Willi Leisners Geburt im Steckrübenjahr 1916/1917

Willi Leisner wurde im sogenannten Steckrübenjahr am 9. Mai 1916 in Goch geboren. Eine Folge der Unterernährung in diesem Hungerjahr war seine Rachitis, auch „Englische Krankheit“ genannt, eine Rückgratverkrümmung mit Buckel. Daher lebte er zwecks orthopä­di­scher Eindämmung der Krankheit vom 26. August 1929 bis zum 28. März 1931 in der Provinzial-Kinderheilanstalt Süchteln[1]. Anschließend mußte er sich dort in bestimmten Abständen zur Kon­trolluntersuchung vorstellen. Der medizinische Leiter Direktor Dr. Ludwig Roeren beob­achtete und betreute Willi Leisners Behandlung. Er verordnete ihm zunächst ein Gipskorsett und später bis zu seinem 21. Geburtstag ein Lederkorsett. Von Ostern 1930 bis zum 24. März 1931 besuchte Willi Leisner die Unterter­tia in der „Städtischen höheren Knabenschule“ in Süchteln.

[1]  Provinzial-Kinderheilanstalt in Süchteln
  Eröffnung der Klinik als Provinzial Heil- und Pflege­anstalt Johannistal zu Süchteln mit 800 Betten 1906 – Selbstän­dig­keit u. Abtrennung der heutigen Orthopädi­schen Klinik als Orthopädi­sche Provinzial-Kinderheianstalt (Prokiheia) so­wie Übernahme der Pflege durch Heiligenstädter Schul­schwe­stern 1921

Steckrübenjahr 1916/1917

 

Hauptnahrungsmittel Steckrübe

Quelle des Fotos: Wikimedia Commons / Autor: Picasa user / CC BY-SA 3.0 (abgerufen 15.03.2017)

 

Auf Grund von Mißernten, vor allem der schlechten Kartoffelernte im Herbst 1916, und wegen der mangelnden Versorgung mit Lebensmitteln im Ersten Weltkrieg war die ursprünglich als Schweinefutter angebaute Steckrübe Hauptnahrungsmittel und Namensgeber für das „Steckrübenjahr“ 1916/1917. Da es kaum andere Nahrungsmittel gab, entwickelten die Menschen zwecks Abwechslung im Speiseplan einen außerordentlichen Einfallsreichtum.

Siehe Link zum Bericht von Wolf Stegemann „Steckrübenwinter vor 100 Jahren – Mit der Kohlrüben-Suppe morgens, dem Kohlrüben-Kotelett mittags und dem Kohlrüben-Kuchen abends die Hungersnot von 1916/17 überwunden“, Abschnitt Auch Kaffee, Kuchen und Marmelade aus Steckrüben“ im Internet-Magazin DORSTEN-transparent.

Unter der Überschrift „1917 – Relief eines Schlüsseljahres“ weist Prof. Dr. Jörn Leonhard in der F.A.Z. vom 30. Januar 2017 im dritten Abschnitt auf „nicht weniger als 837 genehmigte Surrogate für Wurst und mehr als 500 für Kaffee“ als Folge des Hungerjahres hin.

Link zum Gesamtartikel unter FAZ.NET

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Karl Leisner hat sich Zeit seines Lebens sehr um seinen Bruder gekümmert. Am Sonntag, dem 7. Mai 1939, schrieb er ihm aus Münster nach Bingen, wo Willi Leisner während seines Studiums bei Familie Frommhold[1] wohnte:
Die schönen Wochenenden des Wonnemonds [Mai] nutzt Ihr sicher eifrig zu Wan­dern und Fahrten im herrlichen Rheingau. – Grüß mir Franz [Strae­ten[2]] und Witwe [Katharina Frommhold] und Fräulein Frommhold herzlich!
Ein kräftiges Vivat, Floreat, Crescat [Er lebe, blühe und gedeihe] rufe ich Dir zu zu Deinem 24. Geburtstag am 9.5. Memor ero tui in iste die!
[Memor ero tui isto die! Ich gedenke Deiner an dem Tag!] Mit Gott hinein ins neue Lebensjahr, das ja sicher eins der entscheidenden mit wird. Gesund­heit, Kraft, Gnade Dir auf allen Wegen! Mit frohen Maien- und Marien­grüßen
Dein Karl

[1]  Frommhold, Familie
1. Generation:
Wilhelm Frommhold (* 15.2.?1859/60 in Krautheim, † 9.1.1939) u. Katharina (Käthe, Käth’sche) Frommhold, geb. Dommershausen (* 26.8.1864 in Weisel, † 21.12.1942 in Bingen) – Bingen, Burggäßchen 1/Schmittstr. 57
2. Generation:
Elisabeth (Elise) Frommhold (* ?, † ?) – Schneiderin – Sie kümmerte sich um den Haushalt ihrer alten Eltern.
[2] Franz Straeten (* 12.1.1914 in Warbeyen, † 23.8.1974) – Er kam Ostern 1924 in die Sexta des Gymnasiums in Kleve und verließ es am 27.3.1929 aus der Untertertia, um einen prak­tischen Beruf zu ergreifen. Er machte eine Elektrolehre bei Firma Reinhold Koenen, Schloß­str. 11 in Kleve. Am 1.4.1937 schrieb er aus Königsberg/Kaliningrad/RUS eine Kar­te an Willi Leisner in Kleve als Glückwunsch zur Gesel­lenprüfung. Nach 1938 lebte er in Berlin. Nach dem Zweiten Weltkrieg heiratete er Johanna Henseler.

Quelle der nicht ausgewiesenen Fotos: Karl-Leisner-Archiv