„Westwall“ wird Mahnmal

2014_02_20_WestwallKarte

2014_02_20_Westwall

 

Errichtung eines rund 600 km langen Befestigungssystems mit ca. 15.000 Bunker­anlagen, Panzer­sperren usw. an der Westgrenze des Deutschen Reiches von Aachen bis Basel Mai 1938–August 1939 – minimale Behinderungen des Vormarsches der Alliierten 1944/1945 – Schleifung nach Kriegsende – Erhalt denkmalgeschützter Reste

Unter obiger Überschrift brachte die F.A.Z. vom 29. Januar 2014 folgende Notiz:

2014_02_20_Westwall_FAZ

Karl Leisner hat 1937 seinen Arbeitsdienst in Sachsen und im Emsland abgeleistet. Beinahe wäre er auch mit der Errichtung des Westwalls betraut worden.

Dechant Msgr. Matthias Rosemann (* 7.4.1866 in Kerßenbrock, † 26.12.1962 in Wiet­mar­schen) – Priesterweihe 12.3.1892 in Fulda – Seel­sorger in Wietmarschen 1914 – schrieb 1937 in seine Pfarrchronik:

Weil der Arbeitsdienst im Moor nicht den ge­wünschten Erfolg hat, da offenbar für viele junge Leute aus der Stadt die Arbeit zu ungewohnt und zu schwer ist und viele deshalb krank werden, wird eine Verlegung des Arbeitsdienstes durchge­führt. Die Baracken wurden wieder abgebrochen und nach der Eifel [zum Westwall] geschickt. Ein ganz besonders schlimmer Umstand hatte sich herausgestellt, daß nämlich trotz sehr tiefer Boh­rungen kein ein­wand­freies Trinkwasser zu erhalten war. An Stelle des Arbeitsdienstes wird jetzt ein großes Lager für Strafgefangene errichtet an der Grenze des Moo­res, näher nach Wietmarschen hin. Die Belegung des­selben mit 1500 Gefangenen und 200 Mann Aufsichtspersonal wird im Laufe des Som­mers erfolgen.[1]

[1] Rosemann 1937: 97

Ehrhart Lotter/Arbeitsdienst-Archiv Hamburg, am 5. Februar 2001 an Hans-Karl Seeger:
So kam es […], daß der RAD schon im Frühjahr 1938 samt und sonders – als Arbeitsgau W(estwall) getarnt – von Osnabrück nach Köln umziehen konnte.

Karl Leisners Schwestern hatten indirekt mit dem Westwall zu tun.

Sammelbrief von Familie Wilhelm Leisner aus Kleve 14. September 1944 an Karl Leisner:
Mein lieber Karl!
Endlich darf auch ich Dir einmal wieder recht liebe Grüße aus der Heimat [Kleve] schicken. Vieles hat sich in letzter Zeit ereignet. In Goch verlebte ich eine schöne Zeit. Seit dem 3.9. wurde die [Berufs-]Schule geschlos­sen. Mit den Mädchen und einer Kollegin kam ich ins Fleisch­werk [Or­gan­­chemie in Kleve, Kalkarer Straße], wo wir für die Westwall­schan­zer kochen. Ich sag’ Dir, ein toller Betrieb. An 30 großen Kesseln stehen die Mädchen und rühren. Löffel so groß wie ’ne Schöppe [eine Schüppe]. Mir macht es viel Spaß, dort Ordnung zu schaffen und zu orga­nisieren. Natür­lich packe ich auch feste mit an. Ich komme mit vielen Leuten aus [dem Gefängnis in Kleve in] der Krohnenstraße zu­sammen und muß dann immer an unseren lieben Friedl [Karl Leisner] denken. Mein Grundsatz ist stets: „Was Du nicht willst, das man Dir tu, das füg’ auch keinem andern zu!“ Maus [Margret Schönzeler] ist auch mit ihrer Klasse dort. In den Pausen treffen wir uns. Du weißt doch, daß das Werk [Organchemie in Kleve] auf der Calkarer Straße ist? Es bestand, glaub ich, zu „Deiner“ Zeit noch nicht.
[…]
Deine Paula

Rundbrief von Vater Wilhelm Leisner aus Niedermörmter am 9. November 1944 an seine Verwand­ten:
Paula und Elisabeth sind ab mor­gen hier im Ort dienstverpflichtet als Köchinnen für die Westwallar­beiter. Mutter und Maria helfen in der Land­wirtschaft.

Willi Leisner aus Berlin am Dienstag, 14. November 1944 an Karl Leisner:
Paula und Elisabeth wirken als Köchinnen für die Westwall­arbeiter. Einige Fahrten konnten sie noch nach Kleve machen, um Gut aus den Trümmern zu ber­gen.

Sammelbrief von Familie Wilhelm Leisner aus Niedermörmter am 20. November 1944 an Karl Leis­ner:
Lieber Karl!
Eben komme ich von der Westwallküche, um kurz Mit­tagspause zu hal­ten.
[…]
Deine Elisabeth

Willi Leisner aus Berlin am 21. November 1944 an Familie Magnus Weber in Alpsee­wies:
Denn Vater macht Dienst am verlegten Amtsgericht in Kalkar und die beiden jüngsten Schwestern [Paula und Elisabeth] wirken als Köchinnen für die Westwallarbeiter. Maria sorgt für die Unsrigen und hilft in der Landwirt­schaft.

Sammelbrief von Willi und Franziska Leisner aus Berlin am 15. Dezember 1944 an Karl Leisner:
Vater gondelt täglich per Rad nach Kalkar [zum Amtsgericht] und Paula und Elisabeth kochen für die Schanzer des West­walls.

Maria Leisner aus Niedermörmter am 21. Dezember 1944 an Familie Magnus Weber in Alpseewies:
Meine beiden Schwe­stern hatten sich hier an die Westwallküche gemeldet. Die eine (Paula) ist gestern nach Birten (25 km von hier) versetzt worden. Weih­nachten kommt sie aber her. Mutter und ich versorgen unsere Sachen und helfen im Haus.

Sammelbrief von Familie Wilhelm Leisner aus Niedermörmter am 24. Januar 1945 an Karl Leis­ner:
Paula ist vorige Woche in Birten Küchenleite­rin geworden. Sie fühlt sich ganz prima in ihrem Posten am Westwall.

Sammelbrief von Willi Leisner aus Berlin am 31. Januar 1945 an Karl Leis­ner:
Paula schafft als Westwallköchin in Unterbir­ten und ist meist sonntags zu Besuch in Niedermörmter. Maria und Eli­sabeth wirken noch im alten Bereich[, Maria hilft in der Landwirt­schaft und Eli­sabeth wirkt als Köchin für die Westwallarbeiter].

Brief von Willi Leisner aus Berlin am 17. Februar 1945 an Karl Leisner:
Paula wirkt als Kü­chenleiterin in Winnen­thal und Elisabeth ist die rechte Hand des West­wall-Koches in Nieder­mörmter. Beide erhielten am 30. Januar das West­wallehrenzeichen.

Brief von Willi Leisner aus Berlin am 3. März 1945 an Karl Leisner:
Elisabeth soll mit ihrer Westwallküche nach Birten und Paula nach Hünxe bei Wesel verlegt werden. Ich hoffe, daß ihre Gegend kein Kampf­gebiet wird, da sie durch die großen Über­schwemmungen gegen Feind­einwirkung gut abgeschirmt sind.

Willi Leisner aus Berlin am 8. März 1945 an Franziska Leisner in Ober­bes­senbach:
Gute Nachricht traf heute auch von daheim ein. Ein Kartengruß vom 23. Februar aus Nd. [Niedermörmter], der durch Kurierdienst bis [Kamp-] Lintfort gelangte. Paula schrieb am 27. Februar aus Eyll-Lintfort, wo sie mit der Westwall­küche hinzog. Am 26. Februar war Elisabeth noch bei ihr gewe­sen und in Nd. alles wohlauf.

Willi Leisner aus Berlin am 9. März 1945 an Franziska Leisner in Ober­bes­senbach:
Von daheim erfreute mich gestern und heute gute Nachricht. Vater, Mut­ter, Maria und Elisabeth waren am 26. Februar noch in Nd. [Nieder­mörmter] wohlauf und guter Dinge. Soldaten waren fast keine mehr dort. Die Tief­flieger warfen Splitterbomben, vor denen sie aber rechtzeitig sich in den Keller verzogen. Das schöne Rees auf der anderen Rheinseite brennt. – Paula ist am 27. Februar nach Eyll-Lintfort (20 Min. per Rad von Rheurdt weg) zurückverlegt worden. Sie fühlt sich dort sehr einsam.
[…]
Paula mußte sicherlich noch weiter türmen; um mit der Westwallküche sich rechtsrheinisch zu bewegen.

Elfriede Mütter aus Kleve am 15. April 1999 an Hans-Karl Seeger:
Im Mai 1945 kam Paula Leisner zurück. Sie war im Herbst 1944 – nach Schließung der Schulen zum Westwall-Bau einge­zo­gen worden – und war beim Vorrücken der Front letztlich bei Verwandten [in Medebach] im Sauerland gelandet.