Christuskopf des Kreuzes von Heinrich Bäumer (* 8.9.1874, † 20.12.1951) aus Münster in der Lagerkapelle des ehemaligen KZ Dachau, heute im Karmel Heilig Blut in Dachau
Foto IKLK-Archiv
In Karl Leisners Tagebüchern, die er 1928 begonnen hat, spiegelt sich ab 1934 sein Gebetsleben. Mitten in seinen Einträgen richtet er sich in einigen Zeilen oder auch ganzen Passagen direkt an Gott.
Nach der Weihe zum Subdiakon war Karl Leisner zum Breviergebet verpflichtet. Dadurch war vorgegeben, mit welchen Psalmen oder Bibelstellen er zu Gott zu beten hatte. Auch von diesen „Pflichtgebeten“ finden einige in den Tagebüchern ihren Widerhall.
Daneben mußte weiterhin das private, persönliche und freie Gebet einen Raum finden. Auch davon hat Karl Leisner einiges in seinem Tagebuch festgehalten. Hier und da vermischen sich die Gebetsformen, indem Bibel- und Liedtexte sowie Formulierungen aus der Liturgie in das persönliche Gebet einfließen.
1934
Samstag, 17. Februar 1934
(Todestag meines Großvaters Karl Leisner [1915 in Goch].)
Rückblick und Ausschau.
Bang fragende Seele:
Bin ich über den Abgrund gesprungen, über den menschheitsspaltenden?
Ist mir das gläubige Ja gelungen zu Ihm, dem Allwaltenden?
Mutentflammt antwortete die Seele: Ja! Ich hab ihn gewagt den Sprung
in die Ewigkeit, ins Meer des Alls!
Ja! Ich hab’ es gewagt, das ichzerschmetternde Ja
zum icherlösenden Herrn des Alls!
Darob, tief verstehend, bricht sie los in heiliger Begeisterung:
Gefesselt, ein Knecht in Banden geschlagen, und doch frei! – steh’ ich vor Dir Herr! und wag’s demütig-mutig zu fragen:
„Herr, was willst Du von mir?“
„Form mich in Deines heil’gen Geistes Glut zum Werkzeug Deiner allmächtigen Hand.“
Freitag, 23. Februar 1934
Herr, gib mir Deine Gnade! – Amen!
Dienstag, 1. Mai 1934
Gebet:
„Herr Gott, Du mein König und höchster Führer, Du lenkst in wunderbarer Weisheit und Güte die Geschicke aller Menschen.
So hast Du mich armen, schwachen, sündigen Menschen durch eine Zeit der Versuchung und der Schwachheit hindurch geführt, um mich jetzt zum heiligsten und höchsten Amt – zum Priestertum – zu berufen. Deine allmächtige Weisheit hat mich – das kleine, unwürdige, stolze, erbärmliche Menschlein, das mit so mancherlei Makel und Fehlern behaftet, – zum würdigsten, demütigsten, würdevollsten Beruf erkoren. – O, gib doch, Du gütigster Vater, daß ich die Vorbereitungszeit auf diesen hehren Beruf, – Dich zu vertreten, – aus Deinen unerschöpflichen Lebensquellen in Wahrheit und Demut gestalte!“
Christus – Du bist meine Leidenschaft
Heil!2
2 Den letzten Satz hat Karl Leisner am 2. September 1935 nachgetragen.
1935
Dienstag, 5. Februar 1935
Christus, Du unser aller Herr und König, komm zu uns, Deinen Brüdern im Fleische, und mache uns zu Deinen Brüdern im Geiste. Gieße durch Deinen Heiligen Geist ein in uns die Fülle des ewigen Lebens, der Du lebst und herrschest mit Gott dem Vater in der Einheit desselben Heiligen Geistes Per omnia saecula saeculorum [Von Ewigkeit zu Ewigkeit]. Amen.
März 1935
O Du guter großer Gott, was hast Du mir doch für herrliche Tage und Gnaden und aus Deiner Freudenfülle geschenkt – und wie wenig dankbar bin ich doch noch immer – ich danke, danke, danke Dir aus meinem frohen jungen Herzen in heiliger Bereitschaft und Hingabe und Demut, die Du mir reichlich schenken mögest.
Freitag, 5. April 1935
Gott gib’ mir Gnade! Amen!
Freitag, 26. April 1935
Gott gib uns Frieden durch Deinen eingeborenen Sohn, unsern Herrn Jesus Christus.
Montag, 29. April 1935
Christus – Du hast mich gerufen. Ich spreche bescheiden und bestimmt, männlich und stark: Ecce ego, mitte me! [Hier bin ich, sende mich. vgl. Jes 6,8] – Gib mir mit Deiner Sendung Deine Kraft! Kraft der Gnade, Kraft des Geistes, ewiges Leben, heiliges Feuer Deines Geistes, Gesundheit und Selbstzucht an Leib und Seele!
Introibo ad altare Dei [Zum Altare Gottes will ich treten] – so darf ich dann, wenn Du es willst, sprechen – ad Deum, qui laetificat iuventutem meam [zu Gott, der mich erfreut von Jugend auf]! Ewige Jugend, ewige Gotteskindheit, und echt christliche Mannestugend! Christi Priester! Alleluja!
Freitag, 10. Mai 1935
In Deiner Ruhe bin ich unruhig hin- und hergeworfen, doch immer fest und stark und mutig, voll Gottvertrauen und Ruhe.
Montag, 22. Juli 1935
Christus ist meine große Leidenschaft geworden, die Sehnsucht und Kraft meines jungen Kampfes. Er mein Herzog! Er ist mein Mal- und Kennzeichen! Er hat meinen Charakter geprägt. Herr, mit Dir!
Freitag, 29. November 1935
Fratres, sobrii estote et vigilate; (quia estis in statu viae, viae autem crucis). Benedicta sit S. Trinitas et indivisibilis unitas [Brüder, seid nüchtern und wachsam; (da ihr auf dem Wege seid, dieser aber ist ein Kreuzweg). Gepriesen sei die Heiligste Dreifaltigkeit und ungeteilte Einheit. (vgl. 1 Petr 5,8)]. O Allerheiligster Dreieiniger Gott, Du überquellendes Leben und höchste Einheit. Wir leben in der Sehnsucht! Wir sehnen, wir suchen, wir harren in Christus mit der Kirche auf das Ewige Leben in Dir!
Samstag, 30. November 1935
Tapfer und geduldig, ohne Bitterkeit, mit freier klarer Seele haben wir uns durchgekämpft und stehen jetzt vor Dir, unserm Herrn, und bitten:
„Christus, segne unser Stehen und Gehen.
Gib uns den Glauben, der Berge versetzt [Mt 17,20 u. öfter],
Mach’ uns gen List und Hieb gewetzt,
Laß uns dir niemals vergehen!“
Herr, segne unsere Kirche und ihre Hirten auf der ganzen Erde Rund, segne und erleuchte mit Deiner ganz besonderen Kraft unsere deutschen Oberhirten und alle deutschen Priester.
Adveniat Regnum Tuum per Episcopos atque sacerdotes, per Monachos atque nonnas, per nos omnes Catholicos homines in populum nostrum, in Germaniam, Patriam nostram toto corde amatam!
[Dein Reich komme durch die Bischöfe und Priester, durch Mönche und Nonnen, durch uns alle katholischen Menschen in unser Volk, auf Deutschland, unser aus ganzem Herzen geliebtes Vaterland!]
„Herr, Dein Reich soll zu uns kommen, wir erflehen’s ohne Rast!
Wir – Dein Volk, die Willensfrommen, denen Du’s verheißen hast!
Laß dies Reich uns auferbauen, Reich der Liebe, des Gerechtseins,
Reich des gläubig Kindvertrauens und des wesenhaften Echtseins!“ (Georg Thurmair).
Sonntag, 8. Dezember 1935
Lob sei Dir, Christus, der Du Dich uns durch Deine Mutter geschenkt hast. Jesus und Maria.
Montag, 16. Dezember 1935
Herr, verstoß’ ihn nicht – so will ich für [ihn], seiner armen, edlen, vom Wahn geblendeten Seele [gedenkend], beten.
O Sanctissima Trinitas, o aeterna vita, o aeterna caritas! Gloria, gloria Dei [Deo] – in terra hominibus Pax!
[O heiligste Dreifaltigkeit, o ewiges Leben, o ewige Liebe, Ehre, Ehre sei Gott – auf Erden Friede den Menschen!(vgl. Lk 2,14)]
Samstag, 21. Dezember 1935
Herr, erbarme Dich Deines Volkes!
Freitag, 27. Dezember 1935
Du Lieblingsjünger des Herrn, du reiner Jüngling voll Kraft der jungen Begeisterung für den Meister, Du Donnersohn [Mk 3,17], Du Schützer der Gottesmutter, Du flammender Künder des Logos, Du brennender Mensch der ewigen Liebe Gottes – Du heiliger Apostel und Evangelist – Du bist das Bild meiner Sehnsucht! – Du bitt’ für mich am Throne Gottes, als flammender Seraph oder Cherub, daß ich einmal werde – langsam immer mehr – ein wahrer QeÒlogoj [Theologe] – ein gottentflammter Künder des Ewigen Dreieinigen Gottes.
1936
Montag, 6. Januar 1936
Deo gratias [Gott sei Dank], bet’ und danke und freue ich [mich] lauten, vollen Herzens. Gott, Dir sei Dank, der Du mir begegnet bist in so vielen Menschen gerade in diesen herrlichen Weihnachtsferien.
Neu bist Du mir – Mensch – geworden. Neues Teilnehmen an Dir, Du Ewiger und doch Zeitnaher, hast Du mir übervoll geschenkt.
Und jetzt geht’s ans neue Studium für Dich, Dein Reich.
Herr, gib mir rechte Einfalt und Tiefe, ein Herz voll Licht der Gnade und Einsicht.
[…]
Oremus [Lasset uns beten]: O Gott, Du hast mich, deinen armseligen Knecht und Diener, zu der hohen Würde der Vorbereitung auf Dein heiliges Priestertum gerufen. Ganz geb’ ich mich Deiner Gnade hin in jubelndem Dank und herzinniger Freude und bitte Dich: Schenke aus Deiner Dreieinigen Kraft hinein in meine Schwäche die Gaben tiefster Einfalt und Demut, dazu mögest Du nach Deiner Güte mir auch noch schenken lauterste, höchste Einsicht in Dein unergründliches Wesen, in Deine Menschen und Deine Welt.
So nimm mich denn hin als Opfer der Liebe und laß mich nie ohne Liebe sein, die ja Deine köstlichste und heiligste Gnadengabe ist.
Laß mich die ewige Liebe – Dich – allen Menschen, die mir begegnen, weiterleiten. Durch unsern Herrn Jesus Christus. Amen.
Singe Gott mit froher Liebe
Menschenherz aus heil’gem Triebe!
Sei selbst Lob- und Dankesweise,
Leib und Seel’, den Schöpfer preise;
mit dem Feuer deiner Sinnen,
deines ganzen Menschen Kraft,
tu’ ihn recht von Herzen minnen,
Ihn: der dich und mich geschafft.
Samstag, 8. Februar 1936
Mein Tagebuch
PAROLA:
DEXTERA DOMINI FECIT VIRTUTEM DEXTERA DOMINI EXALTAVIT ME: NON MORIAR / SED + VIVAM: ET NARRABO OPERA DOMINI + PSALM 117
Consolator optime, dulcis hospes animae, dulce refrigerium!
[Die Rechte Gottes wirket große Wunder, die Rechte Gottes hat mich erhoben, die Rechte Gottes wirket große Macht! Ich sterbe nicht, ich lebe, und künde laut die Werke Gottes. Ps. 117/118,16f
Tröster wie keiner, der Seele süßer Gast, süße Labe!]
O heiliger Geist, Du Ewige Liebe des Dreieinigen Gottes. Senke einen Funken Deines Göttlichen Feuerbrandes hinein in meine Schwachheit! Du Geliebter, Du Herzensbronn, Du tiefste Sehnsucht meiner Jungen Seele!
Tapfer sein in Schmerzen
Geduld bewahr’n im Herzen
Dienmut bei allen Taten:
Dann bist du wohl beraten!
Im Namen der Allerheiligsten ungeteilten Dreieinigkeit Gottes des Vaters, des Sohnes und des Heiligen Geistes möge nun meine neue Tageskladde beginnen. Ihm, dem Ewigen zur Ehre. Allen, so hoff’ ich, zu Freud’ und Lehr und mir ein wenig zur Fröhlichkeit des Herzens, zur Erquickung des Gemütes, zur Aneiferung des Willens, zum Wachsen in Gottes Gnade und Kraft, in Einfalt und Dienmut, so ist mein Flehn und mein Begehr.
Ein Singen hebt an, voll Herzensschwung und Auftrieb erneuter Jugendkraft. Ein Singen der Sehnsucht des liebenden Herzens – ein Jubel und Frohsang der dankenden Seele – ein köstliches Dankeslied, ein Preisgesang von glühender Harfe des Seelenbrandes angeklungen: Das ist meiner Seele Singen zu Gott, meinem Schöpfer, Erlöser und Heiliger!
Mit gradem Herzen will ich danken Dir, Gott, weil Du mich ins Leben, in Dein Leben, zu Deinem heiligen, unsagbar kostbaren Priestertum gerufen hast. In tiefster Not ruf’ ich zu Dir: Domine, non sum dignus, sed tantum dic verbo et sanabitur puer Tuus. [Herr, ich bin nicht würdig, aber sprich nur ein Wort, und dein Junge ist geheilt. (vgl. Mt 8,8; Lk 7,6)]
Schenk’ mir Dienmut und Hochherzigkeit zu Deinem Lob und Preis!
Dort brennen die Kerzen vor dem Bild der Altenberger Madonna: Sinnbild Christi, des Lichtes, Zeichen unserer Kraft und Hingabe! Es ist schwere Notzeit.
[…]
„Quid gloriaris in malitia, qui potens es in iniquitate.“ [„Was rühmst du dich noch deiner Schlechtigkeit, du Held der Bosheit.“] (Ps. 51[/52],3) – so möchte man mit dem Psalmisten sprechen –, und doch, nie war es mir bewußter, die große geschichtliche Sendung des Jungmännerverbandes!
[…]
„Tota die iniustitiam cogitavit lingua tua: sicut novacula acuta fecisti dolum.“ – „Propterea Deus destruet te in finem, evellet te, et emigrabit te de tabernaculo tuo: [et] radicem tuam de terra viventium.“
[„Beständig redet deine Zunge Frevel, und richtet Unheil an, wie ein geschärftes Messer. – Darum wird auch Gott für immer dich vernichten, wegraffen wird er dich, aus deinem Zelt dich reißen, und dich entwurzeln aus dem Land der Lebenden.“ (Ps 51/52,4.7)]
So könnte man sagen …
Furchtbare Worte des Heiligen Geistes! Herr, verschone unser Volk und Land, auch wenn wir leiden und büßen müssen für die Sünden vieler vor uns und mit uns!
Wohin treibt uns Satans Heimtücke und listentrunkene Schläue und infernalische Bosheit? Wo ist Recht und Liebe – alles faselt davon, weil sie nicht mehr da sind. Deshalb müssen wir Getaufte, Gefirmte und wundersam Gestärkte die Liebe leben.
Helden der Liebe. Wir besiegen und machen zunichte den Haß. Wir siegen, auch wenn wir sterben müssen!
In Gottes Hand liegt unser Los. Wir sind in Seiner Hände Frieden geborgen, auch wenn uns umdräut die Macht der Finsternis, der Satan!
So lasset uns singen das Siegeslied der Liebe:
„Wenn ich in Menschen- und Engelzungen rede, habe aber die Liebe nicht, bin ich tönendes Erz und lärmendes Becken. Und wenn ich prophetische Redegabe besitze und um alle Geheimnisse und alle Erkenntnis weiß; und wenn ich den ganz starken Glauben habe, um Berge zu versetzen, habe aber die Liebe nicht, so bin ich nichts!
Und wenn ich all mein Hab’ und Gut wegschenke, meinen Leib hingebe zum Verbrennen, habe aber die Liebe nicht, so ist’s mir nichts nütze.
Die Liebe ist hochgemut, gütig ist die Liebe; die Liebe neidet nicht, die Liebe prahlt nicht, bläht sich nicht auf, benimmt sich nicht unschicklich, sucht nicht ihren Vorteil, wird nicht verbittert (läßt sich nicht verbittern), sinnt nicht auf das Schlechte, freut sich nicht über das Unrecht, sondern sie freut sich mit der Wahrheit.
Alles erträgt sie, alles glaubt sie, alles erhofft sie, alles wagt sie. Die Liebe höret niemals auf.
Nun aber bleiben Glaube, Hoffnung, Liebe, diese drei!
Am größten aber von diesen ist die Liebe!“ (1 Kor 13)
Hier schreib’ ich’s nieder: Ich will der Liebe leben, ich will die Liebe leben, ich will durch und mit und in der Liebe leben. Gott ist die Liebe [(1 Joh 4,8.16)]. Durch Leben im Dreieinigen in und mit Christus und Maria allen alles!
1937
Donnerstag, 1. April 1937
Himmlische Mutter, hilf mir auch in meinem schweren Kampf um das, was Du in mir entfachtest. – „Meerstern, ich dich grüße“
Donnerstag, 29. April 1937
(Abends – iam recumbens [bereits niederliegend])
O Herr Jesus Christus, voll tiefer Liebe und Demut flehe ich zu Dir, stehe mir bei im Kampf um das Heilige in mir! Laß mich in hartem Dienst Dein bewährter Diener sein. Du adele meine Arbeit. Wenn ich auch schwach bin, sei Du mir Stärke und Burg, Schild und Schutz! [vgl. Ps 28,7; 33,20 u. 115,9]
Du mein Erlöser, komme bald zu mir! Amen.
Montag, 17. Mai 1937
Herr, zeig’ mir den Weg, und gib mir den rechten Geistesfingerzeig, wohin ich gehn soll. Ich weiß keinen mehr, ich bin krank im tiefsten Herzen!
Samstag, 20. November 1937
Ich bete um diese Gnaden, ich danke für alles Vergangene, für alles! Für alle!
Am Abend: Gebet:
Vater, es ist Zeit zum Ruhen.
Dein Knecht3 ist müde und sucht den Schlaf.
Vater, ich danke Dir!
Daß ich heute nicht ganz unnütz war meinen Brüdern und Schwestern.
Es war Mühsal, aber auch Freude, zu schaffen und zu sorgen.
Vater, ich danke Dir!
Daß ich Deine Herrlichkeit aufleuchten sah im Antlitz Deiner Schöpfung
und in der Begegnung mit guten Menschen, im Abglanz Deiner Liebe.
Vater, gib mir Kraft, Dir zu danken für die Fügungen, die ich nicht verstand. Du, mein Vater, bleibe mir gut und verzeihe, wo ich gefehlt habe. Du weißt, lässig war ich in der Arbeit und schwach, liebearm und unbeherrscht gegen Brüder und Schwestern. Ich bekenne es Dir, Vater!
Gott, Vater, Dein Erbarmen ist groß. Deine Güte unermeßlich. Sei mir ein Schützer und Helfer in dieser Nacht – und allen, die mit mir auf dem Wege sind zu Dir. Laß uns im Morgenglanze der Sonne in Deiner Vaterhuld erwachen zu neuem Werk und neuer Liebe!
Amen. Neues Werk! Neue Liebe!
3 Knecht ist von fremder Hand durchgestrichen und durch „Sohn“ ersetzt.
Sonntag, 26. Dezember 1937
Herr, schenk mir eine Stephanusseele! Im Geiste knie ich an seinem Grab in S. Lorenzo, das er mit diesem teilt.
1938
Sonntag, 16. Januar 1938
Veni, Sancte Spiritus! Dir will ich in Gehorsam folgen. Mein Ich soll in Gehorsam stehen – und sterben, wenn es sein muß. – Ich weiß nicht, aber …
Christus: Wer sich selbst verliert, wird sein Leben gewinnen! [vgl. Mt 10,39 u. ö.]
Montag, 24. Januar 1938
Das ist meines Lebens letzter Sinn, Christus zu leben in dieser Zeit! Christus, wenn Du nicht bist, dann möchte ich nicht sein. Du bist, Du lebst. Nimm mich hin, verfüge ganz über mich. Laß Dein Handeln und Wandeln durch mich und uns alle heute Tat werden.
Christus, Christus, Christus!
Du bist mein Leben, meine Liebe, meine innerste Glut!
Morgen ist Pauli Bekehrung! Herr, wandle mich! Schmettere mich nieder vom Roß meines Stolzes und meiner Überheblichkeit!
Samstag, 29. Januar 1939
Jesus Christus, meine Liebe, Dir will ich folgen in gläubig, hochherzigem heldischen Gehorsam, wohin Du mich auch befiehlst.
Mittwoch, 6. April 1938
Mein Herr und Gott! [Joh 20,28] Gieße den neuen Geist Deiner Gottes- und Menschenliebe in mein erbärmliches Herz und schaff’ es um zu einem tapferen und klugen, zu einem demütigen und ehrfürchtigen! Lenke Du mich in Deiner Liebe! Und ich will hingehn, wohin Du mich führst [vgl. Joh 21,18]. Will dort stehn, wohin Du mich stellst. Ich möchte Dein Priester, Künder Deiner Frohbotschaft, Dein Gesalbter werden, weil ich Deinen Ruf zu hören meine. – Wohin Du mich stellst, da will ich stehn. Gib mir Deinen Rat und Deine Kraft dazu! Amen.
Freitag, 15. April 1938
Christus, Du mein Leben, meine Liebe, Du meine Leidenschaft, durchglühe, entflamme, erleuchte mich! Veni, Sancte Spiritus! Veni, pater pauperum! Veni, veni, dator munerum! Führ’ mich zum Heil in Dir! – Amen.
[…]
Ich bin zerschlagen. – Herr, wie Du willst. [vgl. Mt 26,39; Mk 14,36; Lk 22,42] In manus Tuas. [In deine Hände. (Lk 23,46)] Ich will ehrlich werden und sein und gehorchen, wenn’s auch schwerfällt.
Sonntag, 17. April 1938
Herr, lehr’ mich sterben, daß ich für Dich leben kann. Führ’ mich, wohin Du willst [vgl. Joh 21,18]. – Das Kreuz gib mir, die Leidenskrone! (von der Gertrud von Le Fort in ihrer Osterhymne singt!)
Montag, 18. April 1938
Herr, entzünde ihre [Elisabeth Rubys] heilige Seele mit Deinem Liebeslicht. – Gloria Patri et Filio et Spiritui Sancto. [Ehre sei dem Vater und dem Sohne und dem Heiligen Geiste.] Alleluja!
Freitag, 22. April 1938
Wer kennt die Wege, die Er die Herzen lenkt! – Herr, führe uns, aber – ich flehe Dich an – nicht in Versuchung [vgl. Mt 6,13]. Laß es recht werden! – Nimm meine widerspenstige Natur in Deine starke Hand.
Samstag, 23. April 1938
Herr, wohin Du mich willst, dahin geh’ ich – auch in Nacht und Not und Leid. Ja – –
Gib mir Befehl!
Befrei’ mich von jeder Selbstsucht!
Montag, 25. April 1938
Herr lehr’ mich Deinen Willen erkennen und gib mir den Mut und die Kraft, in Demut und ohn’ alle Menschenfurcht ihn zu vollbringen. Herr, mach mich frei! Herr, erbarme Dich unser! In pace in id ipsum dormiam et requiescam. [So leg ich mich in Frieden nieder, schlaf in Ruh. (Ps 4,9)] – Alleluja!
Donnerstag, 28. April 1938
Da möcht’ ich täglich lauter beten: Herr, schlag’ dazwischen, trommle uns so lange auf das Dach unserer ecclesia [Kirche], noch weithin dormiens [schlafend], bis wir wirklich wieder in Leid und Not reifen zur großen Völkerkirche. – Herr, schenk uns weitschauende, große Führer! Apostel, Menschen mit Deiner Glut und Sendegewalt!
Sonntag, 1. Mai 1938
„Gott, mein guter Vater und Freund, in der Antwort des lieben Menschen [Elisabeth Ruby] will ich Deiner ewigen Stimme lauschen. Dein Ruf soll mir klingen in ihrer Stimme. – Auch wenn Schweigen die Antwort ist, will ich sie demütig hinnehmen. –
Guter Gott: steh’ mir bei in aller Not.
Gott, steh uns bei in aller Not,
bewahr’ uns vor der Sünde Tod!
Um dieses eine bitt’ ich nur:
halt fern von uns des Bösen Spur!
Laß mich in Ehrfurcht warten
vor des andern Seelengarten!
Kühl’ meiner Sinne Leidenschaft,
durchwärm’ mich mit der Gnade Kraft!
Send’ mir des Geistes keusche Glut,
brich nieder Stolz und Übermut!
Ganz geb’ ich mich in Deine Hand, Dreifalt’ger Gott, Du bist mein Pfand,
daß recht ich vor Dir wandeln mag,
Gott-Vater, vor Dir all mein Tag’.
Senk unser beider (seu [oder]: aller) Herzen ein
des ew’gen Lebens Gnadenschein!
So führ uns durch dies Erdental
zu Deinen Himmeln allzumal. Amen.“
Herr, erbarme dich unser, Herr, mein Gott!
[…]
Dunkle rote Blumen leuchten und duften auf meinem Tisch. – Herr, hilf mir, ich versinke [vgl. Mt 14,30]. Ich bin mir selbst ein Rätsel, ein undurchdringbares Geheimnis, das nur Du lösen, nur Du im Licht schauen kannst. – Wohin willst Du mich, Herr – aus tiefster Not schrei’ ich zu Dir. [vgl. Ps 129/ 130,1f] Zerbrich meinen Stolz, halt nieder meine niedre Sinnlichkeit. Dunkle, rote Blumen – –
Gott, mein Gott, sprich zu mir. Gib meinem wilden Herzen Ruh’, stell mich an die rechte Stelle. Gib mir Kraft zur Selbstbeherrschung, Selbsterkenntnis und Ehrlichkeit.
Mein Heil und innerstes Glück steht auf dem Spiel: Darf, soll, muß ich hinzutreten? – Ich erschauere vor der Schwere des Priestertums. Mein Herr, mein Gott, sprich zu mir!
Montag, 2. Mai 1938
Herr, schlag’ die dunklen Mächte in mir nieder: den elenden Stolz und die niedere Sinnlichkeit. Mit Deiner Hilfe will ich in diesem Jahr den Drachenkampf gegen diese Fehler führen und versuchen, Dein Kind und vor den Menschen ein Mann mit freiem und starkem Herzen zu werden.
Herr, hilf mir, allein bin ich zu schwach! Gib mir den Sinn für die wahre Ordnung der Werte! Laß mich Leben der Gnade und der Natur in geordneter schöner Einheit vollbringen!
Procul recedant somnia,
Et noctium phantasmata! –
Hostemque nostrum comprime,
Ne polluantur corpora!
Unum necessarium!
Ut omnes unum sint!
[Halt ab die böse Traumgewalt,
Der finsteren Nächte Schreckgestalt,
Den Feind verbanne von uns weit,
Daß rein der Körper allezeit.
Eines ist notwendig! (Lk 10,42)
Damit alle eins sind! (Joh 17,11)]
Alle mögen eins werden, geeint sein – in der Liebe. In caritate. Fiat, fiat! [Es geschehe! (Lk 1,38)]
Mittwoch, 4. Mai 1938
Gott, nimm mich an als Dein Werkzeug!
Donnerstag, 5. Mai 1938
Dir, Herr, mein Leben in Deine Hand, Gekreuzigter.
[…]
Oremus pro invicem [Beten wir füreinander]!
Herr, mach’ mich tapfer und furchtlos, auch im Anschauen des eigenen Leids und der eigenen Armseligkeit und Blöße! Lehr’ mich, mich recht und ganz sehen!
Freitag, 6. Mai 1938
O Last Gottes, du schwere und doch so unendlich süße Last. Dei onus, Dei iugum leve ac suave. [Die Last Gottes, das Joch Gottes ist leicht und süß. (vgl. Mt 11,30)]
[…]
Herr, laß mich nicht fallen! Herr, mach mich demütig, befreie mich von Stolz, Eitelkeit und jeglicher Selbsttäuschung, hinter der Satan sich versteckt. – Herr, hilf mir, ich versinke, ich kann nicht mehr lange so! Hilf mir!
[…]
Gott, Du bist groß.
Samstag, 7. Mai 1938
Ein reines Herz, o Herr, erschaff’ in mir!
Den rechten Geist erneur’ in meinem Innern! [Ps 50/51,12]
Den Geist Jesu Christi!
Zu Ihm entbrannte meiner Jugend Sehnsucht in Leidenschaft, da sie am Scheideweg stand. Er ist meine tiefste Liebe geblieben alle Jahre voll heißen Kampfes und wildem Streit: Jesus Christus.
Sonntag, 8. Mai 1938
Jesus Christus! Der strahlende, schöne, ganze Mensch. Folge Ihm!
Jesus Christus! Der liebenswürdige, edle, hohe Menschenfreund. Lern’ von Ihm!
Jesus Christus! Der ewige Gottessohn, der für uns Menschenleib annahm, lebte und litt. Diene Ihm!
Jesus Christus! Du meine Leidenschaft. Du mein Lebensbild. Du innerste Glut meines Herzens. Komm, schmiede mich, nimm mich unter den Hammer Deines Befehls. Laß mich Dein Sendbote sein – gleich, wo; gleich, wie!
Herr, sprich zu mir!
Wir heben unsre Hände aus tiefster bitt’rer Not:
Herrgott, den Führer sende, der allen Jammer wende mit mächtigem Gebot!
Mit mächtigem Gebot!
Einer ist euer Meister: Christus!
Einer ist euer Lehrer: Christus!
Ihr alle seid Brüder! [vgl. Mt 23,8]
[…]
O Gott, wie ist das Leben reich und groß und schön. Gib mir die Kraft zum Opfer, zum Maßhalten und zur Ordnung. Schenk’ mir Reinheit und Klugheit. Gieß Deines Heiligen Geistes siebenfachen Gnadenstrom über uns aus! Gib Sendung, gib Rat, gib Stärke! Gib Verstand und Wissenschaft, Frömmigkeit (heilige Ehrfurcht, besser noch: Ehrfurcht vor dem Heiligen) und Furcht des Herrn! – Und dazu schenk’ uns als Krone des siebenfachen Schatzes Deine heilige Weisheit!
Dienstag, 10. Mai 1938
Am Samstag vor 14 Tagen [23.4.] abends fiel mir folgende Übersetzung der drei ersten Strophen des Laudes-Hymnus [Splendor Paternae gloriae] von Montag ein: Sie soll als mein Gebet hier stehn.
„Abglanz der Vaterherrlichkeit,
Du bringst vom Licht uns Deines Lichts,
Du Leuchte und Du Quell des Lichts,
Du Tag, der schimmernd sich ausspreit:
Du wahre Sonn’, stürz’ Dich herab,
Des ew’gen Blitzes heller Schein!
Des milden Heil’gen Geistes Schein
Ström’ ein zu unsrer Sinne Lab’!
Den Vater rufen wir mit Bitten,
Den Vater mächt’ger Gnädigkeit.
Vater, Du, ew’ger Herrlichkeit,
Nimm schwüle Schuld aus unsrer Mitten.“
[…]
„Lieber, heiliger Christ. Mein Herr und König. Mein Meister und mein Leben, halt mich bei Dir und gib Du mir große Sendung, dazu auch ein glühend heilig Herz. Laß mich verstehen und kosten, wie kräftig und süß und stark Deine Wahrheit und Dein Lebensgeheimnis sind. Und das laß uns allen unseren Nächsten in unserer Heimat und unserm Volk künden als Deine Frohboten. Zu uns komme Dein Reich! Amen!“
Wohin Du mich sendest, dahin geh’ ich frohen Herzens. [vgl. Jes 6,8]
Freitag, 13. Mai 1938
Herr, vermehre meinen Glauben!
Montag, 16. Mai 1938
O Mutter, dir sei Dank!
Vergilt du meiner Lieben Liebe tausendfach. Dir verdanke ich meinen Entschluß. – Gib mir den Geist des Glaubens und der Liebe deines Sohnes!
O Maria, noch so schön als die Sonn als der Mon’ –
o du edler Gottesthron! –
Schön fürwahr ist dein Gestalt,
schöner ist die Seel’ gemalt!
Cherubim, Seraphim, allen Engeln sie gefallt!
Montag, 23. Mai 1938
Führ’ mich, o Herr, die Wege Deiner Gebote, denn Du hast weit gemacht mein Herz! [vgl. Ps. 118/119,32]
Mittwoch, 25. Mai 1938
Ich bin zur Stelle, Herr, weil Du mich rufst mit einer solchen Macht.
Montag, 20. Juni 1938Herr, sende uns, gib uns ein glühendes priesterliches Herz voll Liebe, Güte und Weite, dazu einen klaren Glauben voll Tiefe, Kraft und Stärke!
[…]
Mach mein Herz neu, Herr! Gib mir Kraft von Deinem göttlichen Herzen! Bilde unsere Herzen nach Deinem Herzen. Mach uns zu reinen, gottliebenden, selbstlosen Priestern, die das deutsche Volk zu Dir heimführen!
Dienstag, 28. Juni 1938
Und das ist meine Bitte heute! Herr, nimm mich hin! Ich glaube. Schenk mir immer tiefer den Glauben, gib mir und allen, die mir begegnen, Deine Gnade, Deinen Frieden, Deine Freude! ( Offenbarung 14,1–5) So sei es!
Friede, Freiheit, Freude im Herrn! Ecce adsum – mitte me! [Hier bin ich – sende mich! (Jes 6,8)] Justus meus ex fide vivet. [Mein Gerechter möge aus Glauben leben.(vgl. Röm 1,17; Gal 3,11)] – Glaubensgeist!
Mittwoch, 29. Juni 1938
Jesus Christus, mein Erlöser und Gott, Du kennst mich besser als ich mich kenne. Du hast mich gerufen, Du weißt, warum. Es war ein seltener Weg oft, den Du mich gehen ließest und führtest, für mich bleibt er Geheimnis. Aber ich vertraue Deinem Herzen mehr als meiner kleinen menschlichen Einsicht. – Um was ich Dich heute bitte: Nimm mir alle Unreinheit und allen Eigennutz, alle geheime Zuchtlosigkeit und Feigheit, alle Heimlichtuerei und alles Wichtigtun, reiß es mir aus dem Herzen und pflanze hinein Deine Liebe, Deine Demut und Reinheit. – Bedingungslos folge ich Dir nach, segne meinen Willen und mache ihn zu Deinem. Ohne Angst, nein in heiliger Freiheit und Freude spreche ich mein Introibo [Ich will hintreten].
Donnerstag, 30. Juni 1938
Herr, hilf mir, gib mir den Mut zur Treue im Kleinen, damit ich Dir einst – o bald – im Großen dienen kann!
Freitag, 1. Juli 1938
So komm denn himmlischer Vater, nimm Platz auf dem Dir bereiteten Throne meines Herzens, durch Christus im Heiligen Geiste mögest Du, Allmächtiger, dann in mir herrschen. Nimm mich als Deinen Diener an! Heute hab’ ich bedacht, was unlauter und lüstern war in den Jahren der Vorbereitung. Es ist mir angst geworden vor Deinem klaren, alles durchdringenden Blick. Aber ich muß Deine Führung anerkennen. Wie unbegreiflich führtest Du mich in mannigfaltiger, einziger Führung.
[…]
Mein Gott, was willst Du von mir?!
[…]
Hier bin ich. Adsum! Umkleide mich mit Deinen Gewändern der Würde, umgürte mich mit der Strenge Deiner Zucht [vgl. Eph 6,14]! Erschließe mir immer tiefer Dein innerstes Geheimnis, Deiner Schönheit tiefverborgenen Glanz! Du Mutter der Gnade, wie führtest Du mich durch die Fährnisse der Jugend bis hierher, mit welcher wahrhaft göttlich weiten Weisheit, so daß ich selbst mich schier frage: Ist es denn so recht? – Hier hast Du meine Hand, die Hand meines Gelöbnisses, meines jungfräulichen Verlöbnisses. Versprechen der Treue! O bräutliche Mutter, o mütterliche Braut: laß mich immer tiefer Deine Liebe und Wonne, Deine Seele erfahren! Du Leidensbraut unseres Herrn, die Du Sein Erlöserleiden alle Tage Deines irdischen Wandels mitleidest, gib mir die Gnade und Kraft, Gefährte dieses erlösenden, befreienden Leidens zu sein!
Drei-Einiger, allmächtiger, gewaltiger, gütiger Gott: Du schenktest mir die Kirche als Mutter und Braut. Damit läßt Du mich teilnehmen an Deinem Erlöserwerk, an Deiner Brautschaft, die Du mit der Menschheit in der Kirche schlossest. Ich danke Dir, daß ich Dich Vater nennen darf und mit der Kirche, Deiner Braut und meiner Mutter, Dich allzeit preisen kann. Führe mich! Amen. [vgl. Eph 5,25; Offb 21,2]
Samstag, 2. Juli 1938
O mein Herz! O Glut, o Freude! O Gott, Du Lebendiger! Ich Armseliger. Aber ich habe das Leben als köstliche Gabe von Dir. O Schöpfer! Dir will ich dienen. Mein Erlöser! Dir will ich dienen in ungeteiltem Dienst zur Heiligung der Welt! Nimm mich ganz wie ich bin. Ertrage meine Schwäche, hilf vor allem mir selbst sie ertragen! Denn es fällt mir entsetzlich schwer, die Schwäche meiner selbst und meiner Brüder zu tragen. – Hilf mir aus der Triebverhaftetheit auf zum heilbringenden Licht Deiner Gnade!
Und – jetzt nur das noch einmal aus ganzem dankbarstem Herzen Dir – als heiliges Gelöbnis letzter Hingabe in Freiheit und Kraft und Mut und Geduld und standhaft und gläubig und hoffnungsfroh, was ich vor dem RAD – nach dem Freiburger Jahr – am Karsamstag [27.3.]1937 in leidvoller, aber gnadenerfüllter, tiefer Stunde niederschrieb aus glühendem Herzen.
[…]
Herr, nimm mich mir, Herr gib mich Dir! [Klaus von der Flüe] Adsum! – Mitte me [Sende mich! (Jes 6,8)] – Deo gratias [Gott sei Dank]!
Dienstag, 19. Juli 1938
Herr, gib mir Deines Heiligen Geistes Kraft und Liebesglut! Glauben, wagen, gewinnen!
[…]
Herr, Du rufst. Ich folge. Gib mir selbstlose Gottes- und Nächstenliebe, einen klaren Verstand und ein lauteres Herz! Amen.
Montag, 26. Dezember 1938
Gott, wir danken Dir!
Ich danke Dir, mein Schöpfer und Erlöser, daß Du mir das Leben aus diesen Eltern und dieser unserer Familie schenktest! Ich danke Dir, Du großer guter Gott – meine Zunge kann Dich nicht würdig preisen!
Dienstag, 27. Dezember 1938
Gott, gib mir das Herz eines Johannes! Christus, ich lege mein Haupt an Deine väterliche, göttliche Brust, in der Dein Erlöserherz schlägt. Nimm mich ganz! Dein eigen will ich sein.
Mittwoch, 28. Dezember 1938
Gott, ich danke Dir, daß Du mir diesen großen Priester [Kaplan Josef Wigger] mit auf den Weg gabst.
Donnerstag, 29. Dezember 1938
Gott, ich danke Dir für alle die Jungen, die Du mir anvertrautest in den schönsten Zeiten des Lebens bisher!
Samstag, 31. Dezember 1938
Dank Dir, Herr, für Deine Gnad’ und Dir, liebste Mutter meines Herrn.
Mit Deiner Hilfe spreche ich – will ich jeden Tag neu sprechen in Gehorsam das jungfräuliche Fiat [mir geschehe] zum Beruf!
[…]
Gott, wie groß und gnädig warst Du zu mir in diesem Jahr. Wir sagen Dir Dank ob Deiner großen Herrlichkeit, die Du uns im vergangenen Jahr zu spüren gabest. – Unsere, meine ganz persönliche Antwort sei ein helles, bereites „Ja, Vater“ – auch wenn es ein unbegreifliches Geheimnis ist, wie Du mich Sünder riefst und – so seltsam, ganz persönlich – eigen führtest.
Ich danke, ich danke und juble vor Dir:
quia fecisti mihi magna, qui potens es. Mihi peccatori, qui non meruit misericordiam gratiae et vocationis Tuae!
[denn Du, der Mächtige, hast Großes an mir getan. Mir Sünder, der ich die Gnade Deines Erbarmens und Deiner Berufung nicht verdient habe!]
1939
Sonntag, 1. Januar 1939
Das große, heilige Jahr des Lebens hebt an.
Deo gratias! „Introibo ad altare Dei, ad Deum, qui laetificat iuventutem meam.”
„Suscipe, sancte pater! …“
[Gott sei Dank! „Zum Altare Gottes will ich treten, zu Gott, der mich erfreut von Jugend auf.“ (Ps 42/43,4)
„Nimm, Heiliger Vater! …“]
[…]
Consecra me, Domine! [Weihe mich, Herr!] Hole heim, verwandle meine ganze Natur zur christlichen, zu Deiner Priesterpersönlichkeit! Christus, mein Heiland und Erretter! Dein eigen will ich sein.
Montag, 2. Januar 1939
Herr, mach uns zu würdigen Werkzeugen Deiner Erlösung und Frohbotschaft.
Dienstag, 10. Januar 1939
Gott, erhalte unserm Volk Deinen Segen und Frieden.
Freitag, 13. Januar 1939
Mein Gott, ich danke Dir, daß Du mich als Deutschen hast geboren werden lassen. Alles Ringen um Freiheit und Größe trage vor Gott! „Großer Gott, wir loben Dich.“
Freitag, 20. Januar 1939
P. [Spiritual Peter] Mischler [SJ] sprach zu uns grade vom göttlichen Wohlgefallen, vom Freundsein mit Gott.
Gott, bist Du mein Freund? Du Gewaltiger, Geheimnisvoller, Dunkler – Gott! Darf ich Dich Freund nennen, da ich doch nicht weiß, ob Du wirklich mein Freund bist oder besser: ob Du mich Freund nennst, ob ich Dein Freund bin. Ob ich in Deinem Wohlgefallen stehe und Dir Freude bereite.
Darf ich heute mein Herz vor Dir ausgießen? Ich bin Mensch. Darf ich mit Dir reden, Du Unaussprechlicher? – Wir sind von den Schrecknissen Deiner Geheimnisse umwittert. – Du furchtbarer Gott!
Heute muß ich endlich sie aussprechen, meine Trauer: ich klage mein Herz vor Dir aus. Höre mich bitte, wenn Du mein Freund bist. Höre mich, Herr! Warum hast Du uns aus dem Paradies verstoßen? [vgl. Gen 3,23f] Ich begreife Dich nicht – lag es nur an uns? Du hast doch alles in der Hand. Würden wir Dir nicht tausendmal besser dienen können, Dir herrlichere Freude bereiten – und selbst froher einhergehn, im Glanze des Schöpfungsmorgens und der ersten Gnade!
Ich weiß, im Glauben singen wir Dir Lob dafür: O felix culpa, quae talem ac tantum nobis meruit [habere] Salvatorem [Redemptorem!] [O glückliche Schuld, die einen so großen, so erhabenen Erlöser zu erhalten verdiente!] Aber – Du hättest uns doch auch ins Paradies Deinen Sohn senden können. Du, Du sag’ mir, warum? Lag es nur an uns? O furchtbares Geheimnis, Du Abgrund aller Abgründe, Du Fluch der Sünde!
Rede ich vermessen mit Dir, es steht mir nicht an, mit Dir so zu reden – aber gestatte mir in Deiner Güte, daß ich klage und jammere in tiefster Erschütterung vor Dir, daß ich an Deinem Herzen mich ausweine, all mein Fragen und Suchen und Ringen vor Dich trage in bitterer Klage. – Mein Herz muß sich befreien darin. Ich bin kein toter Klotz, ich bin ein Mensch aus Geist und Blut.
Du, Du sage mir – Du, warum? Warum hast Du mich so geführt, warum hast Du mich in diese Zeit hineingeboren werden lassen? Warum hast Du Schuld und Leid in mein Herz dringen lassen – mit und ohne meine Schuld? Was soll alles Sterben, aller Verzicht auf Güter, die Du geschaffen? Weshalb die grausamen Katastrophen in Deiner Schöpfung, weshalb das grausame Schlachten Deiner Ebenbilder ringsum? Weshalb hat der Satan und die böse Lust, der Stolz des Menschen eine solche Macht über die, die doch durch Deinen Sohn erlöst und geheiligt sind?
Oder ist alles nur Täuschung – o, verzeih mir meine Rede – ich glaube an Dich und Deine heiligen Ordnungen, aber ich sehe sie nicht!
Weshalb, sag mir, soll ich auf das größte Gut der Natur, die heilige Gemeinschaft zwischen Mann und Weib [verzichten], die Du selbst im Paradies zur Freude füreinander geschaffen und zum lebensspendenden Bund? [vgl. Gen 2,24] – Warum hast Du die Geschlechtskraft Adams so stark in mir werden lassen, Du tust doch alles – und [hast] mich trotzdem zu jungfräulichem Priestertum gerufen? O, die dunklen Stimmen meines tiefsten Herzensgrundes möchten sich aufbäumen gegen Deinen Ruf – und doch, ich kann und darf nicht! Du, Du warum? – Ach, ich weiß, ich habe ja nichts zu fragen, und doch hast Du mich als Frager geschaffen! Du, Du!
Ja, ich weiß, was ich mir jetzt alles richtig antworten könnte, alles dogmatisch richtig. – Aber ich kann mir nicht antworten und will es auch nicht – antworte Du mir, Du bist doch mein Freund! Ich bitte Dich flehentlich! O schenk mir Deine Gnade! Führe mich zu Deiner Freundschaft!
Ich weine heiße Tränen der Schmerzen vor Dir, ich weine sie mit tausenden von Menschen vor Dir, Vater! Vor Dir, Freund! Unbegreiflicher! Ich weine und klage mit Deinem Sohn am Ölberg – errette uns! Wir sind erlöst, aber erlöse uns.
Ein Lied könnte ich Dir nun singen wegen Deiner unbegreiflichen Herrlichkeit und Liebe. Aber ich will Dir schweigend danken; denn ich bin es heute nicht wert. In manus Tuas, Domine … [In Deine Hände, Herr … (Ps 30/31,6; Lk 23,46)].
(Antwort gab mir Isaias in Kapitel 54 und 55)
Dienstag, 24. Januar 1939
Gott, Du mein Schöpfer und allgütiger Erhalter: Dir geb ich mich frei und willig hin, in Deine Vaterhand. Du hast mich bis hierher geführt. Auch die dunklen Täler persönlichen Leides hast Du mich glücklich durchwandern lassen – nimm mich nun ganz in Deine Hände! Da hast Du mich ganz und ohne Vorbehalt.
Erfülle mein Herz mit Gnaden, daß es Dich immer mehr findet – Du Unermeßlicher. Du Brunnquell aller Liebe! Ich liebe Dich!
Donnerstag, 26. Januar 1939
Erhalte uns in Deiner Liebe, Gott! Denn ohne Dich hängen wir in der Luft.
Montag, 30. Januar 1939
Herrgott, ich klage vor Dir meine Not: vor Dir alle Tage Tränen sind mein Brot [vgl. Ps 42,4]. Dominus illuminatio mea et salus mea. [Der Herr ist meine Leuchte und mein Heil. (Ps 26/27,1)]
[…]
Mein Gott, was hast Du mit mir vor? Was habe ich durchlitten seitdem [Januar 1937]?
[…]
O ich möchte hinaus, unter freien Himmel, in Sternennacht, an den Strom, in den Wald und wieder Deiner Stimme lauschen, Natur! Deine Wasser wieder trinken – und dann wieder voll Freuden schöpfen aus den Quellen der Gnade. Ihr Mauern! O meine Freiheit!
[…]
Herrgott, verzeih mir, aber ich leide entsetzlich unter dem Gedanken, daß man die Welt entflammen soll als solch erbärmliches Rädchen in einem fein ausgeklügelten Mechanismus. Ich könnte innerlich kaputtgehen in diesem „Klerikalismus“ oder wie man dies nennen soll, in diesem Stehkragenformat, eingepreßt in diese Formen. – „Keiner hat das Recht, heute mittelmäßig zu sein“ – so sagt der große Pius [XI.]. Ach Gott! Ich möchte fliehen ins Gebirg mit Chrysostomus und Zwiesprache halten mit euch, ihr ragenden Zeugen Seiner Herrlichkeit und mit dem stillen Himmel. – Dann würde ich ja vielleicht auch das Geheimnis der Sacra Hierarchia Ecclesiae [heiligen Hierarchie der Kirche] verstehen – das leibgebundene, abgestufte, stille Sein der Kirche: als stilles Wirken der ewigen Güte Gottes.
Herr, wohin willst Du mich? Hier steh’ ich vor Deinem Antlitz, fragend, suchend, ringend, betend.
Was bist du traurig, meine Seele, was verwirrst du mich? Vertrau’ auf den Herrn und du darfst ihn wieder preisen.
Herr, vernichte meine Müdigkeit und Feigheit, durchflamme mich mit Deiner Glut!
Sechs Jahre sind seit jenem umstürzenden 30.1.1933 vergangen. Sechs Jahre einer Umwälzung von ungeheurem Ausmaß. Und wir leidend, schauend, tuend in ihr. Herrgott, ich danke Dir für alles, trotzdem ich nicht verstehe … Führe gnädig Dein deutsches Volk.
O heilig Land der Völker – o Vaterland! Mein Deutschland – Großes Deutsches Reich! Ich liebe dich. In Gott sei dir Friede!
Dienstag, 31. Januar 1939
Lieber Vater im Himmel – wieder ist ein Monat meiner Erdenpilgerschaft vergangen. – Du hast mich – uns alle hier – so gnädig geführt. Wir danken Dir für Deine herrlichen Gnaden. Geleite uns sicher an der Hand Deiner Kirche ins Heiligtum. Alle meine Mitbrüder! Durch Christus, unsern Herrn.
In la Sua volontà è nostra pace! [In seinem Willen ist unser Friede!] Amen.
Donnerstag, 2. Februar 1939
So bitte ich Dich, mein Herr und mein Gott, um letzten, tiefen Glauben an Deinen Sohn, den Du uns gesandt als Erlöser. Schenke in mein Herz Seine Opferliebe!
[…]
Christus, Du mein Leben, Du mein Licht, Du meine Liebe! In den reinsten Stunden meines Herzens hast Du Deine Sendung in mich hineingepflanzt. Durch wilde Kraft und starkes Drängen der Natur hast Du den Beruf hindurchgetragen. Ich vertraue Deiner Stimme mehr als der drängenden Stimme meines Blutes. Gebiete Du ihr Ruhe, wie Du einst den tosenden Wogen des galiläischen Meeres geboten! – Alle Kraft meines Leibes und meiner Seele, meines Geistes und Gemütes stelle ich heute in Deine Liebe. Präge, adle sie in Deiner Liebe und Gnade. Ich will nicht mehr mich selbst – nichts mehr – nimm Du mich ganz. Ich danke Dir für Deinen Ruf, laß ihn mich restlos erfüllen. Ich danke Dir für den Kampf, gib mir den Frieden.
Du hast über mich verfügt! Und mein blutendes Herz schließe ich ein in das Deinige, das für uns – für mich – am Kreuze verblutete. – Tilge meine Schuld, führe mich nicht mehr in Versuchung, stärke mich mit Deiner Liebe – und ich habe alles genug – in der Glut Deines Herzens. – Amen.
Einst schrieb ich in jugendlichem Idealismus: Christus, meine Leidenschaft. – Heute schreibe ich – schrecklich ernüchtert, aber geklärt – Jesus Christus, meine Liebe, mein ein und alles. Dir gehöre ich ganz und ungeteilt! – So sei es!
Sonntag, 12. Februar 1939
Dir, Allmächtiger, opfere ich mich ganz. Dein bin ich, mein bist Du, Vater! Nimm mich in Gnaden an und schaff ein neues Herz mir in mein Innerstes! Ein selbstloses, reines, flammendes Herz Deiner göttlichen Liebe. [vgl. Ez 11,19]
In Dir sind wir. [vgl. Apg 17,28] In Frieden geborgen! Trotz des bitteren Erdenloses, allen Leides und des Todes siegt die Liebe, siegst Du in ihr; denn Du bist reine Liebe in Person.
Gott, unfaßbar ist Dein Ruf und Wille. Zu klein ist mein kümmerliches Seelenlicht, Deines Glanzes Fülle zu fassen oder auch nur ahnend zu spüren. Weil ich es als Mensch nicht fasse, spreche ich in Christi Namen – durch Ihn und mit Ihm und in Ihm:
Dein Wille geschehe wie im Himmel, so auch hier auf Erden [Mt 6,10]. Dein Wille, Dein mächtiger, gebietender, flammender Liebeswille geschehe – und sonst nichts.
Du hast das Vorhaben mir ins Herz gesenket,
hast Weg der Liebe und des Leides mir geschenket.
Führ gut zu End’ Dein hoch Beginnen, laß ew’ges Leben uns gewinnen. Fiat – Amen!
Freitag, 17. Februar 1939
Vater, Schöpfer, Herr und Gott – ich will gehorchen Deinem Ruf, ich glaube an Deine gütige Vatersorge und Vorsehung, auch wenn ich sie nicht sehe und nicht immer handgreiflich spüre. – Du führe mich! Ich bitte Dich. – Du hast mich geleitet bisher, Du wirst mich weiter sicher geleiten an ein seliges Ende in den Hafen Deiner Liebe durch eine unselig-unrastige Erdenzeit. Erleuchte mein Gewissen! Durchforscher Du von Herz und Nieren! [vgl. Ps 7,10]
Durchwebe mein Gefühl! Du Weber aller schönen Bilder und Gedanken!
Durchglühe meinen Verstand! Du Geber aller Einsicht und Vernunft!
Durchwirke meinen Willen! Du Wirker aller Entschlüsse!
Scheide mein Herz! Du aller Entscheidungen Entscheidendster!
Sende Ruhe und Beherrschung in die kreisenden Bahnen meines Blutes!
Du herrschende Ruhe selbst!
Durchflamme meinen Leib und meine Seele mit der Urflamme Deiner persönlichen Liebe!
Komm, Heiliger Geist, ergreife und verbrenne mich in meiner Schwäche, laß schlagen daraus die Kraft und Flamme der Liebe, des Glaubens, der Hoffnung!
Du Gott bist die sichere Brücke über den Abgrund der eigenen Unsicherheit. – Festige mein todverfallenes Beginnen in Dir. – Du bist meine Liebe. Du! Da bin ich. Adsum [Da bin ich]!
Sonntag, 19. Februar 1939
Herr, bewahr mich vor der Langeweile und der seelischen Stumpfheit und Enge!
Samstag, 25. Februar 1939
Ich spreche „Ja, Vater“, weil Gott zu mir gesprochen, „Ja, du bist mein lieber Sohn.“ [vgl. Mt 3,17; Mk 1,11; Lk 3,22] – Ich kann und will nicht mehr anders und koste es das Leben des Kreuzes; und das kostet es ganz sicher mehr als ich es aussprechen kann. Aber ich ahne es. Herr, ich entscheide mich frei für Dich, Dir gehört mein Leben und Sterben! Suscipe deprecationem nostram, miserere nobis! [Nimm unser Flehen gnädig auf, erbarme dich unser!]
Montag, 27. Februar 1939
Die Gnade muß hereinbrechen! Komm, Herr Jesus! [Offb 22,20] – Herr Christe komm’ in unsre Not!
Donnerstag, 2. März 1939
[Eugenio] Cardinal Pacelli ist zum Papst Pius XII. gewählt worden. Deo gratias [Gott sei Dank]! Herr, bewahre, führe ihn zum Heile Deiner Weltkirche, und zum besonderen Heile in der deutschen Not! Erwecke uns Heilige und Helden, Herr und Gott!
[…]
Herrgott, ich glaube, ich beuge in Demut mein Haupt vor Dir, vor Christus, Deinem Sohn, unserm Erlöser, und ich wünsche nichts sehnlicher, als mich Deiner Kirche in Freiheit, Dankbarkeit und reiner Liebe schenken zu dürfen.
1. Als jungfräulicher Opferpriester.
2. Als glühender, frommer Beter.
Sonst hab’ ich keinerlei Ansprüche mehr hier auf Erden. Erfülle Du bitte meine tiefste Herzenssehnsucht, das Flehen meines bedrängten, gefahrumwitterten Herzens von Jugend auf! Und das ist der Schlachtruf: Mit Gott und der heiligen Jungfrau!
Dienstag, 14. November 1939
Gott, ich danke Dir für alle Wohltaten, die Du so reichlich über mich ausgegossen. Ja, ich danke Dir für die Tage der schweren Krankheit, und jetzt wiederum für die Tage der Unfreiheit und Gefangenschaft. Alles hat seinen Sinn, Du meinst es überaus gut mit mir.
Aus ganzem Herzen bitte ich Dich für alle, die mir nicht gut gesinnt, und bitte Dich um Verzeihung für sie. Vor allem aber verzeihe mir armem Sünder alles, was ich je Dir oder einem Menschenbruder zuleide tat. Reinige mich von aller Schwachheit und Sünde! Ab occultis meis munda me, Domine. Et ab alienis parce servo tuo! [Sprich mich frei von Schuld, die mir nicht bewußt ist, Herr! Behüte Deinen Knecht vor feindseligen Menschen!]
Sonntag, 26. November 1939
Gott, wie gute Menschen hast Du mir geschenkt. – Von daheim kam gestern Post. Sie sind in Gott getrost! Das war meine ärgste Sorge.
Gott, wie erhaben, mächtig, wundertätig und groß bist Du, Du meine Liebe, ich danke Dir!
Samstag, 2. Dezember 1939
Ad te, Domine, levavi animam meam. Deus meus, in te confido! [Zu dir, Herr, erhebe ich meine Seele. Mein Gott, auf dich vertraue ich! (Ps 24/25,1f)] Abiciamus ergo opera tenebrarum, et induamur arma lucis! [Darum laßt uns ablegen die Werke der Finsternis und anlegen die Waffen des Lichts! (Röm 13,12b)] Christus, Dir mein Leben ohne Vorbehalt. Was Du mit mir machst, Du allein sollst es bestimmen. Fiat [Es geschehe]!
1945
Samstag, 28. April 1945
„Hoff’, o du arme Seele, hoff’ und sei unverzagt!
Gott wird dich aus der Höhle, da dich der Kummer plagt,
mit großen Gnaden rücken. Erwarte nur die Zeit,
so wirst du schon erblicken die Sonn’ der schönsten Freud’!“2
Gott wird helfen! Mhc!
2 Die 6. Strophe des Chorals „Befiehl du deine Wege“ aus dem evangelischen Gesangbuch läßt Karl Leisner vertrauen, daß Gott und die Gottesmutter Maria helfen werden.
Freitag, 1. Juni 1945
Am Fronleichnamstag den Mai mit Dank an die Mta beschlossen. O gesegneter, glücklicher Mai 1945!
Jesus mach mich sanft- und demütig von Herzen! Bilde mein Herz nach Deinem Herzen!
Sonntag, 10. Juni 1945
Fest für Herz und Ohren „Jesus, nimm mich armen Mühseligen, Beladenen!“ Kommet alle zu Mir! [vgl. Mt 11,28]
Samstag, 16. Juni 1945
Gott, führ mich bald wieder mal an den heiligen Altar, daß ich Dir, geliebtester Vater, Deinen herzlieben Sohn darbringen darf. O wie verlangt es mich! Ich will wieder gesund werden für Christus und Sein Reich; und Seine innigstgeliebte Mta wird mir helfen. Pius X. hab’ ich mir als Schutzpatron von einer guten Schwester [erbeten] (Kleiderreliquienbildchen lege ich auf die kranken Teile oder in meine Nähe).
[…]
Nur eins: Du armes Europa, zurück zu Deinem Herrn Jesus Christus! (Dort ist Deine Quelle für das Schönste, was Du trägst.) Zurück zu den frischen Quellen an göttlich wahrer Kraft!! Heiland, laß mich ein wenig Dir dabei Instrumentum sein, o ich flehe Dich an!
Montag, 23. Juli 1945
O Gott, wie danke ich Dir für die Errettung ins Reich der Liebe und Menschenwürde. Ja, es ist in Dachau viel echt und unter Leid Liebe und Würde erwiesen worden, und doch, wie arm waren unsere äußeren Möglichkeiten. – Und wie gräßlich Haß und Stumpfheit, die einen wider Willen umgab. HERR, gib, daß ich immer mehr Dich liebe!
Liebe und Sühne!
Ich danke Dir für alles, verzeih mir meine Schwächen!
Mittwoch, 25. Juli 1945
Ewiger, Heiliger Gott, liebe Mta, liebe Heiligen alle, alle lieben Lebendigen und Toten nah und fern!
Segne auch, Höchster, meine Feinde!