligen Josef. Die Fenster stellen ebenfalls Maria und Josef dar sowie die Heiligen Elisabeth, Franziskus, Theresa vom Kinde Jesu und Landolin.
Neben einem Foto von Karl Leisner, es zeigt ein Aquarell mit seinem Portrait, das im KZ Dachau gemalt wurde, hängt eine Tafel mit Informationen zu seiner Person und seinem Lebensweg in der Kapelle.
Für die Einweihung der Kapelle wurde der erste Gedenktag nach der Seligsprechung Karl Leisners am 23. Juni 1996 durch Papst Johannes Paul II. im Olympiastadion in Berlin gewählt; der 12. August 1996 war sein 51. Todestag. Während der Feierlichkeiten wurde eine Kerze entzündet, die schon bei der Seligsprechung Karl Leisners auf dem Papstaltar gestanden hatte.
Die Betreuung der Kapelle übernahm die damals im Nachbarhaus wohnende Familie Rimmele. Frau Edeltraud Rimmele ist dort Mesnerin. Sohn Dominik unterstützte als Jugendlicher seinen Vater, Maler Josef Rimmele, bei den Arbeiten in der Kapelle. Er ist langjähriges IKLK-Mitglied und wurde am 12. Mai 2013 im Freiburger Münster zum Priester geweiht.
In der Kapelle werden regelmäßig Gottesdienste gefeiert, sie ist täglich geöffnet. Es liegt ein Gästebuch aus mit beeindruckenden Lebens- und Glaubenszeugnissen der Besucher.
Während seines Theologiestudiums verbrachte Karl Leisner die Außensemester in Freiburg. Von dort unternahm er im Mai 1936 eine Trampfahrt nach Stühlingen und in die Schweiz, die ihn auch durch Waldshut führte. Dazu schrieb er an Walter Vinnenberg[1]:
Montag, 11. Mai 1936
Jetzt zu Anfang Mai war ich vier Tage [6. bis 8.5.1936] los auf Trampfahrt, um Willi Haas, einem Klever und Flandernfahrtkameraden – ich weiß nicht, ob Du ihn kennst – als jungen Kapuzinernovizen [Fr. Engelbert in Stühlingen] zu begrüßen. Durchs Höllental und über Donaueschingen an einem Tag hin. Einen Tag das Mönchsleben (Chor etc.) ganz mitgemacht. Feine Sache! Anderentags nach dem Morgenchor und der heiligen Messe Abschied; und dann los per pedes durch den Kanton Schaffhausen (Randengebirge) zur Stadt Schaffhausen und zum Rheinfall. Herrlich! Zurück abends noch bis zur deutschen Grenze durch den Klettgau bis Erzingen. Anderentags rheinaufwärts noch 20 km bis Waldshut. Von dort quer durch den Schwarzwald über St. Blasien zum Höllental (Neustadt) bis mittags. Um 14.30 Uhr war ich dann daheim. Gute Verbindung, was!
[1] Prälat Dr. phil. Walter Vinnenberg (* 8.6.1901 in Lippstadt, † 1.12.1984 in Bocholt) – Priesterweihe 27.2.1926 in Münster – Kaplan in Kleve St. Mariä Himmelfahrt u. Religionslehrer am Gymnasium in Kleve in allen Klassen v. 1.4.1926 bis Pfingsten 1929 – Außerdem unterrichtete er Hebräisch und Sport und leitete eine religionsphilosophische Arbeitsgemeinschaft. Er gewann Karl Leisner für die Jugendarbeit und gab den Anstoß zur Gruppenbildung. Mit den Jungen unternahm er zahlreiche Fahrten auch noch nach seiner Tätigkeit in Kleve.
Vermutlich am Samstag vor Pfingsten, dem 27. Mai 1939, wurde bei Karl Leisner eine offene Lungentuberkulose festgestellt und er kam am 5. Juni 1939 zur Heilung in das Lungensanatorium Fürstabt-Gerbert-Haus in St. Blasien. Dort blieb er bis zu seiner Verhaftung am 9. November 1939.
Samstag, 5. August 1939
Bernhard Wormland[1], ein priesterlicher Freund Karl Leisners, besuchte ihn in St. Blasien, das 30 Kilometer von Waldshut entfernt liegt. Gemeinsam schrieben sie folgende in Waldshut abgestempelte Karte an Tante Maria Leisner in Goch:
Grüß Gott!
Ein Treffen auf hoher See [einem der Schwarzwaldseen]! Karl geht es immer besser. Am liebsten würden wir ihn mitnehmen, ins Tirolerland hinein. Wir erleben herrliche Tage. Ihnen und Ihrer Schwester [Julchen] herzliche Grüße Ihr B. Wormland
Ihr Lieben! Ganz toll, was man nicht alles für Besuch bekommt! War platt. Herzliche Schwarzwaldgrüße Euer Karl.
[1] Bernhard Wormland (* 10.12.1907 in Bottrop, † ertrunken 4.9.1961 in Xanten) – Eintritt ins Collegium Borromaeum in Münster Ostern 1928 – Priesterweihe 23.12.1933 in Münster – Kaplan in Goch St.-Maria-Magdalena 8.1.1934 bis 1946 – Soldatenzeit 1940–1945 – Burgkaplan auf der Jugendburg Gemen u. Kreisvikar in Münster 1946–1955 – Propst in Xanten 5.3.1955 bis 4.9.1961 – Er hielt die Predigt bei der Beisetzung Karl Leisners am 20.8.1945 in Kleve.
Impressionen
Text und Fotos Christa Bockholt und IKLK-Archiv