Errichtung eines rund 600 km langen Befestigungssystems mit ca. 15.000 Bunkeranlagen, Panzersperren usw. an der Westgrenze des Deutschen Reiches von Aachen bis Basel Mai 1938–August 1939 – minimale Behinderungen des Vormarsches der Alliierten 1944/1945 – Schleifung nach Kriegsende – Erhalt denkmalgeschützter Reste
Unter obiger Überschrift brachte die F.A.Z. vom 29. Januar 2014 folgende Notiz:
Karl Leisner hat 1937 seinen Arbeitsdienst in Sachsen und im Emsland abgeleistet. Beinahe wäre er auch mit der Errichtung des Westwalls betraut worden.
Dechant Msgr. Matthias Rosemann (* 7.4.1866 in Kerßenbrock, † 26.12.1962 in Wietmarschen) – Priesterweihe 12.3.1892 in Fulda – Seelsorger in Wietmarschen 1914 – schrieb 1937 in seine Pfarrchronik:
Weil der Arbeitsdienst im Moor nicht den gewünschten Erfolg hat, da offenbar für viele junge Leute aus der Stadt die Arbeit zu ungewohnt und zu schwer ist und viele deshalb krank werden, wird eine Verlegung des Arbeitsdienstes durchgeführt. Die Baracken wurden wieder abgebrochen und nach der Eifel [zum Westwall] geschickt. Ein ganz besonders schlimmer Umstand hatte sich herausgestellt, daß nämlich trotz sehr tiefer Bohrungen kein einwandfreies Trinkwasser zu erhalten war. An Stelle des Arbeitsdienstes wird jetzt ein großes Lager für Strafgefangene errichtet an der Grenze des Moores, näher nach Wietmarschen hin. Die Belegung desselben mit 1500 Gefangenen und 200 Mann Aufsichtspersonal wird im Laufe des Sommers erfolgen.[1]
[1] Rosemann 1937: 97
Ehrhart Lotter/Arbeitsdienst-Archiv Hamburg, am 5. Februar 2001 an Hans-Karl Seeger:
So kam es […], daß der RAD schon im Frühjahr 1938 samt und sonders – als Arbeitsgau W(estwall) getarnt – von Osnabrück nach Köln umziehen konnte.
Karl Leisners Schwestern hatten indirekt mit dem Westwall zu tun.
Sammelbrief von Familie Wilhelm Leisner aus Kleve 14. September 1944 an Karl Leisner:
Mein lieber Karl!
Endlich darf auch ich Dir einmal wieder recht liebe Grüße aus der Heimat [Kleve] schicken. Vieles hat sich in letzter Zeit ereignet. In Goch verlebte ich eine schöne Zeit. Seit dem 3.9. wurde die [Berufs-]Schule geschlossen. Mit den Mädchen und einer Kollegin kam ich ins Fleischwerk [Organchemie in Kleve, Kalkarer Straße], wo wir für die Westwallschanzer kochen. Ich sag’ Dir, ein toller Betrieb. An 30 großen Kesseln stehen die Mädchen und rühren. Löffel so groß wie ’ne Schöppe [eine Schüppe]. Mir macht es viel Spaß, dort Ordnung zu schaffen und zu organisieren. Natürlich packe ich auch feste mit an. Ich komme mit vielen Leuten aus [dem Gefängnis in Kleve in] der Krohnenstraße zusammen und muß dann immer an unseren lieben Friedl [Karl Leisner] denken. Mein Grundsatz ist stets: „Was Du nicht willst, das man Dir tu, das füg’ auch keinem andern zu!“ Maus [Margret Schönzeler] ist auch mit ihrer Klasse dort. In den Pausen treffen wir uns. Du weißt doch, daß das Werk [Organchemie in Kleve] auf der Calkarer Straße ist? Es bestand, glaub ich, zu „Deiner“ Zeit noch nicht.
[…]
Deine Paula
Rundbrief von Vater Wilhelm Leisner aus Niedermörmter am 9. November 1944 an seine Verwandten:
Paula und Elisabeth sind ab morgen hier im Ort dienstverpflichtet als Köchinnen für die Westwallarbeiter. Mutter und Maria helfen in der Landwirtschaft.
Willi Leisner aus Berlin am Dienstag, 14. November 1944 an Karl Leisner:
Paula und Elisabeth wirken als Köchinnen für die Westwallarbeiter. Einige Fahrten konnten sie noch nach Kleve machen, um Gut aus den Trümmern zu bergen.
Sammelbrief von Familie Wilhelm Leisner aus Niedermörmter am 20. November 1944 an Karl Leisner:
Lieber Karl!
Eben komme ich von der Westwallküche, um kurz Mittagspause zu halten.
[…]
Deine Elisabeth
Willi Leisner aus Berlin am 21. November 1944 an Familie Magnus Weber in Alpseewies:
Denn Vater macht Dienst am verlegten Amtsgericht in Kalkar und die beiden jüngsten Schwestern [Paula und Elisabeth] wirken als Köchinnen für die Westwallarbeiter. Maria sorgt für die Unsrigen und hilft in der Landwirtschaft.
Sammelbrief von Willi und Franziska Leisner aus Berlin am 15. Dezember 1944 an Karl Leisner:
Vater gondelt täglich per Rad nach Kalkar [zum Amtsgericht] und Paula und Elisabeth kochen für die Schanzer des Westwalls.
Maria Leisner aus Niedermörmter am 21. Dezember 1944 an Familie Magnus Weber in Alpseewies:
Meine beiden Schwestern hatten sich hier an die Westwallküche gemeldet. Die eine (Paula) ist gestern nach Birten (25 km von hier) versetzt worden. Weihnachten kommt sie aber her. Mutter und ich versorgen unsere Sachen und helfen im Haus.
Sammelbrief von Familie Wilhelm Leisner aus Niedermörmter am 24. Januar 1945 an Karl Leisner:
Paula ist vorige Woche in Birten Küchenleiterin geworden. Sie fühlt sich ganz prima in ihrem Posten am Westwall.
Sammelbrief von Willi Leisner aus Berlin am 31. Januar 1945 an Karl Leisner:
Paula schafft als Westwallköchin in Unterbirten und ist meist sonntags zu Besuch in Niedermörmter. Maria und Elisabeth wirken noch im alten Bereich[, Maria hilft in der Landwirtschaft und Elisabeth wirkt als Köchin für die Westwallarbeiter].
Brief von Willi Leisner aus Berlin am 17. Februar 1945 an Karl Leisner:
Paula wirkt als Küchenleiterin in Winnenthal und Elisabeth ist die rechte Hand des Westwall-Koches in Niedermörmter. Beide erhielten am 30. Januar das Westwallehrenzeichen.
Brief von Willi Leisner aus Berlin am 3. März 1945 an Karl Leisner:
Elisabeth soll mit ihrer Westwallküche nach Birten und Paula nach Hünxe bei Wesel verlegt werden. Ich hoffe, daß ihre Gegend kein Kampfgebiet wird, da sie durch die großen Überschwemmungen gegen Feindeinwirkung gut abgeschirmt sind.
Willi Leisner aus Berlin am 8. März 1945 an Franziska Leisner in Oberbessenbach:
Gute Nachricht traf heute auch von daheim ein. Ein Kartengruß vom 23. Februar aus Nd. [Niedermörmter], der durch Kurierdienst bis [Kamp-] Lintfort gelangte. Paula schrieb am 27. Februar aus Eyll-Lintfort, wo sie mit der Westwallküche hinzog. Am 26. Februar war Elisabeth noch bei ihr gewesen und in Nd. alles wohlauf.
Willi Leisner aus Berlin am 9. März 1945 an Franziska Leisner in Oberbessenbach:
Von daheim erfreute mich gestern und heute gute Nachricht. Vater, Mutter, Maria und Elisabeth waren am 26. Februar noch in Nd. [Niedermörmter] wohlauf und guter Dinge. Soldaten waren fast keine mehr dort. Die Tiefflieger warfen Splitterbomben, vor denen sie aber rechtzeitig sich in den Keller verzogen. Das schöne Rees auf der anderen Rheinseite brennt. – Paula ist am 27. Februar nach Eyll-Lintfort (20 Min. per Rad von Rheurdt weg) zurückverlegt worden. Sie fühlt sich dort sehr einsam.
[…]
Paula mußte sicherlich noch weiter türmen; um mit der Westwallküche sich rechtsrheinisch zu bewegen.
Elfriede Mütter aus Kleve am 15. April 1999 an Hans-Karl Seeger:
Im Mai 1945 kam Paula Leisner zurück. Sie war im Herbst 1944 – nach Schließung der Schulen zum Westwall-Bau eingezogen worden – und war beim Vorrücken der Front letztlich bei Verwandten [in Medebach] im Sauerland gelandet.