Erwähnung von Karl Leisners Arbeitsdiensttagebuch in Doktorarbeit

Titel

In seiner Doktorarbeit verweist Michael Hansen in der Fußnote 974 auf den Rundbrief des IKLK über Karl Leisners Zeit im Reichsarbeitsdienst.

Siehe Link zur roten Markierung in der Fußnote.

LINK zum IKLK-Rundbrief-Nr. 39 / Februar 1999

 

Entsprechende Stelle aus Karl Leisners Tagebuch:

Dahlen, Mittwoch, 7. April 1937
[…]
Vom Dienst weg läßt der Chef [Oberstfeldmeister Walter Franz] mich in die Kan­tine holen. Dort sitzt er mit dem Dahlener Orts­grup­penleiter, einem Forstmeister. – Ein zweistündi­ges Gespräch entspinnt sich. Man will mich aus­horchen. „Was halten Sie von konfessionel­ler Schule? Judenfrage?[1] Kirche und Staat etc.“ Ich gebe ehr­lich und freiweg ohne jede Hemmung Bescheid. – Etwas zu sehr will ich imponieren und lasse mich dadurch zu weit aus. Die Klugheit und das Maß fehlen noch. – Sonst ist’s wohl recht geworden. Über Gefängnis[2], Erb­sünde wird Tf. [Truppführer] Kowzak, ein gekippter evangeli­scher Theologe[3], dazuge­holt. – Fm. [Feldmeister Thilo] Riemer mischt sich näselnd ein. – Sonst war’s ur­gemüt­lich und bequem, das Abendessen kriegte man serviert und guten Trank dazu. – Der Chef hat mich seit­dem aber nie mehr kommen lassen. Er hatte, scheint’s von einem Mal genug. Und um ruhiges, ehrliches, gemein­sames Wahrheitssuchen war’s ihm ja nicht zu tun. – Er wußte wohl, was er an mir hatte, und das war gut so. – Ich werde meinen Dienst gut zu tun mich be­mühn.

[1] Dies ist die einzige Tagebuchstelle, in der Karl Leisner die Juden erwähnt. Fami­lie Leisner kaufte noch in jüdischen Geschäften, nachdem dies bereits verboten war. Erstaunlich ist, daß er am 27.4.1935 die Todesanzeige des 26jähri­gen Juden Paul Gonsenheimer, des Sohnes des Textilgeschäftes Hermann Gonsen­heimer in Kleve, in sein Tagebuch geklebt hat. Außerdem erstaunt es, daß er weder zu den Ereignis­sen in der Reichspogromnacht in Münster, wo er sich damals aufhielt, noch zu denen in Kleve, etwas vermerkt hat.
Hermann Ringsdorf aus Kalkar am 25.9.2001 an Hans-Karl Seeger:
Als er [Karl Leisner] 1936/1937 von Willi Joosten einmal auf das Juden­pro­blem angesprochen wurde, antwortete er: „Du hast doch im Geschichts­unter­richt gelernt, daß die Gottesmutter eine Jüdin war. Was sollte ich gegen sie und ihr Volk haben?“
[2] Vermutlich dachte Karl Leisner an die Unbefleckte Empfängnis Mariens, auf Grund derer die katholische Kirche Maria als ohne Erbsünde empfangen verehrt.
[3] Einen Theologiestudenten, der sein Studienfach ge­wechselt hat, bezeichnet man als gekippten Theologen.