Seliger Karl Leisner und heiliger Jakobus
Zwischen dem seligen Karl Leisner und dem heiligen Jakobus gibt es eine enge Verbindung.
Außer seiner „Primizmesse“ konnte Karl Leisner weder im KZ noch nach seiner Befreiung ein weiteres Mal zelebrieren, denn sein Gesundheitszustand ließ es nicht zu. Das zu tun aber war sein sehnlichster Wunsch.
Damals war es nur mit besonderer Erlaubnis möglich, außerhalb eines Kirchenraumes die heilige Messe zu feiern. Der damalige Erzbischof von München und Freising Michael Kardinal von Faulhaber erlaubte, dies im Krankenzimmer von Karl Leisner zu tun. Dieser war darüber hoch erfreut und wünschte sich als Termin den 25. Juli, das Fest des Apostels Jakobus. Vermutlich hatte er dieses Fest im Blick, weil es um die Zeit das ranghöchste Apostelfest war.
Zum 29. Juni, dem Fest der Apostel Petrus und Paulus war die Möglichkeit vermutlich noch nicht spruchreif, denn Michael Kardinal von Faulhaber musste zuvor die Erlaubnis zu dieser Messfeier geben. Insofern war auch das Marienfest „Mariä Heimsuchung“ am 2. Juli zu früh. Ein weiteres Marienfest war am 16. Juli: „Gedächtnis der allerseligsten Jungfrau vom Berge Karmel“. Vielleicht hat Karl Leisner geahnt, dass der 15. August, das Fest „Mariä Himmelfahrt“, zu spät sei.
Es war das Patronatsfest seiner Taufkirche in Rees, seiner Pfarrkirche in Kleve, das der Planegg nahegelegenen Wallfahrtskirche Maria Eich und der Kathedrale von Clermont-Ferrand, dem Sitz seines französischen Weihebischofs Gabriel Piguet. Auch das damalige Fest „Petri Kettenfeier“ am 1. August und erst recht das Fest „Verklärung Christi“ am 6. August wären sinnvolle Termine gewesen.
Bei der Wahl des Jakobusfestes am 25. Juli hat Karl Leisner sicher an den Namenstag seines beim Bombenangriff getöteten Heimatpfarrers in Kleve, Dechant und Propst Jakob Küppers, gedacht. Ab 1941 hatte er ihm aus dem KZ Dachau jedes Jahr zum Namenstag einen Gruß geschickt. Dieser war integriert in den alle vierzehn Tage erlaubten offiziellen Brief an die Familie.
Während seiner letzten Messe am 25. Juli 1945 gedachte er auch des Capos Jakob Koch aus der KZ-Zeit in Dachau. Das ist sehr bemerkenswert, denn Capos, selbst Gefangene im KZ, haben in der Regel die ihnen unterstellten KZler sehr schlecht behandelt. Jakob Koch gehörte diesbezüglich zu den wenigen Ausnahmen. Als Capo des „Desinfektions-Kommandos“ hatte er überall freien Zutritt. Vermutlich hat er sich im Krankenrevier um Karl Leisner gekümmert.
Nach der Befreiung des KZ Dachau durch die Amerikaner durften die Kranken das Lager nicht verlassen. Für Karl Leisner musste man schnell Hilfe finden. Mit dem Passierschein des Stadtpfarrers von St. Jakobus in Dachau Prälat Friedrich Pfanzelt verließ Karl Leisner das Lager. „Im Revier war sein Name durch den absolut treuen Oberpfleger, einen Barmherzigen Bruder aus Prag, aus der Liste gestrichen worden. Es gab keinen Häftling Nr. 22356 mehr; der Neupriester Karl Leisner war frei.“ [1]
Wenn wir heute von Europa sprechen, dann sehen wir vorwiegend die politische und wirtschaftliche Bedeutung. Der Gedanke von einem vereinten Europa und einem neuen Zugang zum Evangelium kann vor allem bei jungen Menschen, die zum Beispiel auf der Wallfahrt nach Santiago de Compostela Völkerverbindendes erleben, gefördert werden.
Was schon einmal im Mittelalter und heute erneut die Menschen Europas verbindet, ist diese Wallfahrt. Europa war damals noch nicht so im Blick wie heute, aber der Pilgerweg war so etwas wie die erste europäische Universität. Alle Wissenschaften und Künste beschäftigten sich direkt oder indirekt mit dieser Wallfahrt, die neben der nach Jerusalem und Rom die drittwichtigste war.
Mit großer Wachheit hätte Karl Leisner die Entwicklung in Europa und in der Welt verfolgt. Wenn er heute als junger Mensch lebte, wäre er sicher mit jungen Menschen auf den Wegen der Jakobspilger unterwegs.
Die Heimatgemeinde von Karl Leisner, St. Mariä Himmelfahrt in Kleve, veranstaltete am 7. November 1982 einen Europatag, an dem sie vor dem Hintergrund von Europa St. Jakobus und Karl Leisner zusammenführte. Im selben Jahr hatten Mitglieder der Propsteigemeinde eine Pilgerfahrt nach Santiago de Compostela gemacht.
Auf dem Weltjugendtag 1988 in Santiago de Compostela stellten französische Mitglieder des Internationalen Karl-Leisner-Kreises den Jugendlichen Karl Leisner vor. Eine Gruppe hatte Karl Leisner zum Patron ihres Reisebusses erwählt: Eine „WEGweisende“ Verbindung.
In St. Martini in Wesel befindet sich ein mit Persönlichkeiten des 20. Jahrhunderts gestalteter Kreuzweg des Bildhauers Bert Gerresheim aus Düsseldorf. In der V. Station hat Simon von Cyrene die Gestalt Karl Leisners. An dieser Weg-Station ließ Pfarrer Heinrich Pauen eine Jakobsmuschel anbringen, eine weitere Verbindung zwischen den beiden Märtyrern.
Im Jahr der Seligsprechung 1996 machte eine Gruppe angehender Abiturienten Karl Leisner auf dem Weg nach Santiago de Compostela bekannt.[2] Dieses Unternehmen ist offensichtlich sowohl auf dem Weg als auch beim Domkapitel von Santiago in bleibender Erinnerung geblieben.
Das erfuhr zum Beispiel ein Freund des IKLK, als der „Pilgervater“ Domkapitular Don Jaime ihn bei seiner Ankunft im Pilgerbüro bat, in der Pilgermesse eine Fürbitte zu sprechen, in der auch Karl Leisner vorkomme. Diese lautete: „Herr Jesus Christus, nimm unseren Dank für die gute Vollendung unserer Pilgerschaft an: Erhöre alle Bitten, die man uns unterwegs anvertraut hat ebenso wie unsere ganz persönlichen Anliegen und all die Anliegen Europas und der gesamten Welt. Der selige Karl Leisner hat dich die Quelle Europas genannt. Gewähre auf die Fürsprache des heiligen Jakobus und des seligen Karl Leisner Europa und der ganzen Welt Einheit und Frieden.“
Neben den neueren Jakobusgesellschaften gibt es auch alte Jakobusbruderschaften in Deutschland, deren älteste ihren Sitz in Kalkar am Niederrhein hat. Sie besteht ununterbrochen seit dem 15. Jahrhundert. Ihr Verehrungsgegenstand ist die Statue des sitzenden Jakobus, der das Stifterehepaar segnet, aus dem Jakobusaltar der Nicolaikirche. Ein Bild dieser Statue war der Blickfang des Plakates zum Jakobusfest 1997 in Santiago de Compostela.
Seit dem 26. Oktober 1997 gibt es an der Marien-Basilika in Kevelaer das „Portal der Versöhnung“. Es zeigt Karl Leisners Priesterweihe im KZ Dachau durch seinen Mithäftling, den französischen Bischof Gabriel Piguet von Clermont.
Der Künstler Bert Gerresheim hat in die Darstellung eine Jakobsmuschel eingefügt. Bei der Einweihung des Portals erklärte er: „[…] – und weil das „Portal der Versöhnung“ zu Ehren Karl Leisners von dem Weg in die Nachfolge Christi spricht und weil diese Nachfolge das Wesen der Pilgerschaft ausmacht, findet sich im Portalbild die Jakobsmuschel als wegweisendes Zeichen der Pilgerschaft – Während der Arbeitszeit am Portalbild von Karl Leisner erfuhr ich am Grab des Apostels Jakobus in der Kathedrale von Santiago de Compostela in einem Gespräch unter Pilgern von der tiefen Verbindung Karl Leisners zum ersten Märtyrer des Apostelkollegiums Jakobus – die Pilgermuschel erschien so als ein sinnvolles Zeichen, um auf diese innere Verbindung zu verweisen – so kam die Muschel des Jakobus ins Portal von Kevelaer.“[3]
Die Verbindung vom seligen Karl Leisner mit dem heiligen Jakobus kommt auch dadurch zum Ausdruck, dass Mitglieder des IKLK Mitglieder in der Deutschen Sankt Jakobus Gesellschaft sowie der Archicofradia del Glorioso Apostol Santiago sind und umgekehrt, ebenso sind diese Gruppen gegenseitig korporative Mitglieder.
(Fortsetzung auf Seite: Karl Leisner und die Pilgerherberge)
[1] Otto Pies, Stephanus heute, Verlag Butzon & Berker, Kevelaer 1950, S. 187.
[2] Siehe Rundbrief des IKLK Nr. 34, S. 25–31.
[3] Siehe Rundbrief des IKLK Nr. 37, S. 79f.